Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat in einem wegweisenden Urteil entschieden, dass der Halter eines Fahrzeugs nicht automatisch für Parkverstöße verantwortlich gemacht werden darf, wenn nicht eindeutig bewiesen ist, dass er selbst den Verstoß begangen hat.
Im vorliegenden Fall aus Siegburg bei Köln sollte ein Mann ein Bußgeld von 30 Euro zahlen, weil sein Auto mit Parkscheibe länger als erlaubt auf einem Stellplatz stand. Die Parkscheibe zeigte eine Ankunftszeit von 14:30 Uhr, das Auto parkte jedoch noch um 17:35 Uhr an derselben Stelle. Der Halter schwieg zu der Frage, wer das Fahrzeug dort abgestellt hatte, und wurde dennoch zur Zahlung des Bußgelds verurteilt. Zuvor hatten sowohl das Amtsgericht Siegburg als auch das Oberlandesgericht Köln seine Klagen abgewiesen, sodass er Verfassungsbeschwerde einlegte (Az.: 2 BvR 1457/23).
Bei Parkverstößen gilt das Täterprinzip
Die Verfassungsrichter stellten fest, dass das Urteil des Amtsgerichts Siegburg verfassungswidrig sei, da es gegen das Willkürverbot des Grundgesetzes verstoße. Das Gericht habe lediglich ein Foto des geparkten Autos als Beweis herangezogen und keine weiteren Ermittlungen zur Täterschaft des Halters durchgeführt. In ihrer Begründung betonten die Bundesrichter, dass bei Fehlen jedes weiteren Beweises nicht auf die Täterschaft des Halters geschlossen werden dürfe.
"Auch bei Parkverstößen gilt das Täterprinzip", erklärte der Verkehrsrechtsexperte und Rechtsanwalt Christian Demuth aus Düsseldorf gegenüber N-TV. Demuth betonte, dass das Schweigen des Beschuldigten nicht gegen ihn gewertet werden dürfe und dass die Entscheidung eine Stärkung des Prinzips der Unschuldsvermutung sei. Er fügte hinzu, dass das Amtsgerichtsurteil eher die Ausnahme darstelle, da Verfahren bei unklarer Beweislage normalerweise eingestellt würden.
Der betroffene Bürger aus Siegburg hatte sich gegen die Entscheidung des Amtsgerichts gewehrt, weil er der Ansicht war, dass ihm das Bußgeld zu Unrecht auferlegt wurde. Sein Argument basierte darauf, dass nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte, dass er selbst das Fahrzeug zur fraglichen Zeit geparkt hatte. Die Verfassungsrichter gaben ihm letztlich recht und betonten, dass der bloße Besitz eines Fahrzeugs nicht automatisch zur Haftung für alle damit begangenen Verkehrsverstöße führen dürfe. © auto motor und sport
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