Von raffiniert bis unverschämt offensichtlich: Viele Menschen schummeln bei der Führerscheinprüfung. Wie dreist die Prüflinge dabei oft vorgehen - und wieso sie dafür oft nicht einmal belangt werden.
Der Prüfling erscheint "verkabelt" zur theoretischen Führerscheinprüfung. In seinem Ohr hat er einen Mini-Kopfhörer, im Knopfloch an Hemd oder Bluse ist eine kleine Kamera versteckt. Über WLAN oder eine andere Funkverbindung verbindet er sich mit jemandem, der vor der Tür etwa im Auto sitzt: Dieser liest die Prüfungsfragen über die Kamera mit und flüstert dem Prüfling die richtigen Antworten ein.
Solche Betrügereien gebe es bei Führerscheinprüfungen immer wieder, sagt der Leiter der Technischen Prüfstelle Rheinland-Pfalz, Jörg Wehrfritz. Die Betrüger würden immer findiger. Statt Knopf im Ohr werde manchmal auch ein Vibrationspolster am Bein angebracht. Wenn der Prüfling mit dem Cursor über die richtige Antwort fahre, vibriere es am Bein und er wisse: "Okay, da muss ich jetzt anklicken", sagt er.
"Das ist nur die Spitze des Eisbergs."
Betrugsmaschen bei Theorie-Prüfungen nehmen laut TÜV-Verband deutlich zu. Im vergangenen Jahr seien bei 106.000 theoretischen Prüfungen fast 4.200 unerlaubte Tricks registriert worden – zwölf Prozent mehr als im Vorjahr. Die Zahlen klingen nach gar nicht so viel. Aber: "Uns ist bewusst: Das ist nur die Spitze des Eisbergs", sagt Jörg Wehrfritz. Es gebe eine hohe Dunkelziffer - weil die allermeisten Fälle gar nicht auffielen.
Doppelgänger als Prüflinge
Zudem gibt es Betrugsfälle, bei denen "Stellvertreter" für den Prüfling zum Test erschienen. Sie hätten entweder den Ausweis des Prüflings oder einen gefälschten Ausweis dabei, sagt Wehrfritz. Diese "Stellvertreter"-Fälle fielen oft nur durch Zufall auf, weil die Stellvertreter so gewählt würden, dass sie dem Prüfling ähnlich sehen.
"Dahinter steckt auch Organisierte Kriminalität", sagt der Experte. Es gebe Fälle, in denen manche "Stellvertreter" an verschiedenen Orten aufgetaucht seien. "Es scheint so was wie Kataloge zu geben, wo man sich denjenigen aussuchen kann." Prüflinge, die Betrüger in Anspruch nehmen, müssen demnach für Technik oder Doppelgänger bis zu 2.000 Euro zahlen.
Bei den "Stellvertreter"-Fällen handele es sich um die Straftat des Passmissbrauchs. "Da sind unsere Leute angewiesen, Anzeige zu erstatten", sagt Wehrfritz. Es sei wichtig, dass die rechtlichen und gesetzlichen Möglichkeiten ausgeschöpft würden, um den Betrügern klarzumachen: "Du hast eine Straftat begangen", sagt der TÜV-Rheinland-Experte.
Technik-Betrug ist nicht mal Ordnungswidrigkeit
Anders sieht es bei Betrügereien mit technischen Hilfsmitteln aus. Das sei rechtlich gesehen kein Betrug - und auch keine Ordnungswidrigkeit. Es gebe nur die Möglichkeit für Fahrererlaubnisbehörden, eine Sperrfrist von bis zu neun Monaten bis zur Prüfungswiederholung zu verhängen. Das geschieht aber nur in Ausnahmefällen.
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Störsender seien nicht zulässig. Sicherheitsschleusen oder metallische Folien an den Fenstern, die eine Funkübertragung verhinderten, seien zu aufwendig. "Ja, wir haben schon über alles Mögliche nachgedacht", sagt er.
"Das Problem dabei ist, dass das Ganze nicht zentral hinterlegt wird", sagt Wehrfritz. "Wenn da jemand pfiffig ist, dann meldet er sich im nächsten Kreis an. Das ist dann eine andere Behörde."
Den TÜV-Mitarbeitern sind bei den Technik-Mogeleien Grenzen gesetzt. Man achte aber auf technische Geräte am Körper und setze zur Erkennung von aktiven Funk- und Internetverbindungen im Prüfungsraum Detektoren ein. "Wir dürfen aber keine Leibesvisitation machen", sagt er. Vor der Prüfung sage man x-mal "Handys aus oder Flugmodus ein", aber dann klingelten doch welche während der Prüfung. (dpa/bearbeitet von tar)