Porsche entwickelt zusammen mit der rumänischen Technischen Hochschule von Cluj-Napoca einen neuartigen Verbrenner. Der Hubkolbenmotor arbeitet mit 2 x 3 Takten. Ob das Drehzahl kann?
Endlich mal eine einfache Lösung – Nicht! Porsche ließ sich zusammen mit der technischen Universität Cluj-Napoca die Erfindung einer neuen Verbrennermethode patentieren. Der Hubkolbenmotor arbeitet mit zweimal 3 Takten, ist also ein 6-Takt-Motor. Und der funktioniert so, siehe Video:
Porsches neuer 6-Takt-Motor
Richtig gelesen: 6 Takte und nicht 6 Zylinder. Eigentlich verdoppeln Porsche und die Uniforscher das bekannte dennoch exotisch Prinzip des 3-Takters per kompliziertem Kurbeltrieb und konstruieren einen Motor, der in 3 Umdrehungen der Kurbelwelle zweimal zündet. Zum Vergleich: Der 4-Takter benötigt 4 Umdrehungen für diese Anzahl Zündungen und der 2-Takter 2 Umdrehungen für die gleiche Arbeit. Und warum nennt Porsche dann zweimal 3 Takte? Das liegt an der Definition der Takte selbst, denn die werden so lang gezählt, bis sich der Eingangszustand wiederholt.
Zweimal 3 macht 6
Zum 6-Takter wird dieser Motor, da Porsche 2 komplette Zyklen mit 3 Takten mechanisch aneinander koppelt, und zwar durch das Verdrehen der Kurbelwelle über eine Art Planetengetriebe. Es ändert so gesehen die relative Länge des Pleuels und erzeugt 2 obere und 2 untere Totpunkte (OT',OT",UT',UT"),, also die Umkehrpunkte des Kolbens. Porsche tauft die 6 Takte so: Ansaugen (180 Grad), Komprimieren (360 Grad), Leistung (540 Grad), Komprimieren (720 Grad), Leistung (900 Grad) und Ausstoßen (1.080 Grad). Aus Sicht des 4-Takters ergänzt der 6-Takter die Takte "Komprimieren" bei 720 Grad und "Leistung" bei 900 Grad. Und hier kommt der zweite untere Totpunkt (UT") ins Spiel.
Video: Kurz erklärt - BMW Patent zur Vorkammerzündung
Spülkanäle unten, Ventile oben
Die berechtigte Frage lautet: Wie schafft es dieser Motor, direkt nach dem ersten Arbeitstakt bei 540 Grad Kurbelwelle frische Luft in den Zylinder zu bekommen, die der Kolben auf dem Weg nach oben komprimiert? Hier wird es zweitaktig. Denn während des ersten Arbeitstakts dreht ein Schneckengetriebe das Planetengetriebe der Kurbelwelle und erlaubt dem Kolben den ersten unteren Totpunkt zu passieren und Spülkänale freizulegen.
Das sich weiterhin expandierende Gas entweicht am zweiten unteren Totpunkt und zieht über weitere Kanäle frische Luft in den Zylinder. Je nach Auslegen des Motors kommt beim Spülvorgang das Auslassventil zum Einsatz, was bei niedrigen Verbrennungsdrücken kurz geöffnet zusätzliches Abgas aus dem Zylinder fördern könnte. Anschließend kann der Kolben die frische Luft direkt wieder komprimieren. Entweder über eine Saugrohreinspritzung und ein geöffnetes Einlassventil oder eine Direkteinspritzung kommt frischer Kraftstoff hinzu und es kann direkt wieder gezündet werden. Wir zählen kurz nach: Wir stehen zwischen 720 und 900 Grad Kurbelwelle auf dem Weg zum ersten unteren Totpunkt ohne Spülkanäle, zählen 2 bis 2,5 volle Umdrehungen der Kurbelwelle und 2 Zündungen. Bis hierhin gleicht das Prinzip dem des Zweitakters.
360 Grad Pause und offene Ventile
Ab hier wird es dreitaktig. Denn es erfolgt über 360 Grad der Kurbelwelle keine Zündung, sondern der Brennraum wird vollständig von Ab- und Frischgas geleert. Und zwar mit einem Ausstoß-Hub des Kolbens vom UT' zu OT", den der Kolben durch das erneute Verdrehen der Kurbelwelle erreicht – analog zum 4. Takt des Viertakters. Der OT" liegt laut den Zeichnungen 2 Zentimeter unter dem ersten oberen Totpunkt (OT'), der die Verdichtung erzeugt und erlaubt theoretisch einen enormen Hub des Auslassventils mit einer hohen Beschleunigung, was den Gasaustausch beschleunigt. Und exakt zu diesem Zeitpunkt – 1.080 Grad nach dem ersten Ansaugen – sind die 6 Takte abgeschlossen, die Kurbelwelle wieder in der Ausgangslage und das schnell und weit geöffnete Einlassventil erlaubt einen hohen Füllgrad mit Frischgas.
