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In einer geheimen Halle sammelt Audi Oldtimer, Rallye-Quattros, DTM-Helden und Motorräder von Audi, DKW, Horch, NSU und Wanderer. Wir durften rein.

Ein Gebäude in einem Industriegebiet, es könnte eine Büroadresse sein oder ein kleiner Industriebetrieb, wie es viele gibt in Süddeutschland. Von außen deutet nichts auf den wertvollen Inhalt hin, was durchaus Absicht ist. Wir werden gebeten, die Adresse nicht zu nennen und das Gebäude nicht zu fotografieren.

Hinter den Türen steht auf mehreren Ebenen Spektakuläres: Der S1 Quattro von Walter Röhrl, der DTM V8 von Hans-Joachim Stuck und Le-Mans-Sieger auf einer Etage. Serienautos vom Audi 50 bis zum RS4 auf einer anderen. Eine Treppe weiter: Vorkriegsautos vom DKW-Zweitakter bis zum Horch-Achtzylinder.

Die fünf Ringe

Fünf Marken sind Teil der Audi-Geschichte. Im Depot stehen deshalb Autos von DKW, Horch, NSU und Wanderer sowie Motorräder von DKW und NSU. Über 700 Autos und 200 Motorräder gehören zur Sammlung der Audi Tradition. Die Tochter der Audi AG ist für die Geschichte der Marke zuständig und pflegt diese unter anderem, indem sie den mobilen Teil davon am Laufen hält.

Eine Werkstatt mit drei Mitarbeitern kümmert sich um die Sammlung. Einige Dutzend Autos sind stets zugelassen und fahrbereit. Andere befinden sich im patinierten Originalzustand und bleiben so. Wie etwa der einzige je in Ingolstadt gebaute Horch.

Der einzige Horch aus Ingolstadt

Auf Basis eines Horch 830 BL, der zuletzt in München als Taxi gelaufen war, baute die Versuchsabteilung 1952 und 1953 einen Dienstwagen für Auto-Union-Vorstand Richard Bruhn. Auf das Vorkriegs-Fahrgestell kam eine Karosserie im Ponton-Stil. Bruhn, der keinen Führerschein hatte, ließ sich mit dem Horch fahren. Nachdem Bruhn 1956 aus der Geschäftsführung ausgeschieden war, wurde sein Dienstwagen an einen in Deutschland stationierten US-Soldaten verkauft. Der nahm das Auto später in die USA mit, wo es irgendwann für Jahrzehnte herumstand. Bis er 2008 in die historische Fahrzeugsammlung von Audi kam. Verwitterte Polster und verbrannter Lack erzählen von der texanischen Sonne, und das soll auch so bleiben.

Die Rallye-Quattros

Audi, Quattro, Fünfzylinder: In einer Reihe stehen die Rallye-Quattros vom seriennahen A1 bis zum Gruppe-B-Monster. Mit dem S1 E2 von 1986 fuhr Walter Röhrl kürzlich während der Histo Monte durch die Schlucht von Aiglun, was immer noch ein Spektakel ist. Mit Quattro und Fünfzylinder verblüffte Audi 1980 die Konkurrenten in der Rallye-WM, das damalige Gruppe-4-Vorausfahrzeug von der Olympia-Rallye mit der Startnummer 0 steht ebenso im Depot wie der mehr als doppelt so starke S1 E2 von 1986. Nach dem Ende der Gruppe B fuhr Audi im 200 Quattro weiter, das Siegerauto der Safari-Rallye steht ebenfalls im Depot.

DTM V8 und Le-Mans-Sieger

Daneben: Diverse Rundstrecken-Rennwagen, aus der amerikanischen IMSA-Serie etwa. Und natürlich der V8 Quattro, mit dem Hans-Joachim Stuck 1990 in der DTM fuhr – mit Wurzelholz-Armaturenbrett, das Reglement verlangte diese Nähe zum Serienauto.

Direkt gegenüber sind gut ein Dutzend Le-Mans-Rennwagen aufgereiht. Audi trat 1999 in Sebring und Le Mans bei 24h-Rennen an, gewann 2000 das erste Mal in Le Mans und seither weitere zwölfmal. Dreimal in Folge stand der R10 TDI mit 12-Zylinder-Dieselmotor auf Platz eins. Der Vollaluminium-Renndiesel ist tragendes Element im Chassis des Langstrecken-Rennwagens; er leistet 650 PS und schickt über 1.100 Newtonmeter ins Getriebe.

Vier Ringe, fünf Marken

Das Audi-Logo mit den vier Ringen stammt von der Auto Union AG. Zu der hatten sich 1932 in Chemnitz auf Initiative der Sächsischen Staatsbank die Audiwerke, die Horchwerke und die Zschopauer Motorenwerke (DKW) zusammengeschlossen. Wanderer war die vierte Marke im Verbund. Jeder Marke war ein Segment zugeordnet: DKW baute Motorräder und Kleinwagen, Wanderer Autos der Mittelklasse, Audi Oberklasseautos und Horch Luxusfahrzeuge.

Im Depot stehen Fahrzeuge aller Auto-Unio-Marken. So etwa ein Audi Alpensieger von 1919, ein DKW F1, ein Wanderer W25 K und ein Horch 830.

Als nach dem Zweiten Weltkrieg die Auto Union AG enteignet wurde, gingen einige führende Mitarbeiter nach Bayern und gründeten am 3. September 1949 in Ingolstadt die Auto Union GmbH. Die baute zunächst Motorräder, Autos und Kleintransporter, wie etwa den Schnelllaster, mit Zweitaktmotor. Als 1965 das erste neue Modell mit Viertaktmotor erschien, gab man ihm den Namen Audi.

Die 1873 in Riedlingen an der Donau gegründete Firma NSU baute ab 1886 Fahrräder, ab 1900 Motorräder und ab 1905 Autos. Die Firma fusionierte 1969 mit der Auto Union GmbH zur Audi NSU Auto Union AG. Im Jahr 1977 lief der letzte NSU vom Band. Seit 1985 heißt die Firma Audi AG, der Firmensitz ist Ingolstadt.

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Einblicke – die Fahrzeugsammlung der Audi AG

Für das Buch "Einblicke" hat der Fotograf Stefan Warter die auf mehrere Depots verteilte Fahrzeugsammlung der Audi AG fotografiert. Ralf Friese hat die Texte geschrieben. Auf über 250 Seiten können sich Leser durch die Sammlung blättern und dabei die Geschichte der fünf Marken Audi, DKW, Horch, NSU und Wanderer kennenlernen. Auf teils doppelseitigen Bildern sind Studien, Serienautos und Forschungsfahrzeuge abgebildet. Die kundig und unterhaltsam geschriebenen Texte bieten einen Erkenntnis- und Mehrwert – nicht nur für Fans der vier Ringe.

Einblicke. Die Fahrzeugsammlung der Audi AG, Edition Audi Tradition, Delius Klasing, 256 Seiten, 1. Auflage 2022, ISBN 978-3-667-12529-3, 59 Euro.  © auto motor und sport

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