Dacia feiert die Weltpremiere des neuen Bigster-SUV. Wir haben uns den vergrößerten Duster bereits genauer angesehen. Auf eine dritte Sitzreihe verzichtet der Rumäne leider, trotzdem wird er die Tiguan-Klasse richtig aufmischen.
Das sogenannte C-Segment ist in der europäischen SUV-Welt das beliebteste. Doch es ist mit Kandidaten wie dem VW Tiguan, Nissan Qashqai oder dem Peugeot 3008 extrem stark besetzt. Dacia tastete sich mit dem Duster bisher nur vorsichtig von unten an die prestigeträchtige Klasse heran. Mit dem Bigster stechen die Rumänen nun endlich mitten rein ins Wespennest.
Klarer Größenvorteil zum Duster
Das Beste vorweg: Der Dacia Bigster orientiert sich nicht nur bei den Abmessungen extrem nah an der viel beachteten Studie (weiter unten im Text). Mit seiner Länge von 4,57 Metern trägt er sozusagen das Gardemaß der SUV-Klasse, ist mit 1,81 Metern allerdings nicht unnötig breit. Und mit einer Höhe von 1,71 Metern dürfte das größte aller Dacia-Modelle problemlos in die meisten Garagen passen.
Dass er technisch auf dem erfolgreichen Dacia Duster (Länge: 4,34 Meter) basiert, sieht man ihm auf Anhieb an. Dabei ist er nicht nur einen ganzen Unterarm länger, sondern setzt auch auf einen leicht gestreckten Radstand (2,70 statt 2,65 Meter). Der Bigster baut auf der B-Ableitung der CMF-Konzern-Plattform auf, die Dacia in ihrer "Low Specifications"-Variante bereits bei den dritten Generationen des Logan und Sandero nutzt. Die Plattform kann verschiedenste Antriebe tragen und lässt sich auch elektrifizieren.
Keine dritte Sitzreihe, dennoch mega praktisch
Der Dacia Bigster wird trotz seiner stattlichen Länge nicht über eine dritte Sitzreihe verfügen. Sieben Sitze gibt es also weiterhin nur beim Kombi Dacia Jogger. Trotzdem stehen Variabilität und Komfort auch beim SUV Bigster im Fokus. Schon mit aufgestellten Sitzen in zweiter Reihe verfügt der Bigster über 667 Liter Kofferraum. Legt man die dreiteilige Rückbank über die Zughebel in der Kofferraumseite flach, entsteht ein riesiger, topfebener Laderaum, den Dacia (angeblich) bis jetzt nicht genau vermessen hat. Übrigens schwingt die große Heckklappe beim Bigster Journey serienmäßig elektrisch auf. Für die Extreme-Variante kostet die Funktion extra.
Unter dem Kofferraumboden verstecken sich zudem noch großzügige Schmuggelfächer. Wahlweise können die beiden Bodenteile auch eine Etage tiefer einrasten und einen höheren Gepäckraum freilegen. Wer noch mehr Reisegepäck verstauen möchte, kann den serienmäßigen Dachgepäckträger mit seinen schwenkbaren Quertraversen nutzen. Der nimmt es mit 80 Kilogramm Traglast auf. Dacia hat sogar das Sleep-Pack für den Bigster angekündigt. Das verwandelt das Heck des SUV im Handumdrehen zu einem 1,90 x 1,30 großen Doppelbett und den Bigster zum "Campster".
Digitale Armaturen und echte Knöpfe
Wie beim neuen Duster blicken die Bigster-Fahrer auf ein Digital-Cockpit (7 oder 10 Zoll groß) und den mittig auf dem Armaturenträger stehenden Bildschirm. Der zentrale 10,1-Zoll-Touchscreen gehört in allen Modellvarianten zur Serienausstattung. Im Bigster Essential und Expression bietet er Zugriff auf das Multimediasystem Media Display mit vier Lautsprechern und kabelloser Smartphone-Einbindung über Apple CarPlay oder Android Auto.
Bigster Extreme und Bigster Journey sind obendrein mit dem Multimediasystem Media Nav Live ausgestattet, das eine Cloud-Navigation mit Echtzeit-Verkehrsinformationen und Kartenupdates für acht Jahre bietet. Im Umfang enthalten ist dazu ein Arkamys-3D-Sound-System mit sechs Lautsprechern. Echte Knöpfe gibt es übrigens für die Klimabedienung. Und die machen beim ersten Drucktest einen richtig soliden Eindruck. Überhaupt ist der neue Dacia innen an den wichtigsten Punkten solide, wenn auch nicht mit den allerfeinsten Materialien verarbeitet.
