Im Lockdown lassen viele Schulen und Hochschulen ihre Schüler*innen und Student*innen Prüfungen online ablegen. Dabei ergeben sich einige interessante datenschutzrechtliche Fragen. Braucht es beispielsweise eine Fernaufsicht bei schriftlichen Klausuren?
Der strenge Lockdown hat die Hochschulen und Schulen kalt erwischt. Aktuell kann man Prüfungen nur in besonderen Ausnahmefällen vor Ort ablegen. Deshalb prüft man online. Dabei werden personenbezogene Daten erhoben.
Das Datenschutzrecht erlaubt den Hochschulen und Schulen Daten zu verarbeiten, die zur Durchführung von Prüfung und Unterricht erforderlich sind. Die Live-Übertragung des Unterrichts ist also grundsätzlich kein Problem, wenn man die Studierenden und Familien anhält, sich vor der Kamera – wie in Schule oder Hörsaal – dem Anlass entsprechend zu verhalten.
Videoüberwachung von Klausuren ist die Ausnahme und eine Aufzeichnung nicht erforderlich
Eine akute Kernfrage betrifft aber Online-Fernklausuren, also Aufsichtsarbeiten per Videokonferenz. Dürfen Lehrer oder Hochschulpersonal während der Klausur in ihren räumlichen Rückzugsbereichen per Kamera und Mikrofon beaufsichtigen? Das müsste erforderlich sein.
Soll jemand in der Prüfung etwas vorturnen, einen Versuch ausführen, mündlich geprüft oder eine Präsentation halten, braucht man Bild und Ton, um das zu bewerten. Die Prüfung aufzuzeichnen und zu speichern ist keinesfalls erforderlich, weil ein Protokoll des Gesehenen ausreicht.
Pfuschen kann man auch unter dem Tisch
Aber wie ist es bei Klausuren. Braucht man Fernaufsicht? Man kann den datenschutzrechtlich intensiven Eingriff der Fernüberwachung im heimischen Zimmer wohl nicht mit der Täuschungsanfälligkeit von Online-Minihausarbeiten rechtfertigen. Dann dürfte man auch Haus-, Bachelor- und Masterarbeiten nicht mehr durchführen. Hier ist unerlaubte Gruppenarbeit auch nicht auszuschließen.
Bedenkt man, dass Prüflinge zuhause während der Online-Klausur auch bei laufender Kamera unter dem Tisch Prüfungsaufgaben per Messenger austauschen können, dann sieht man, dass die Fernaufsicht faktisch gar nichts bringt.
Open-Book-Ausarbeitungen: Vieles ist zulässig, aber keine Zusammenarbeit
Alternativ sind Open-Book-Ausarbeitungen möglich. Sie kommen anders als Fernklausuren, sprich Fernaufsichtsarbeiten ohne Aufsicht aus. Sie ersetzen Klausuren und sind auch so ausgestaltet. Prüfungsrechtlich sind es aber zeitlich begrenzte Minihausarbeiten. Bis auf Zusammenarbeit sind viele Hilfsmittel zugelassen und die verwendete Quelle zu benennen. Bei Täuschungsversuchen, die man an Wortgleichheit erkennt, drohen Sanktionen.
Kurzum: Da es mit Open-Book-Ausarbeitungen eine datenschonendere Prüfungsmöglichkeit ohne Videoüberwachung gibt, die im Ergebnis nicht täuschungsanfälliger ist als Fernaufsichtsklausuren, sind Open-Book-Ausarbeitungen das Mittel der Wahl, bis der Spuk vorbei ist und man wieder Klausuren in Präsenz schreiben kann. Da kann und man bei der Aufsicht auch sehen, ob jemand unter dem Tisch pfuscht.
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