Sie möchten beim Autokauf den besten Deal nicht verpassen? Dann gehört manchmal etwas Verhandlungsgeschick dazu. Wir zeigen, wie's geht. Und wann Schluss ist.
Von der dreisten Frage nach dem "letzten Preis" bis hin zum Satz Fußmatten und dem Lackstift, den der Händler spendiert: Der Spielraum und die Vielfalt bei der Autopreisverhandlung sind immens. Dabei gibt es jedoch nicht nur einige "Regeln" zu beachten, sondern auch, wie groß der mögliche Verhandlungsspielraum überhaupt ist. Gerade letzteres bringt Ihnen den Vorteil, am Ende nicht unnötig viel zu zahlen, und gibt Anhaltspunkte, ab wann Sie auf Granit beißen werden.
Video: So sinken die E-Auto-Preise
Am Telefon wird nicht verhandelt
Verschwenden Sie nicht Ihre Zeit und auch nicht die des Verkäufers. Sie interessieren sich für ein Inserat, in dem eine Preisangabe steht. Also sollten Sie willens sein, diesen Preis zu zahlen, sofern Sie keinerlei Mängel oder Negativpunkte finden. Gibt ein (meist privater) Verkäufer den Zusatz "VB" an, betrachtet er diesen Preis als Verhandlungsbasis. Das heißt aber nicht, das er Ihnen schon am Telefon verraten wird, wie groß er seinen Spielraum ansetzt. Diese Regel wird in der Gebrauchtwagenwelt als ungeschriebenes Gesetz angesehen. Vor Ort werden Sie beim Check genügend Möglichkeiten finden, den Hebel anzusetzen.
Welcher Preis ist überhaupt fair?
Nein, es gibt kein gut gehütetes Standardwerk über die realistischen Verkaufspreise von unzähligen verschiedenen Gebrauchtwagen. Datenschätze wie die Schwacke-Liste oder der DAT-Report konzentrieren sich eher auf den Händlereinkaufswert, bzw. lassen mögliche Mängel oder Ausstattungsfaktoren außer Acht.
Für den Endverbraucher ist es am schlauesten, die Gebrauchtportale bundesweit nach Referenzautos abzusuchen. Neben "Ihrer" Suchmaske zum Gebrauchtkauf können Sie problemlos eine weitere Suche starten. Dabei schränken Sie sich relativ genau auf Baujahr, Laufleistung und Ausstattung ihres Favoriten ein, und suchen dann vergleichbare Kandidaten in ganz Deutschland (der Standort spielt ja keine Rolle). Wo liegt Ihr Wunschauto preislich? Excel-Fetischisten können sich ein Tool bauen, welches Laufleistung und Kaufpreis auf einem Graphen platziert, sodass ein Trend erkennbar ist. Liegt ihr Auto in der Nähe vom Durchschnitt? Dann ist der Preis legitim. Ab zur Besichtigung! Außerdem bieten die Gebrauchtportale meist einen kleinen Preisindex mit Ampelfarben, der für eine ganz grobe Einordnung nützlich ist.
Jeder Verhandlungspunkt braucht eine Grundlage
Nun können Sie systematisch vorgehen. Das Auto der Begierde soll z.B. 20.000 Euro kosten. Zu Ausstattung, Laufleistung und Zustand würde dieser Preis theoretisch gut passen. Aber der Check ergibt: eine Schramme am Stoßfänger, die auf den Fotos nicht zu sehen war, stört das Gesamtbild. Die Bremse vorn ist in Ordnung, allerdings werden bald neue Beläge fällig. Die Angabe "Scheckheftgepflegt" stimmt zwar, allerdings ist die letzte Inspektion überfällig. Zu allem Überfluss wird nächsten Monat eine neue HU fällig. Nehmen Sie sich Zeit zum Prüfen, reden Sie nicht allzu viel und lassen Sie sich keine Unsicherheiten anmerken.
Nun ist es Zeit fürs Kopfrechnen: 300 Euro für etwas Lackkorrektur, noch mal 250 Euro für die Bremsbeläge, runde 500 Euro dürften Service und HU verschlingen. Macht 950 Euro. Hier noch etwas aufzurunden, ist kein Problem. So haben Sie Argumente zur Preisverhandlung, die im Prinzip unanfechtbar sind.