Stärkster Dacia aller Zeiten
Diesel-Aggregate gibt es auch im Bigster nicht. Stattdessen orientiert sich der Bigster am kleineren Bruder Duster. Entsprechend findet man mit dem aufgeladenen Dreizylinder TCe 140, dem Autogas-Motor ECO-G 140 und dem Allradmodell TCe 130 4x4 drei bekannte Antriebe wieder. Neu hingegen ist ein stärkeres Hybridmodell, das nun auf 1,8 Liter Hubraum setzt und als Systemleistung 155 PS in die Waagschale wirft.
Der Bigster Hybrid 155 ist das erste Modell der Renault-Gruppe mit diesem neuen Hybrid-Antrieb. Das Antriebssystem kombiniert einen 107 PS starken Vierzylinder-Benzinmotor, zwei Elektromotoren (einen 50-PS-Motor und einen Hochspannungs-Starter/Generator), eine 1,4-kWh-Batterie (230 V) und ein automatisches Elektrogetriebe, das über vier Gänge für den Verbrennungsmotor und über zwei weitere für die Elektromotoren verfügt.
Mehr Leistung als der Jogger-Hybrid
Der neue Hybrid 155 toppt den bisherigen Hybrid 140 aus dem Duster und dem Jogger. Er bietet mehr Leistung (plus 15 PS), mehr Drehmoment (plus 20 Nm auf 170 Nm allein beim Verbrennungsmotor) und eine höhere Anhängelast (plus 250 Kilogramm auf eine Tonne). Auch die Effizienz wurde verbessert: Der Kraftstoffverbrauch und die Emissionen wurden um sechs Prozent gesenkt. Dacia verspricht zudem, dass der Bigster Hybrid in der Stadt bis zu 80 Prozent der Zeit im reinen Elektromodus fahren kann. Auch der Fahrzeugstart erfolgt immer im Elektromodus.
Anders als in bisherigen Hybrid-Modellen setzt Dacia beim Bigster Hybrid 155 auf eine luft- und nicht wassergekühlte Batterie. Zudem läuft der 14:1 verdichtete 1,8-Liter-Motor die meiste Zeit im Alltag im sogenannten Atkinson-Zyklus mit spät schließenden Einlassventilen für mehr Effizienz bei geringerer Lastabgabe.
Bivalenter Antrieb erstmals mit 48-Volt-Technik
Wer weniger auf E-Antrieb, aber mehr auf große Reichweiten abfährt, findet im Bigster ECO-G 140 den passenden Partner. Dessen aufgeladener 1,2-Liter-Dreizylinder kann nämlich mit Benzin oder Autogas (LPG) betrieben werden. Beim Bigster kombiniert Dacia einen bivalenten Antrieb erstmals mit einem 48V-Mild-Hybrid-System. Das unterstützt den Turbomotor beim Anfahren und Beschleunigen. Durch regeneratives Bremsen wird die 0,8-kWh-Batterie wieder aufgeladen.
Zwei jeweils 50 Liter große Tanks sollen im Bigster ECO-G 140 eine Reichweite von bis zu 1.450 Kilometern ermöglichen. Dabei stößt der neue Bigster ECO-G 140 im Autogas-Betrieb durchschnittlich 10 Prozent weniger CO₂ aus als ein vergleichbarer Benzinmotor ohne Hybridunterstützung. Der LPG-Tank ist unter dem Kofferraumboden untergebracht, sodass der Laderaum nicht beeinträchtigt wird. Ein Schalter am Armaturenbrett ermöglicht einen schnellen und nahtlosen Wechsel von einer Kraftstoffart zur anderen.
Nur eine Motorvariante mit Allradantrieb
Der Bigster TCe 130 4x4 ist die einzige Variante mit Allradantrieb. Auch hier kommt der 1,2-Liter-Dreizylinder mit Turboaufladung zum Einsatz. Er leistet 130 PS und ist als Mildhybrid mit einem 48-Volt-System und dem bekannten 0,8-kWh-Akku ausgerüstet. Wie bei der LPG-Basis sortiert der Fahrer die Übersetzungen mit einem manuellen Sechsgang-Schaltgetriebe. Die Bergabfahrhilfe (Serie für den Bigster Extreme) ist besonders für Fahrten im Gelände und auf Passagen mit starkem Gefälle nützlich. Das System betätigt selbstständig die Bremsen und drosselt die Geschwindigkeit je nach Wunsch auf ein Tempo im Bereich zwischen 0 und 30 km/h. Das System funktioniert in allen Gängen, auch im Rückwärtsgang.
Der neue Bigster TCe 130 4x4 verfügt über das Terrain Control System mit fünf Fahrmodi:
• AUTO: Das Getriebe verteilt die Kraft automatisch zwischen Vorder- und Hinterachse, je nach Bodenhaftung und Drehzahl der Räder.
