Für 2025 hat die beliebte Yamaha Ténéré 700 eine gründliche Modellpflege bekommen. Dem Credo des puristischen Offroad-Multitools bleiben die Japaner dabei treu. Wir sind mit der Standard- und der Rally-Version bereits im Gelände unterwegs gewesen.

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Keine Frage, die Yamaha Ténéré 700 ist längst Kult. Über 70.000 verkaufte Exemplare seit der Einführung im Jahr 2019 zeugen vom Erfolg des aufs Wesentliche reduzierten Enduro-Konzepts: ein ehrlicher Kumpel fürs Grobe, ohne Schnickschnack – robust, preiswert und zugänglich. Für 2025 hat Yamaha dem Bestseller eine gründliche Überarbeitung spendiert, mit modernerer Technik, optimierter Ergonomie und geschärftem Design: Sie soll die Ténéré fit machen für ein breiteres Publikum, dabei aber ihr Rallye-Erbe nicht verraten und ihrem unkomplizierten Wesen treu bleiben.

2 neue Modelle der Yamaha Ténéré 700

Zunächst strafft Yamaha für 2025 das Ténéré-Lineup: Aus vormals 3 Modellen – bestehend aus den Varianten Standard, der potenteren Extreme und der tiefergelegten Explore – werden jetzt nur noch 2. Ab sofort ist die Ténéré 700 als Standard und Rally bestellbar. Letztere versteht sich als direkter Nachfolger der Extreme, mit bekanntem Premium-KYB-Fahrwerk, 20 Millimeter mehr Federweg, dicker gepolsterter Sitzbank und weiteren Offroad-Upgrades. Als Ersatz für die Explore lässt sich nun die Standard-Ténéré mit Tieferlegung ordern. Außerdem sind beide Varianten optional mit 48 PS/35 kW-Drosselung für den A2-Führerschein erhältlich.

Standard und Rally für 2025

Während die Yamaha Ténéré 700 Rally auf das bekannte Fahrwerk der Extreme setzt, erfährt das Standard-Modell 2025 hier die vielleicht wichtigste Aufwertung. Gabel und Federbein kommen auch als Standard von KYB, sind nun aber – anders als bisher beim Basismodell – komplett einstellbar: Zug- und Druckstufe sowie Federvorspannung dürfen an Gabel und Federbein auf den persönlichen Gusto abgestimmt werden. Yamaha verspricht zudem, die Innereien und die Abstimmung der Gabel für eine bessere Dämpfung und erhöhten Durchschlagschutz optimiert zu haben. Am Heck soll die Kombination aus überarbeitetem Dämpfer mit 7 Millimeter mehr Hub (bei gleichem Federweg) und neu gestalteter Umlenkung für mehr Kontrolle und besseres Feedback sorgen.

Feinschliff an Fahrwerk und Ergonomie

Neben dem Fahrwerk der Yamaha Ténéré 700 stand Feinschliff an der Ergonomie weit oben im Lastenheft. So präsentiert sich die Sitzbank der Standard-Ténéré nun einteilig. Ihr neu geschnittenes Profil soll dem Fahrer erlauben, einfacher weiter nach vorn zu rutschen – wichtig für optimale Kontrolle im Gelände. Unterstützt wird dies durch eine schlankere Taille im Übergang zum ebenfalls neu geformten Tank. In Summe ergeben die Änderungen spürbar mehr Bewegungsfreiheit, im Stehen fällt es leichter, Gewicht auf die Front zu bringen, was die Kontrolle im Gelände vereinfacht.

875 oder 910 Millimeter Sitzhöhe

An der Sitzhöhe der Yamaha Ténéré 700, 875 Millimeter, hat sich nichts geändert. Bei der Rally-Version sorgt eine dicker gepolsterte Bank für mehr Komfort – bei stattlichen 910 Millimeter Sitzhöhe. Gerade großgewachsene Fahrer fühlen sich daher auf der Rally besonders wohl. Fazit nach einem Tag auf beiden Polstern: Die Rally-Sitzbank schont die Rückseite spürbar – und passt auch aufs Standard-Modell. Wir empfehlen langbeinigen Interessenten der Basis-Ténéré die Bestellung über das Original-Zubehör.

Video: Im Video: Yamaha Ténéré 700 (2025)

Fußrasten mit oder ohne Gummi

Im Rallye-Dakar-Stil waren wir mit der neuen Yamaha Ténéré 700 deutlich mehr stehend als sitzend unterwegs. Gut, dass hierbei überarbeitete Fußrasten mit um 36 Prozent vergrößerter Aufstandsfläche für satten Halt sorgen. Herausnehmbare Gummi-Einsätze sollen beim Standard-Modell gegen Vibrationen helfen, gebraucht hätten wir sie nach dem ersten Eindruck nicht unbedingt. Die Titan-Rasten der Rally kommen ohne Entkopplung, sind bei gleicher Grundfläche und Form aber schärfer gezackt. Störende Vibrationen fielen uns jedenfalls nicht auf. Yamaha lässt Komfort-süchtigen Fahrern gegen Aufpreis die Wahl: Die im Zubehör bestellbaren Gummis passen auch bei der Rally. Ein letzter Teil im Ergonomie-Puzzle: Die neu designte Kupplungsabdeckung soll am rechten Stiefel für mehr Freiraum und Bewegungsfreiheit sorgen.

