Brandunfälle einer bestimmten MAN-Baureihe häufen sich. Zuletzt ging ein MAN-Lkw im Hamburger Elbtunnel in Flammen auf. Es gibt eine mögliche technische Ursache.
Großalarm für die Hamburger Feuerwehr. Am Donnerstag, 4. Juli 2024, wurden die Rettungskräfte alarmiert – Brand im Hamburger Elbtunnel. Eine Sattelzugmaschine hatte Feuer gefangen, dichte Rauchwolken quollen aus der Tunnelröhre 4. Mit massivem Einsatz konnte die Feuerwehr ein Übergreifen der Flammen auf die Ladung – ein mit Kunststoffen beladener 40-Fuß-Container – verhindern, die Zugmaschine selbst brannte vollständig aus. Der Fahrer konnte sich zuvor selbst retten und blieb unverletzt.
Video: Lastwagen-Brand im Hamburger Elbtunnel
Was zunächst nach einem einzelnen Brandunfall aussieht, könnte jedoch Teil einer ganzen Reihe von ähnlichen Fällen sein. Betroffen davon: Die schweren Baureihen TGS und TGX des Nutzfahrzeugherstellers MAN. Der Fachjournalist Jan Bergrath von unserem Partner-Medium Fernfahrer geht diesem Thema bereits längere Zeit nach, hat dazu zahlreiche Beiträge veröffentlicht.
Facebook-Gruppe dokumentiert Unfälle
Bergrath stützt sich auch auf die Recherche der von Lkw-Fahrern gegründeten Facebookgruppe "Lkw-Unfälle und Kontrollen", in der Pressemeldungen von Lkw-Unfällen dokumentiert werden. Hier stellte sich bereits vor mehreren Monaten heraus, dass es zu einer unerklärlichen Häufung von Brand-Unfällen mit MAN Lkw gab. Ende Juni 2024 schließlich ein Aufruf des Herstellers MAN, betroffene Kunden sollten ihr Fahrzeuge in einer MAN Fachwerkstatt überprüfen lassen.
Betroffen von der Maßnahme sind Lkw und Busse mit Euro-6c-Motoren der Typen D2676LF51-53 oder D2676LOH35-37, ein Reihensechszylinder mit 12,4 Liter Hubraum. MAN schreibt dazu:
"Bei den genannten Fahrzeugtypen der Baujahre 11/2016 bis 08/2019, die aufgrund neuer regulatorischer Vorgaben mit bleifreien Lagern ausgerüstet wurden, kann es in sehr seltenen Fällen zu Motorschäden und, unter ungünstigen Umständen, zu nachfolgenden -bränden kommen. Schadensfälle können insbesondere dort auftreten, wo es zu einer übermäßigen Alterung und Verschmutzung des Motoröls und dadurch zu geschädigten Ölfilterbauteilen kommt – etwa durch Nicht-Einhaltung von Wartungsintervallen bzw. nicht fachgerecht ausgeführten Wartungsarbeiten."
Mangelnde Wartung führt zu Motorschäden
Die technische Erklärung dazu: In den genannten Motortypen hatte MAN erstmals bleifreie Lagerschalen für den Kurbeltrieb verwendet, die offenbar empfindlich auf stark verschmutztes Motoröl reagieren. Werden die vorgegebenen Ölwechselintervalle nicht eingehalten oder beispielsweise nicht geeignete Ölfilter bei der Wartung eingesetzt, können diese Lagerschalen stark verschleißen. In der Folge kann es zu einem Bruch einer Pleuelstange kommen. Ein kapitaler Motorschaden ist das Ergebnis, verbunden mit der unmittelbaren Gefahr, dass zerstörte Motorteile die Ölwanne durchbrechen.
Solch ein unvermittelt auftretender Schaden birgt die entsprechende Gefahr, dass sich das schlagartig austretende Motoröl an der heißen Abgasanlage entzündet und den Brand auslöst. In der genannten Facebook-Gruppe wurden alleine von Januar bis Ende Juni 2024 europaweit insgesamt 46 Brandfälle der betroffenen MAN-Baureihen dokumentiert, die "Dunkelziffer" dürfte entsprechend höher sein.
Rund 120.000 Lkw betroffen
MAN selbst spricht von rund 120.000 Lkw und rund 5.000 Bussen, die mit den betroffenen Motoren in Europa unterwegs sind. "In der Grundgesamtheit kam es seit Markteinführung der genannten Motoren nach Erkenntnis von MAN zu 170 Brandfällen, die – neben anderen möglichen Ursachen – auf das genannte Motorschadensmuster zurückzuführen sein könnten", schreibt der Lkw-Hersteller. © auto motor und sport
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