Hart bleiben? Pokern? Nachgeben?
Auch wenn es mancher vielleicht meint: Der gesittete Gebrauchtwagenkauf muss nicht ablaufen wie auf dem Basar. Haltlose Preisvorstellungen Ihrerseits sind ebenso wenig zielführend wie Mondpreise, die der Verkäufer fordert. Wichtiger ist, ob das Wunschauto ein eher seltenes Prachtexemplar ist, oder ob vergleichbare Modelle an jeder Ecke stehen. Letzteres begünstigt natürlich die Preisverhandlung. Gehen Sie nach dem Credo "Ein bisserl was geht immer!" vor und fragen Sie den Verkäufer nach einem Rabatt, schließlich haben Sie ja nun doch einige Dinge gefunden, die im Inserat so nicht sichtbar waren. Der Profi scheut sich davor, den ersten Rabatt zu nennen. Also werden Sie mit allergrößter Wahrscheinlichkeit eine der folgenden zwei Antworten hören:
"Ja also ich will nicht kleinlich sein, 100 Euro würde ich schon noch runtergehen, aber mehr ist nicht drin."
oder:
"Sagen Sie doch mal, was Sie sich vorstellen".
Nun ist es Zeit, die Mängel in kostenmäßig aufsteigender Reihenfolge aufzuzählen. Wenn Sie beim kalkulierten Preisnachlass von etwa 1.000 Euro landen möchten, setzen Sie erst mal noch deutlich tiefer an. Wenn Sie dann nach etwas hin und her in der Nähe Ihres Wunschpreises landen, können Sie guten Gewissens zuschlagen. Bleibt der Verkäufer aber hart, sollten Sie das auch tun. Wenn es genügend vergleichbare Autos gibt, kündigen Sie an, anderswo zuzugreifen. Bis Sie wirklich unverrichteter Dinge abziehen (oder vielleicht tags drauf wiederkommen?), können Sie noch überlegen, was Ihnen der Wagen wert ist. Ein altes Sprichwort sagt, "der Preis ist erst gut, wenn er beiden wehtut".
Wie viel ist überhaupt möglich?
Eine erfolgreiche Verhandlung ist schön und gut, doch welche Arten von Rabatten sind überhaupt möglich? Das kann sich von Fall zu Fall stark unterscheiden. Beim Direktkauf auf Internetportalen wie "Autohero" oder "Heycar" entfällt die Preisverhandlung weitestgehend. Ein Privatverkäufer lässt (speziell, wenn das Inserat schon lang online ist) meist eher mit sich reden. Beim Händler gibt es größere Unterschiede.
Freie Gebrauchtwagenhändler haben z.B. im Einkauf recht profitable Voraussetzungen. Meist kaufen Sie Autos von großen Markenniederlassungen über Auktionen auf, die nicht mehr in deren Jahreswagenangebot passen. Nicht selten greifen die Aufkäufer paketweise zu, sodass Einkaufspreise entstehen, die oft deutlich unter dem Marktwert für Endkunden liegen. Das heißt wiederum nicht, dass Sie als Käufer diese Differenz voll ausnutzen können. Der Händler muss schließlich neben seinem eigenen Lebensunterhalt auch seine Firma am Laufen halten und vor allem mögliche Gewährleistungsansprüche abdecken. Zudem ist das Angebot von Gebrauchtwagenhändlern nicht selten zwischenfinanziert. Die dabei entstehenden Zinsen unterliegen ständigen Schwankungen – auch das hat deutliche Auswirkung auf die Bepreisung. Was am Ende zählt, ist der übliche Marktwert, den Sie ja wie oben erklärt bereits kennen sollten. Kommen Sie nicht in die Nähe, dann greifen Sie nicht zu.
Wer ganz nobel beim Markenhändler kaufen möchte, muss sich nicht zieren, auf gleiche Weise zu handeln. Dass die Ursprungspreise hier meist etwas höher angesetzt sind, liegt nicht am glänzenden Fliesenboden und am Gratiskaffee im Wartebereich. Sondern zum Teil daran, dass der Markenhändler die Autos etwas teurer aufkauft, nämlich meist dann, wenn der Erstbesitzer sich wieder für einen Neuwagen im Autohaus entscheidet. So kann der Einkaufspreis schon mal über dem eigentlichen Marktwert liegen. Das zwingt Sie jedoch nicht, den umgeschichteten Neuwagenrabatt des anderen zu berappen. Bieten Sie den üblichen Marktwert abzüglich eventueller Mängel, und bleiben Sie standhaft. Ein Aufkäufer würde sicher weniger bieten, auch wenn er umgekehrt keine Gewährleistungsansprüche geltend macht. Und: ist beim Preis das Ende erreicht, können Markenhändler Ihnen vielleicht noch andere Vorteile bieten.