• SNOW: Optimiert das Fahrverhalten auf glatten Straßen mit spezifischen ESP- und Anti-Schlupf-Einstellungen.
• MUD/SAND: für wechselndes Terrain mit lockeren Oberflächen.
• OFF-ROAD: Bietet beste Offroad-Eigenschaften in schwierigem Gelände und verteilt das Drehmoment automatisch und bedarfsgerecht je nach Bodenhaftung und Geschwindigkeit auf die Vorder- und Hinterräder.
• ECO: Senkt den Kraftstoffverbrauch durch Regulierung der Leistungsabgabe von Antrieb und Klimaanlage sowie eine optimale Verteilung des Drehmoments auf die Vorder- und Hinterräder.
Preise und Ausstattungen des Bigster
Der neue Bigster wird in vier Ausstattungen angeboten: als Essential, Expression und in den beiden preislich gleichwertigen Top-Modellen Extreme und Journey. Während sich der Bigster Extreme mit serienmäßigem Panorama-Schiebedach, modularer Dachreling, Bergabfahrhilfe, Gummimatten und 3-in-1 YouClip-System an Outdoor-Fans richtet, ist der Bigster Journey die passende Wahl für Vielfahrer – mit zweifarbiger Karosserielackierung (schwarzes Dach optional), elektrisch bedienbarer Heckklappe und einem elektrisch einstellbaren Fahrersitz.
Das Basismodell Bigster Essential trägt zu einem Preis von knapp 25.000 Euro bereits 17-Zoll-Leichtmetallfelgen, die feste Dachreling, das Media Display mit zentralem 10,1-Zoll-Touchscreen, ein digitales 7-Zoll-Instrument, eine manuelle Klimaanlage, Parksensoren und -kamera hinten sowie elektrische Fensterheber vorne und hinten. Selbst kombiniert mit dem starken Hybridantrieb will Dacia unterhalb von 30.000 Euro bleiben. Verkaufsstart ist im Januar 2025, die ersten Bigster werden dann ab April beim Händler stehen.
Dacia Bigster Concept von 2021
Als immer wichtigerer Teil des Renault-Nissan-Konzerns spielt die Marke Dacia bei dessen Strategiewechsel namens "Renaulution" eine zentrale Rolle. Da ist es nur konsequent, dass die Vorstellung des großen Restrukturierungs-Programms zum Jahresbeginn 2021 durch den damals neuen Konzernchef Luca de Meo von einer Konzeptstudie der Rumänen garniert wurde: dem Bigster Concept.
Das Design der Konzeptstudie präsentierte sich als modernere und ziemlich selbstbewusste Neuinterpretation der damaligen Duster-Linienführung. Die ausgestellten Kotflügel mit extra herausgezogenen Kunststoff-Radläufen und der Powerdome auf der Fronthaube lassen den Bigster stämmig aussehen. Die großen Räder verschaffen dem Fünfsitzer eine große Bodenfreiheit, während die Y-förmige Lichtsignatur zu einer durchaus aggressiven Frontansicht führt. Im Mittelteil zeigte sie bereits das neue mittlerweile etablierte Markenlogo. Hinten wiederholt sich die Y-Form, während über dem ansonsten glattflächig gestalteten Heck ein markanter Dachspoiler thront. Die robust wirkende Dachreling zeigt, dass die Autos der Rumänen auch in Zukunft praxisorientiert konzipiert sind.
Markenschriftzug überall
Auffällig an der Studie: Der allgegenwärtige Dacia-Schriftzug. Die Botschaft: Kein Dacia-Fahrer soll sich für die Wahl seiner Marke schämen müssen. "Erschwinglichkeit muss kein Gegensatz zu Attraktivität sein", sagte bei der Präsentation des Bigster Concept folgerichtig Alejandro Mesonero-Romanos. Dacias damaligen spanischen Kurzzeit-Designchef, der schon im Juni 2021 zu Alfa Romeo wechselte, hatte Luca de Meo zuvor von Seat mit ins Renault-Universum gebracht. Mesonero-Romanos attestierte dem Bigster gar einen "Outdoor-Spirit" und "einen Hauch von Coolness" – und lag damit nicht falsch.
Verzicht übt der Bigster Concept dagegen in Sachen Chrom-Verzierungen und Aluminium-Imitate. Das hat Dacia zufolge aber nicht in erster Linie optische Gründe, sondern liegt daran, dass man das Showcar nach umweltfreundlichen Prinzipien hergestellt habe. So bestehen beispielsweise die äußeren Protektoren ausschließlich aus recycelten Kunststoffen. Die dunkelgrüne Matt-Lackierung soll diesen Anspruch nach außen verkörpern. © auto motor und sport
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