Warum KTM 990 Duke und Yamaha MT-09 zu den Bestsellern ihrer Erbauer gehören, wird nicht nur auf der heimischen Landstraße, sondern auch am Stilfser Joch schnell klar. Spoiler: weil sportliches Pass-Hopping auf ihnen einen Heidenspaß macht.
Auf der Landstraße sind Naked Bikes eine der beliebtesten Motorradgattungen, keine Frage. Und auch in den Alpen werden Motorräder wie die neue KTM 990 Duke oder die Yamaha MT-09 häufig gesichtet. Wie diese beiden Kontrahentinnen sich im extremen Alpen-Test schlagen, zeigt die folgende Passrunde rund ums Stilfser Joch.
Video: Alpen Masters 2024: Yamaha MT-09 vs KTM 990 Duke
KTM 990 Duke stürmt los, als gäbe es kein Morgen
Spritzigkeit strahlt ab Sekunde eins vor allem die KTM 990 Duke aus. Der neue 947-Kubik-Reihentwin signalisiert bei jeder Drehzahl die Bereitschaft, loszustürmen, als gäbe es kein Morgen. Nein, wirklich. Mit knapp 90 Nm bei 3.500/min braucht’s keine hohen Drehzahlen, und auch im Road-Mapping werden Gasbefehle eins zu eins umgesetzt. Bedeutet, dass auch größere und stärkere Naked Bikes sich warm anziehen müssen, wenn die 990 Duke zum Beschleunigen gebeten wird.
Im Land der Kehren sind der Punch von unten und eine enge Getriebeabstufung wichtiger als Spitzenleistung. Aber der Vollständigkeit halber: Der KTM-Motor agiert zusätzlich überaus drehfreudig und steigert sich bis 9.600/min auf amtliche 122 PS. Die sich stetig wiederholenden Beschleunigungsphasen aus dem Beinahe-Stillstand werden also zum puren Genuss für sportliche Fahrer. Auch weil dieses Prachtstück von Motor von feiner Elektronik umgeben ist. Auf Wunsch greift die schräglagensensible Traktionskontrolle früh ein und hält das Drehmoment spürbar zurück oder lässt die maximale Beschleunigung zu und fängt das auf ausgewaschenen Passstraßen ab und an zum Ausbrechen ansetzende Hinterrad erst in letzter Sekunde ein.
Yamaha MT-09 mit absolut linearer Leistungsentfaltung
Auch die Yamaha MT-09 ermöglicht es, das Regelverhalten der Traktionskontrolle zu justieren. Ihr regelmäßig zündender Reihendreizylinder fordert sie aber weniger häufig, denn er generiert aus dem Drehzahlkeller nicht den totalen Punch der KTM 990 Duke. Stattdessen übt er sich in seidenweichem Motorlauf ohne Vibrationen und einer absolut linearen Leistungsentfaltung. Das bereits sehr gute Lastwechselverhalten der KTM kann die Yamaha zudem noch übertreffen. In den Erster-Gang-Kehren macht der seidenweiche Übergang in den Lastbetrieb die leichtgängige Kupplung obsolet, denn auch Hoch- und Runterschalten erledigt die Yamaha – wie auch die KTM – kupplungsfrei und mit viel Geschmeidigkeit. Nur bei den reinen Fahrleistungen (Durchzug und Beschleunigung) kann sie der KTM 990 Duke nicht das Wasser reichen und liegt dabei stets knapp hinter der Österreicherin.
Hier haben wir euch zusammengestellt, welche Ausrüstung die MOTORRAD-Kollegen in diesem Test anhaben.