Nach wie vor ohne Lenkungsdämpfer

In der Praxis zeigen die Überarbeitungen an Fahrwerk und Ergonomie der Yamaha Ténéré 700 positive Wirkung: Die Tendenz zur Kopflastigkeit des Vorgängermodells scheint bei der Standard- wie der Rally-Variante ausgetrieben, im Gelände ist sofort mehr Souveränität und Vertrauen da. Auf Asphalt wedelt die Ténéré 700 ausgesprochen handlich durch enge Kehren und lässt sich bei niedrigerem Tempo präzise dirigieren – perfekt für verwinkelte Bergstraßen oder knifflige Offroad-Passagen. Die ausgeprägte Agilität fordert bei hohem Tempo auf schnellen, sandigen oder holprigen Pisten allerdings ihren Tribut: Hier wünscht man sich mitunter etwas mehr stoische Ruhe und eine sattere Führung vom Vorderrad. Ein Lenkungsdämpfer ist nach wie vor nicht ab Werk montiert.

Video: Retro-Kit für Yamaha Ténéré 700 von Holy Moly

Standard-Modell und Rally-Modell im Vergleich

Deutliche Unterschiede zwischen Yamaha Ténéré 700 und Ténéré 700 Rally offenbart der direkte Vergleich der Fahrwerke: Das nun voll einstellbare Standard-Fahrwerk unterstreicht mit seiner eher komfortablen Grundabstimmung den Allround-Charakter der Basis-Ténéré, es kommt gut mit schlechten Straßen und Schotterpisten zurecht. Geht es jedoch ambitioniert ins Gelände, spielt die Rally klar ihre Überlegenheit aus. Ihr hochwertigeres KYB-Fahrwerk bietet spürbar mehr Reserven gegen Durchschläge, arbeitet spürbar progressiver und vermittelt dadurch deutlich mehr Sicherheit und Potenzial auf wirklich anspruchsvollem Terrain.

CP2-Motor neuerdings mit Ride-by-Wire

Ein weiteres Herzstück der Modellpflege der Yamaha Ténéré 700 für 2025 ist die Einführung des Ride-by-Wire. Statt per Seilzug wird der Vortrieb des bewährten 689-Kubik-Twins, Typ CP2 nun elektronisch gesteuert. Im Zuge der Euro-5+-Anpassungen hat der Ténéré-Motor weitere moderne Features hinzugewonnen: 2 Fahrmodi ("Sport" und "Explore"), eine abschaltbare Traktionskontrolle (nur an/aus) und ein optionaler Quickshifter halten Einzug. Auf den bei reisetauglichen Enduros weitverbreiteten Tempomat müssen Fernreisende allerdings weiterhin verzichten.

Video: Im Video: Yamaha Ténéré 700's First Ever Backflip

Unverändert 73,4 PS Nennleistung

An der Nennleistung der Yamaha Ténéré 700 von 73,4 PS (54 kW) bei 9.000/min sowie am maximalen Drehmoment von 69 Nm bei 6.500/min ändert sich laut Yamaha nichts. Allerdings soll die Ténéré durch eine optimierte Ansaugung und neues Mapping spürbar mehr Drehmoment im unteren Bereich bieten – ein Plus für die Fahrbarkeit in anspruchsvollem Gelände.

Offroad durch Marokko mit der neuen Ténéré

Zwischen den Dünen, Berggipfeln und engen Sträßchen Marokkos ist der Wandel der Yamaha Ténéré 700 durchaus spürbar. Der CP2-Twin agiert gefühlt linearer und kommt untenrum früher auf Trab. Gerade im schwierigen, steilen Gelände ist das ein spürbarer Gewinn, die 2025er-Ténéré lässt sich schaltfauler bewegen. Allerdings bilden wir uns ein, dass die verbesserte Linearität obenrum etwas Spritzigkeit und Drehfreude gekostet hat. Aus der Erinnerung stürmte die Alte dem Begrenzer etwas ungestümer und emotionaler entgegen. Wir sind jedenfalls gespannt auf die Prüfstand-Kurven und erfreuen uns bis dahin an der jetzt endlich ruckfreien, angenehm spontanen Gasannahme. So appliziert wie bei der neuen Ténéré nimmt Ride-by-Wire Verfechtern des "guten alten" Gaszugs jedenfalls gekonnt den Wind aus den Segeln.

