Seit einigen Tagen kursieren im Internet Falschmeldungen, nach denen die EU angeblich die Reparatur aller Fahrzeuge verbieten will, die älter als 15 Jahre sind. Dadurch sollen die Bürgerinnen und Bürger dazu gezwungen werden, ihre eigentlich gebrauchsfähigen Autos verschrotten zu lassen. Die Falschmeldungen stammen vorrangig aus dem rechten politischen Lager und werden in erster Linie über soziale Netzwerke verbreitet. Nun stellen sowohl die EU-Kommission als auch der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) klar: Dabei handelt es sich um reine Fake News.
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Die Europäische Kommission schreibt in einem Social-Media-Post: "Das ist falsch. Nichts hindert Euch daran, Euer Auto reparieren zu lassen – ganz egal, wie alt es ist." Auch der ZDK informiert, dass nicht von einem "Reparaturverbot" die Rede sein könne. "Ganz im Gegenteil: Das ist eher ein Aufruf zur Reparatur älterer Fahrzeuge, um diese weiter verkehrssicher betreiben zu können. Darüber entscheidet nach wie vor allein der Halter/die Halterin des Fahrzeugs", heißt es in einem Rundbrief an die ZDK-Landesverbände sowie die Kfz-Innungen und -Betriebe, der auto motor und sport vorliegt.
Die aktuell kursierenden Fake News sind eine grobe Fehlinterpretation eines Mitte Juli 2023 veröffentlichten Vorschlags der EU-Kommission zur Kreislaufwirtschaft, in dem es speziell um die Wiederverwendung, das Recycling und die Verwertung von Fahrzeugen in der EU geht. Hersteller sollen darin verpflichtet werden, ihre Autos so zu konstruieren, dass sie besser entsorgbar beziehungsweise ihre Einzelteile besser wiederverwertbar sind. Zudem soll bereits bei der Autoproduktion ein Mindestanteil an recyceltem Kunststoff vorgeschrieben werden. Die Absicht sei, "Fahrzeuge kreislauforientiert zu gestalten und sicherzustellen, dass sie am Ende ihrer Lebensdauer eine Quelle wertvoller Ersatzteile, kritischer Rohstoffe und anderer wichtiger Ressourcen wie hochwertiger recycelter Kunststoffe und Stahl sind", so EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius.
E-Auto-Rohstoffe recyceln
Dabei geht es insbesondere um E-Fahrzeuge mit ihren wertvollen Rohstoffen. Mit dem Vorschlag werde "sichergestellt, dass wir so viele dieser Materialien wie möglich recyceln und wiederverwenden, was unseren Fahrzeugkomponenten neues Leben ermöglicht und den ökologischen Fußabdruck unseres Straßenverkehrs erheblich verringert", sagt Frans Timmermans, Exekutiv-Vizepräsident für den europäischen Grünen Deal. Von dem Vorschlag sollen die EU und ihre Mitgliedsländer nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht, sondern auch in Sachen Umwelt- und Klimafreundlichkeit profitieren. Er soll die Staatengemeinschaft zudem unabhängiger von Primärrohstoffen und Energie machen.
Eine weiterführende Debatte über den Vorschlag steht erst nach der Europawahl Anfang Juni 2024 an. Sollte es der Vorschlag durch die EU-Instanzen schaffen und in ein Gesetz übertragen werden, sollen Altfahrzeuge laut ZDK-Papier besser danach definiert werden können, "ob sie noch verkehrstauglich sind, sprich eine gültige HU haben". Die Richtlinien sollen den Behörden Vorschriften an die Hand geben, mit denen sie feststellen können, "ob ein Auto wirklich noch ein Auto ist oder das Ende seiner Nutzungsdauer erreicht hat und nach den Abfallvorschriften behandelt werden muss", so die EU-Kommission. Dies sei der Fall, wenn Motor, Getriebe, Karosserie oder Fahrgestell ausgetauscht werden müssten und ein Auto damit "technisch irreparabel" sei.
Schrottauto-Export soll eingedämmt werden
Vor allem soll es darum gehen, den Export nicht verkehrstauglicher Fahrzeuge mit all ihren Gefahren für Umwelt und Gesundheit zu verhindern. Heutzutage werden solche nicht verkehrstauglichen Altfahrzeuge oft nach Osteuropa, Afrika oder in den Nahen Osten verschifft. Stattdessen sollen diese fachgerecht in der EU entsorgt werden.
"Nichts in diesem Vorschlag hindert eine Autobesitzerin oder einen Autobesitzer daran, ihr/sein Auto reparieren zu lassen, unabhängig vom Alter des Fahrzeugs", so die EU-Kommission. Jedes Fahrzeug könne repariert und genutzt werden, solange es die in dem Land geltenden Vorschriften einhält. Obendrein seien Oldtimer und Sammlerfahrzeuge von diesem Vorschlag nicht erfasst. Hinzu kommt: An keiner Stelle findet sich ein Hinweis auf ein angebliches 15-Jahres-Limit. Der ZDK ergänzt, dass die Fehlinterpretation des EU-Vorschlags einer anderen Richtlinie der Europäischen Union widerspreche: Nämlich dem Recht auf Reparatur, damit hochwertige Konsumgüter nachhaltiger werden.
Hinweis: In der Fotoshow informieren wir Sie über Autowerkstätten in deutschen Justizvollzugsanstalten, die für alle Kundinnen und Kunden zugänglich sind. © auto motor und sport
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