Stuttgart - Acht Jahre oder 160.000 gefahrene Kilometer: Es gibt kaum ein Herstellerversprechen, das länger gelten soll, als die Garantie beim Antriebs-Akku von Elektroautos. Aber wird das Versprechen auch eingelöst, wenn der Akku streikt?
Nicht in jedem Fall. Man sollte die Bestimmungen genau kennen, denn sie betreffen den Autofahreralltag konkret - etwa beim Laden des Akkus.
"Im Gegensatz zur gesetzlichen Gewährleistung, die bei neuen Produkten zwei Jahre beträgt, ist eine Garantie ein Vertrag über einen festgelegten Zeitraum. Da gilt das Kleingedruckte", sagt Arndt Kempgens, Fachanwalt für Verkehrsrecht beim Auto Club Europa (ACE).
Bei Neufahrzeugen sollten sich Kunden daher alle Unterlagen, die die Garantie betreffen, zur Lektüre aushändigen lassen. Auch Aussagen in Werbebroschüren oder Screenshots von Anzeigen zählen zu Eigenschaften des Kaufrechts und sollten gespeichert werden.
"Zusicherungen, Aussagen und Vereinbarungen von Verkäufern halten Kaufinteressenten besser schriftlich fest und lassen sich diese bestätigen", rät Kempgens. Das erleichtere die Beweisführung bei späteren Unstimmigkeiten.
Garantie teils bis zu einer Million Kilometer
Die meisten Hersteller von E-Fahrzeugen, darunter heimische wie Audi, BMW, Porsche und VW oder ausländische wie Citroën, Polestar, Mazda oder Nissan bieten eine Garantie für Akkus von acht Jahren oder 160.000 Kilometer Laufleistung an - je nachdem, was zuerst eintritt. Bei Hyundai gelten sogar bis 200.000 Kilometer.
Bei einzelnen Modellen sind die Zusagen noch umfassender: Mercedes-Benz bietet für den Speicher im EQS bis 250.000 Kilometer oder zehn Jahre, Tesla bei Modell S und Modell X bis 240.000, Lexus für den UX 300e gar bis zu einer Million Kilometer. Das Vertrauen in die Technologie scheint vorhanden.
Doch so pauschal, wie sich die Zahlen lesen, werden die Versprechen nicht eingelöst. So fällt der Akku bei Porsche aus der Garantie, wenn Hinweise aus der Bedienungsanleitung nicht beachtet wurden. Beim Modell Taycan etwa ist die Garantie bereits nach drei Jahren oder 60.000 Kilometern futsch, wenn entsprechende Hinweise zur Standzeit missachtet werden.
Garantieverlust bei Tiefenentladung und Chiptuning
Gleiches tritt bei BMW, Fiat, Nissan und Opel ein, wenn der Akku tiefenentladen oder wie bei Tesla ein Service-Update nicht durchgeführt wurde.
Als eine Grundlage dafür, ob ein Akku zum Garantiefall wird oder nicht, gilt unter anderem die verbliebene Mindestkapazität - wie viel Energie der Stromspeicher im Vergleich zum Auslieferungszeitpunkt vollgeladen also noch bereitstellt. Fällt sie im vorgegebenen Zeitrahmen unter 70 Prozent, kann bei den meisten Autoherstellern ein Garantiefall geltend gemacht werden.
Jens Dralle, Ressortleiter Test und Technik bei der Fachzeitschrift "Auto, Motor und Sport", empfiehlt Haltern und Halterinnen daher, sich an die jeweiligen Lade-Anweisungen gemäß Betriebsanleitung penibel zu halten - so weit das gehe. Denn die Hersteller blieben mit ihren Angaben zum Laden oft vage.
"Sie empfehlen zwar, an Schnellladestation den Akku nur bis 80 Prozent zu laden. Ab welcher Anzahl an Schnellladungen bis 100 Prozent die Batterie wirklich Schaden nehmen kann, sagen sie nicht."
Dennoch enthält die Betriebsanleitung weitere wichtige Informationen, zum Beispiel zur vorgeschriebenen Wartung und möglichen Software-Updates des Akkus, sagt Matthias Vogt, Experte für E-Mobilität im ADAC-Technikzentrum.
Auch Änderungen am Fahrzeug können die Garantie aushebeln - etwa vom Hersteller nicht freigegebene Anhängerkupplungen: Im Hängerbetrieb werden Akkus stark belastet. Bei einem Chiptuning für mehr Leistung erlischt die Garantie ebenfalls.
Ständiges Vollladen - Stress für den Akku
Wie bei Autos mit Verbrennungsmotor liegt es beim Fahrer, sein Fahrzeug zu schonen, sagt Jens Dralle. Einen kalten Akku mit 75 Prozent Ladezustand an einem Schnelllader aufzufüllen stresst ihn.
Auch ständiges Vollladen an solchen Gleichstromladesäulen auf 100 Prozent setzt dem Energieriegel zu, bis maximal 80 Prozent schont ihn. Vollladungen empfehlen sich nur mit Wechselstrom an Wallboxen - am besten mit niedriger Stromstärke.
Doch dann sollten E-Autohalter bald wieder losfahren: "Für den Akku ist es besser, wenn er möglichst selten und nur kurzzeitig ganz voll oder ganz leer ist. Je länger dieser Zustand anhält, desto schädlicher ist es für die Zellen", sagt Vogt. So empfiehlt Volkswagen, Akkus bei einer Standzeit von mehr als zwölf Stunden vorher mit 30 bis 80 Prozent Energie zu befüllen.
Immerhin wurde der Technik zu ihrem eigenen Schutz auch ein Puffer eingebaut: Die 100 Prozent laut Display entsprechen nicht ganz dem realen, etwas geringeren Ladezustand.
Bei Gebrauchtwagen auf Akku-Gesundheit achten
Bei gebrauchten E-Fahrzeugen sollten Interessenten auf eine noch gültige Garantie sowie die Akku-Gesundheit achten. Denn liegt die Restkapazität unter einer bestimmten Grenze, muss der Hersteller je nach Garantievertrag die Batterie oder einzelne Zellen austauschen. "Daher rate ich dringend, dass ein Profi die Kapazität vor dem Kauf kontrolliert", sagt ACE-Rechtsanwalt Kempgens.
Solche Batterie-Checks führen einige Hersteller in ihren Vertragswerkstätten durch, aber auch Dienstleister. Kosten von beispielsweise rund 100 Euro dafür sind nicht wenig Geld - andererseits gut investiert, denn beim Akku handelt es sich um eines der teuersten Bauteile im E-Auto. Denn ist ein Komplettaustausch nötig, werden je nach Modell bis zu fünfstellige Beträge fällig. © dpa
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