Garantie, Inspektion, Winterreifen – was gibt's als Zugaben?
Autofahren kostet Geld. Ein vermeintliches Schnäppchen ist gleich umso weniger günstig, wenn ein paar Monate nach dem Kauf eine große Inspektion fällig wird oder Winterräder besorgt werden müssen. Darum sollten Sie clever vorgehen. Erspähen Sie beim Privatverkäufer einen Satz Winterräder, der eigentlich nicht zum Angebot gehört? Wenn die Preisverhandlungen am Ende zum Erliegen kommen, legt er sie vielleicht noch drauf. Für Sie bedeutet dies eine Ersparnis von einigen hundert Euro.
Beim Markenhändler kann Sie eine Inspektion auch mal vierstellige Summen kosten. Scheitert es also am Preis, können Sie getrost noch um einen frischen Service bitten. Falls nötig vor dem Kauf, oder vertraglich festgehalten zum nächsten kommenden Zeitpunkt. Sie sparen einen üppigen Bruttopreis, für den das Autohaus nur netto aufkommen muss – eine Win-win-Situation. Wer also rund 1.500 Euro mehr für ein gleichwertiges Auto mit Winterrädern und frischer Inspektion ausgibt, handelt clever.
Aufmerksamkeit ist beim Thema Garantie geboten. Ein gewerblicher Verkäufer ist verpflichtet, zwei Jahre Gewährleistung zu geben. Das bedeutet, er gewährleistet, Ihnen ein Auto zu verkaufen, welches zum Kaufzeitpunkt keine technischen Mängel aufweist, selbst wenn diese erst nach dem Kauf sichtbar werden. Auftretende Defekte müssen dann nachgebessert werden. Im Streitfall müsste Ihnen der Händler im ersten Jahr beweisen, dass das Auto mängelfrei war und Sie selbst für den Schaden verantwortlich sind. Im zweiten Jahr müssen Sie als Kunde nachweisen, dass der Mangel sich bereits zum Kaufzeitpunkt eingeschlichen haben muss (z.B. ein defekter Rußpartikelfilter, der Anfangs noch funktionierte). Daran führt juristisch kein Weg vorbei, selbst wenn ein Händler die längst abgedroschene Formel "Im Kundenauftrag" ins Inserat schreibt.
Eine Garantie hingegen findet immer zusätzlich und auf freiwilliger Basis statt. Sie soll dem Käufer ein gutes Gefühl geben, dass (im Rahmen des Kleingedruckten) potenzielle Mängel zweifelsfrei behoben werden. Anders als bei der Gewährleistung ermöglicht sie außerdem die Kostenübernahme einer Reparatur unabhängig vom Standort. Der Händler aus Hamburg muss den Gebrauchtwagen aus München nicht zur Reparatur heranschaffen, weil einfach vor Ort repariert wird, und die Garantie wie eine Art Versicherung die Kosten übernimmt.
Leider gibt es bei den Garantien große Unterschiede. Bei großen Markenhändlern stellen Sie in aller Regel ein seriöses Sicherheitsnetz dar. Manch weniger aufrichtiger Händler bietet jedoch Garantien an, die nur für blaue Autos an Tagen mit F und ausschließlich bei Sonnenschein eingreifen, jedoch nicht an Motor-, Getriebe- oder Fahrwerksteilen. Fragen Sie also nach dem Garantiedienstleister und schauen Sie übers Smartphone kurz nach, ob es sich um eine seriöse Garantiefirma handelt.
Als letzte Zugabe noch ein Satz zum Thema Hauptuntersuchung: Liegt die letzte HU mehr als sechs Monate zurück, gehört es zum guten Ton, dass beim Kauf eine frische Plakette ans Auto kommt. Die rund 100 Euro Kosten dafür stellen keinen allzu erheblichen Rabatt für Sie dar. © auto motor und sport
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