Feintuning an Motor und Getriebe spürbar

Im sanften "Explore"-Mapping lassen sich technische Sektionen und Drifts feinfühlig kontrollieren. Der Modus "Sport" agiert spürbar direkter und wird von Yamaha explizit für die Straße als Fahrmodus der Wahl bezeichnet. Bei sportlicher Fahrweise gefällt er uns aber auch im Gelände sehr gut. Genau wie das 6-Gang-Getriebe, dem die Ingenieure ebenfalls Feinschliff spendierten: Mehr Schaltklauen in den Gängen 1 bis 3 und optimierte Eingriffswinkel darüber sorgen für präzisere und weichere Gangwechsel. Kurze Hebelwege und eine toll dosierbare, Ein-Finger-taugliche Kupplung tun ihr Übriges zum Schaltvergnügen. Nur den Quickshifter dürfen wir heute noch nicht ausprobieren – schade.

Neue LED-Front und neuer Tank

Beim Neu-Design der Ténéré 700 ist Yamaha der bekannten Silhouette weitgehend treu geblieben. Neben der behutsam optimierten Formgebung an Verkleidungsteilen und Tank ziert die Front ein neues LED-"Gesicht": Es bleibt bei 4 nun eckiger geformten Leuchten, die durch eine markante Y-Struktur verbunden sind. Laut Yamaha verbessert das auch die Ausleuchtung, ohne direkten Vergleich und echte Nachtfahrt muss ein Urteil dazu warten. Spürbare Vorteile bringt der Tank: Er rückt insgesamt etwas weiter nach vorn, baut oben flacher und besitzt nun eine integrierte Klappe – mit Herunterfallen oder Ablegen des zuvor separaten Tankdeckels ist glücklicherweise Schluss.

Modernes Display und Connectivity

Komplett erneuert präsentiert sich das Cockpit- und Bedienkonzept der Yamaha Ténéré 700. Das leicht angestaubte LC-Display weicht einem modernen, auch unter direkter Sonneneinstrahlung gut ablesbaren 6,3-Zoll-TFT-Farbdisplay. Es bietet 2 Anzeigestile (3 bei der Rally-Version), Smartphone-Connectivity via MyRide-App und wird über einen neuen 5-Wege-Joystick am linken Lenkerende intuitiv bedient. Rechts sitzt die Mode-Taste zum Wechsel der Fahrprogramme und der Traktionskontrolle, auch die Konfiguration des ABS-Modus wird über die neuen Schaltereinheiten gesteuert.

Nicht zu viel des Guten

Ein neuer, etwas gewöhnungsbedürftiger Blinkerschalter mit Auto-Abschaltung und ein mittlerweile fast obligatorischer, wasserdichter USB-C-Ladeport runden die Modernisierung ab. Griffheizung? Gibt's im Original-Zubehör. Yamahas Mission, die Bedienung der Ténéré trotz technischen Fortschritts nicht unnötig kompliziert und komplex zu machen, bewerten wir als geglückt. Die Updates bringen viel und überfordern nach kürzester Eingewöhnung niemanden.

Yamaha Ténéré 700 & Rally – Preise 2025

Gute Nachrichten für Ungeduldige: Die Produktion der 2025er-Ténéré läuft bereits auf Hochtouren, erste Motorräder sollen schon Mitte April 2025 bei den Händlern stehen. Preislich ruft Yamaha für die Ténéré 700 Rally 12.824 Euro inklusive Liefernebenkosten auf. Das Standard-Modell ist exakt 1.200 Euro günstiger (11.624 Euro).

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Fazit

Klartext nach ersten offroad-lastigen Testkilometern: Die neue Yamaha Ténéré 700 bleibt auch 2025 im Kern ganz die Alte – ist aber dank gezielter Updates fit für die Gegenwart. Das spürbar ausbalancierte Fahrverhalten und die verbesserte Ergonomie zahlen direkt auf das Fahrspaß-Konto ein. Die längst fällige Modernisierung mit Ride-by-Wire, Fahrmodi und schickem TFT-Display macht die Ténéré zugänglicher und einfacher fahrbar, ohne mit übertriebener Komplexität zu nerven oder Puristen ernsthaft zu verschrecken. Ein paar Kilo Mehrgewicht? Geschenkt, weil im Sattel nicht spürbar. Zugegeben, der CP2-Twin wirkt nun etwas geschliffener, hat einen Hauch seiner früheren Rotzigkeit eingebüßt. Dieser minimale Verlust an "Hardcore"-Feeling dürfte aber verschmerzbar sein, denn unterm Strich steht eine vielseitige und noch immer ungemein fähige Abenteuer-Enduro, die jetzt ein noch breiteres Publikum begeistern kann. Update geglückt!  © Motorrad-Online