Naked Bikes im Bergab-Brems-Test mit Sozius
Wer es am Pass richtig krachen lassen und der Erste am Gipfel sein möchte, ist nicht nur motorisch mit der KTM 990 Duke bestens aufgestellt. Ihre hauseigenen WP-Federelemente wurden von den Ready-to-Race-Entwicklern knackig abgestimmt und schaffen es dabei trotzdem, über die unzähligen Asphaltrisse das Gesäß einigermaßen zu schonen. Vor allem aber verhelfen sie der Duke zu ausgesprochen hoher Stabilität in Schräglage und machen sie noch empfänglicher für sportliches Beschleunigen und Bremsen. Gepaart mit einer bissigen Bremsanlage und einem gut abgestimmten Road-ABS stoppt die KTM 990 Duke bei Notbremsungen bergab mit voller Beladung (in Form eines 80-Kilo-Sozius) in sehr kurzer Zeit. 27,5 Meter von 75 auf 25 km/h. Und auch beim Abstieg von knapp 3.000 auf 1.000 Meter Höhe bleibt der Druckpunkt im Handhebel an Ort und Stelle.
Video: Fahrbericht: KTM 990 Duke
Die Bremse der Yamaha MT-09 hält der langen Abfahrt von der Passhöhe bis ins Tal ebenfalls stand. Bei ihr lässt die Sensibilität des ABS aber zu wünschen übrig. Mit groben Intervallen verlängert es den Bremsweg bergab mit Beladung deutlich, und es gelingt ihm auch nicht immer, das Hinterrad in sicherer Bodennähe zu halten. Die softe Gabel hält im Extremfall außerdem etwas weniger Reserven bereit und zeigt sich, wie auch das Federbein, eher hinsichtlich des Komforts von ihrer guten Seite. Mit besserem Ansprechverhalten bügelt das Yamaha-Fahrwerk Unebenheiten gut aus dem Asphaltteppich. Spürbar schwächer gedämpft kommen dafür im flotten Galopp bald Schwingungen ins Chassis, besonders wenn über Wellen härter beschleunigt wird.
Also lieber etwas weniger aggressiv am Hahn drehen und stattdessen auch mal das grandiose Panorama rund ums Stilfser Joch genießen. Dank Neutralität und Leichtigkeit frisst das Handling der Yamaha MT-09 keine Aufmerksamkeit und macht die Pass-Tour unkompliziert. Das gilt summa summarum auch für die KTM 990 Duke, die aber bei touristischer Fahrweise nicht ganz so locker um die engen Radien flutscht.
Video: Fahrbericht: Yamaha MT-09
Erst wer dem ständigen Drang der KTM 990 Duke nachgibt und das Tempo erhöht, kann sich am quasi nicht vorhandenen Aufstellmoment beim Bremsen erfreuen und die Vorzüge der stabilen Kurvenlage auskosten. Und der beeindruckenden Fahrleistungen. Und der sehr gut applizierten Fahrassistenten. Dank dieser Qualitäten sichert sich die KTM dann auch mit komfortablem Abstand den Testsieg in den Alpen. Die ausgewogene und sehr zugängliche Yamaha MT-09 wird auf Rang 2 verwiesen. Wir freuen uns schon auf die angekündigte SP-Version, die die erwähnten Defizite womöglich ausmerzen kann.
KTM 990 Duke
(+) Spritziger Motor mit viel Druck und Drehfreude
(+) Leichtes Handling in Kehren und weiten Kurven
(+) Starke Fahrleistungen
(+) Feinfühlige Fahrassistenten
(+) Aufrechte Ergonomie
(+) Gutes Bremsverhalten
(-) Kein Wetterschutz
(-) Sehr straffes und nicht sehr sensibles Fahrwerk
(-) Kaum Platz für Gepäck
Yamaha MT-09
(+) Top-Handlichkeit auf Passstraßen
(+) Elastischer und launiger Motor mit viel Laufkultur
(+) Guter Federungskomfort
(+) Sanfte Gasannahme
(+) Solide Fahrassistenten
(+) Viel Vorderradbezug
(-) Weniger Federungsreserven
(-) Grobes ABS-Regelverhalten verlängert den Bremsweg
(-) Kein Wetterschutz
Fazit
Fahrdynamisch überstrahlt die KTM 990 Duke ihre Kontrahentin klar. Ihr Sportsgeist verführt zum Klettern um die Wette – und das macht dank viel Präzision und tollem Motor reichlich Spaß. Auch mit der Yamaha MT-09, die aber etwas weniger aggressiv daherkommt. Ihr Dreizylindermotor gefällt mit Elastizität und tollem Ansprechverhalten. © Motorrad-Online
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