Video: Der Avadi Motor im Video
Läuft dieser Motor überhaupt?
Bleibt die Frage: Läuft das überhaupt? Theoretisch ja. Aber wenn es gut und einfach liefe, hätte es schon jeder gebaut. Die Frage ist, ob durch die unterschiedlichen "Steuerzeiten" zum Gasaustausch der erste Arbeitstakt mehr Drehmoment erzeugt als der zweite, da seine Füllung über das Einlassventil "sicherer" ist, als die Füllung über die Spülkanäle am UT". Denn dort entstehen zwangsläufig die Spülverluste, die dem Zweitakter immer Probleme mit der Abgasqualität einbrachten.
Alternativ könnte am UT" zusätzlich das Einlassventil möglicherweise mit Überdruck durch Turbo oder Kompressor Luft oder Gemisch einblasen. Und eine konstruktive Besonderheit weist der Motor auf, die es so bisher nicht gab: Jeder Zylinder benötigt 2 Einlass- und 2 Auslasssysteme. Es handelt sich also um eine aufwendige Führung der Frischluft mit Ansaugbrücken am Zylinderkopf und dem Zylinderfuß, ebenso mit Krümmern am oberen und unteren Auslass.
Abgasqualität kann schwanken
Eine Herausforderung dieser Abgasführung und des möglichen Spülverlusts der Frischluft und der wahrscheinlich sehr unterschiedlichen Abgastemperaturen an UT" und OT" dürfte die Abgasreinigung eine Herausforderung sein. Denn das sich am UT" noch expandierende Gas dürfte deutlich heißer sein, als das bereits durch den Ausstoßtakt entspannte und damit abgekühlte Gas am OT". Sprich, die Abgasanlage ist wohl ständig schwankenden Abgastemperaturen ausgesetzt, was heute im Grunde schon der Knackpunkt der Abgasreinigung ist.
Wie viele Zylinder hat dieser Motor?
Im Grunde ist es einerlei, wie viele Zylinder dieser Motor hat, allerdings ergibt im Kontext Massenausgleich ein Vielzylinder-Motor am meisten Sinn. Insbesondere die raumgreifende Mechanik zum Verstellen der Kurbelwelle könnte Ausgleichswellen Platz rauben. Allerdings poppt ein Gedanke wieder auf: Was wäre, wenn die vermeintlich unterschiedlich starken Zündungen so zeitlich aufeinander abgestimmt wären, dass sie einen Massenausgleich herstellen? Wenn das überhaupt möglich ist.
Was soll das überhaupt?
In der Patentschrift führen Porsche und die Universität Cluj-Napoca das Optimieren der Funktion eines Hubkolbenmotors an, vor dem Hintergrund der effizienteren Verbrennung. Ob das durch die 6 Takte gegeben ist, ist unklar. So viel ist klar: Durch die beiden oberen Totpunkte sind Drehmoment steigernde Ventilbeschleunigungen möglich. Allerdings: Durch das Planetengetriebe zum Verstellen der Kurbelwelle entstehen neue Reibungsquellen, die die Effizienz wieder senken können. Ebenso ist unklar, ob infolge der vermeintlich unterschiedlich starken Verbrennungen dieser Motor hohe Drehzahlen aushält, ohne durch enorm hochfrequentes Vibrieren negativ aufzufallen.
Fazit
Hier gilt erneut: Wenn es so einfach wäre, hätte es jeder schon gemacht. In einem Patent von Porsche und der rumänischen Technischen Hochschule von Cluj-Napoca beschreiben die Erfinder einen Hubkolbenmotor mit 6 Takten. Konkreter: 2 x 3 Takte nacheinander. Das Prinzip des 3-Takters ist im Grunde fast so alt wie 2- und 4-Takter, aber eben nicht gut genug gewesen, da es im Grunde die Spülverluste des 2-Takters mit der langen Zeit des Viertakters für einen vollständigen Zyklus kombinierte. Dieses Problem löst das Patent zwar nicht gänzlich, es verlagert es etwas. So gesehen arbeitet dieser Motor erst als Zweitakter mit 2 Zündungen je 360 Grad, um dann die Vorteile des Viertakters mit optimaler Spülung des Zylinders anzuschließen. Möglich macht das eine verstellbare Kurbelwelle, die die relative Position des Kolbens im Zylinder ändert. Ob dieses dem Planetengetriebe nicht unähnliche Mechanikum am Ende nicht mehr Effizienz durch Reibung raubt, als der 6-Takter für effiziente Füllung erzeugt, ist fraglich. Launig ist die Technik alle mal. © Motorrad-Online
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