Wieder ist ein Radfahrer bei einem sogenannten Dooring-Unfall ums Leben gekommen. Der Mann fuhr ungebremst gegen eine sich plötzlich öffnende Autotür. Ein simpler Trick aus den Niederlanden zeigt, wie sich derartige Unfälle verhindern lassen können.
Vergangene Woche ist in Berlin ein Radfahrer an den Folgen eines schweren Sturzes, verursacht durch eine sich plötzlich öffnende Autotür, ums Leben gekommen. Ein Autofahrer hatte auf der Fahrradspur angehalten und die Tür gerade in dem Moment geöffnet, als der Radfahrer das Fahrzeug überholen wollte. Experten sprechen bei derartigen Unglücken, bei denen Radfahrer in sich öffnende Autotüren fahren, inzwischen von sogenannten Dooring-Unfällen (vom englischen "Door", zu deutsch "Tür"). Um derartig tragische Zwischenfälle in Zukunft zu verhindern, sind vor allem die Autofahrer gefragt. In den Niederlanden wird genau aus diesem Grund bereits in der Fahrschule eine entsprechende Technik gelehrt, die Leben retten kann und verhindert, dass Autofahrer beim Aussteigen unbeabsichtigt Radfahrer gefährden.
Der "holländische Griff" gegen Dooring-Unfälle
Der sogenannte "holländische Griff" ("Dutch Reach") wird in den Niederlanden bereits in der Fahrschule gelehrt, und seit Jahrzehnten praktiziert. Denn dort wimmelt es bekanntlich besonders stark von Radfahrern in Städten. Die Methode ist dabei so einfach wie gut. Um Dooring-Unfälle zu verhindern, sollen Autofahrer ihre Fahrzeugtür nicht mit der Hand öffnen, die der Tür am nächsten ist, sondern mit der anderen - das gilt für Fahrer wie für Beifahrer. Konkret heißt das: Der Fahrer öffnet seine Tür nicht wie gewohnt mit der linken, sondern mit der rechten Hand - der Beifahrer mit der linken und nicht wie üblich mit der rechten.
Die einfache Umstellung hat eine große Wirkung zur Folge. Durch die untypische Bewegung wird der Autofahrer automatisch dazu animiert, den gesamten Oberkörper nach hinten zu drehen - vergleichbar mit der Bewegung beim Schulterblick. Somit öffnet sich für den Autofahrer der direkte Blick nach hinten - auch der tote Winkel wird abgedeckt. Nähert sich ein Radfahrer, kann dieser sofort gesehen und abgewartet werden.
UDV nimmt Städte, Rad- und Autofahrer in die Pflicht
Abgesehen vom "holländischen Griff" können Autofahrer aber noch weitaus mehr tun, um Dooring-Unfälle zu verhindern. Grundsätzlich sollten der Blick in den Rückspiegel und der einfache Blick über die Schulter selbstverständlich sein. Wer die Autotür rücksichtslos aufreißt, lässt Radfahrern keine Chance auszuweichen.
Auch die Unfallforschung der Versicherer (UDV) macht auf das Risiko durch Dooring-Unfälle aufmerksam. Demnach kollidiert bei jedem 14. Unfall (7 Prozent) zwischen einem Radfahrer und einem Auto, der Radler mit der Fahrertür des Wagens. Rund jeder fünfte dieser Unfälle hat für den Radfahrer schwere Verletzungen zur Folge - meistens am Kopf und an den Beinen (40 Prozent). Siegfried Brockmann, Leiter der UDV, nimmt in diesem Zusammenhang aber auch die Städte in die Pflicht: "Parkende Fahrzeuge stellen grundsätzlich ein Risiko für Radfahrer dar. Das muss bei allen Infrastrukturplanungen berücksichtigt werden." Der Abstand zwischen Parkflächen und Radfahrstreifen sollte grundsätzlich mindestens 50 Zentimeter betragen.
Elf Meter Bremsweg für Radfahrer
In einem solchen Dooring-Szenario macht der UDV auch auf die geringen Chancen der Radfahrer aufmerksam. Ein Radler, der mit 20 km/h unterwegs ist, benötige rund elf Meter Bremsweg, um bei einer sich plötzlich öffnenden Fahrertür noch rechtzeitig reagieren zu können. Ausweichmanöver sind aufgrund anderer überholender Autos oft schlichtweg nicht möglich oder ebenfalls mit einer großen Gefahr verbunden. Grundsätzlich sollten Radfahrer laut UDV dennoch versuchen, einen Abstand von gut einem Meter zu parkenden Autos einzuhalten und diese beim Vorbeifahren genau zu beobachten. Ein Fahrradhelm kann außerdem vor schweren Kopfverletzungen schützen.
Siegfried Brockmann geht aufgrund der großen Gefahr durch Dooring-Unfälle auch so weit, von den Autoherstellern entsprechende Sicherheitssysteme zu fordern. Ähnlich wie bei Warnsystemen für den toten Winkel beim Fahren, könnte ein akustisches Signal auch beim Parken davor warnen, wenn sich ein Radfahrer seitlich dem Auto nähert. Die Systeme könnten dann gegebenenfalls sogar die Tür den kurzen Moment über blockieren, bis der Radler das Fahrzeug passiert hat. © 1&1 Mail & Media/ContentFleet
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