BMW führt eine Rückrufaktion wegen eines möglichen Defekts der Bremsanlage durch, ABS und DSC können ausfallen. Zudem verhängte der Hersteller aus diesem Grund einen Auslieferungsstopp. Das führt jetzt zu einer Gewinnwarnung des Autobauers, die Aktie stürzte vorübergehend ab.

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Bei zahlreichen BMW-Baureihen aus dem Produktionszeitraum seit Juni 2022 sind möglicherweise Komponenten verbaut, die zu einem Ausfall des Anti-Blockier-Systems (ABS) und der dynamischen Stabilitätskontrolle (DSC) führen können. Sie müssen ausgetauscht werden. BMW führt dazu eine Rückrufaktion durch und hat die Auslieferung von Fahrzeugen gestoppt, die sich noch nicht in Kundenhand befinden. Die Abarbeitung verzögert sich, zudem musste beide Maßnahmen erweitern. Die Rückrufaktion läuft bei BMW unter dem Code 0034670200. Seit April 2024 listet auch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) den Rückruf offiziell unter der Referenznummer 13586 (BMW Alpina XB7: 13682) in seiner Datenbank auf.

Was ist das exakte Problem?

Auf unsere Nachfrage beschreibt BMW den möglichen Mangel folgendermaßen: "Eine interne Qualitätsprüfung ergab, dass es bei manchen Fahrzeugen zu Signalstörungen in der Elektronik des Bremssystems kommen könnte. Dadurch kann sich in sehr seltenen Fällen die erforderliche Betätigungskraft der Bremse erhöhen. Darüber hinaus stehen weitere Bremsregelfunktionen wie z.B. ABS (Anti-Blockier-System) und DSC (Dynamische Stabilitätskontrolle) nicht zur Verfügung."

Was ist das Integrierte Bremssystem?

Verantwortlich für diese mögliche Störung ist das Integrierte Bremssystem. Hierbei handelt es sich um ein Bauteil, das in modernen Fahrzeugen die Bremsregelung und -betätigung in einer Komponente integriert. In älteren Autos separat verbaute Teile der Bremsanlage, wie ein Unterdruck-Bremskraftverstärker, werden damit überflüssig.

Außerdem sorgt das Integrierte Bremssystem mit seiner Bremsdruckregelung über einen elektrischen Aktuator unter anderem für schnelleren Bremsdruckaufbau und eine Entkoppelung des Bremspedalgefühls von störenden Impulsen etwa bei aktiver Rekuperation oder hohen Bremsentemperaturen. Es steuert gleichzeitig Bremsassistenzsysteme wie ABS oder Stabilitätskontrolle.

MK-C2-System von Continental

Bei dem in den betroffenen Fahrzeugen verbauten Integrierten Bremssystem handelt es sich um eine Zulieferer-Komponente. Nach einem Bericht des "Manager Magazins" vom 21. März 2024 soll es sich um das MK-C2-System von Continental handeln. Ursprünglichen Angaben zufolge betraf der Rückruf und Auslieferungsstopp womöglich weltweit rund 370.000 Fahrzeuge. Diese Zahl hat BMW im Zuge einer Gewinnwarnung am 10. September 2024 erheblich nach oben erweitert und sprach von "über einer Million" betroffenen Fahrzeugen.

Die Aktie von BMW begann unmittelbar nach der Gewinnwarnung eine Talfahrt und stand kurz darauf um neun Prozent im Minus. Grund dafür ist, dass sich die Reparatur- und Servicekosten wegen des betroffenen Bauteils "im hohen dreistelligen Millionenbereich" belaufen würden.

Welche Baureihen sind betroffen?

Potenziell von einem möglichen Fehler betroffen sind laut Konzern und KBA die folgenden zehn BMW-Baureihen, ein Alpina-Derivat, zwei Mini-Modelle sowie ein Rolls-Royce-Modell. Alle Autos stammen aus dem Bauzeitraum Juni 2022 bis 2024.

Zusätzlich betroffen sind außerdem die ausschließlich für den chinesischen Markt gefertigten Baureihen BMW X1 China only (U12) und BMW X5 LCI China only (G18).

Für Deutschland bezifferte BMW die Zahl der betroffenen Autos ursprünglich auf insgesamt 46.946 Fahrzeuge. Davon wurden Stand 6. März 2024 lediglich 784 Fahrzeuge abgearbeitet. Inzwischen sagt der Hersteller, dass hierzulande rund 175.000 Exemplare potenziell von dem Problem betroffen sein könnten.

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Wie ist der weitere Ablauf?

BMW schreibt betroffene Kunden "so rasch wie möglich" an. Bis dahin können Sie auf der Service-Seite von BMW unter Angabe der Fahrzeug-Identnummer überprüfen, ob Ihr Auto betroffen ist. Neuerdings steht zudem eine Diagnose-Software zur Verfügung, die einen Fehler im Integrierten Bremssystem in der Regel deutlich vor dessen Eintritt erkennt und eine entsprechende Warnung auf dem Infotainment-Bildschirm anzeigt. Für die kostenfreie Reparatur (Austausch des Integrierten Bremssystems) sind in der Werkstatt rund 3,5 Stunden nötig. Die Abarbeitung des Rückrufs kann sich allerdings in die Länge ziehen, weil aktuell nicht genügend Austauschteile zur Verfügung stehen. Die Wartezeit bezifferte ein BMW-Händler auf Nachfrage mit "bis zu mehreren Monaten".

Mein Auto ist betroffen, muss ich es stehen lassen?

Nein. BMW gibt an, dass bei Auftreten der Signalstörung am Integrierten Bremssystem das "Aufleuchten der Bremswarnlampen im Cockpit und die Anzeige einer Check-Control Meldung auf dem zentralen Bildschirm informiert". Das bedeutet im Umkehrschluss: Wenn diese Systemwarnungen nicht auftreten, ist die Regelung von ABS und DSC wahrscheinlich voll funktionsfähig. Sollten diese Meldungen erscheinen, muss das Auto aber sofort zur Werkstatt gebracht werden. Selbst beim Auftreten des Defekts bleibt die eigentliche Bremsanlage aber voll funktionsfähig. Das Fahrzeug ist weiterhin beherrschbar und es kann gebremst werden, jedoch ohne ABS- und DSC-Eingriff. Zudem sei es laut BMW in diesem Fall erforderlich, "dass der Fahrer, je nach Situation, die zum Bremsen erforderliche Betätigungskraft erhöht".

Kam es bereits zu Unfällen?

BMW sind laut Aussage eines Unternehmenssprechers im Zusammenhang mit diesem Problem keine Unfälle oder Verletzte bekannt.

Betrifft der Rückruf auch Neuwagen?

Ja, weshalb sich Auslieferungen bestellter Fahrzeuge der betroffenen Baureihen von vornherein verzögert haben. BMW antwortete uns hierzu im Frühjahr: "Unser Anspruch ist es, dem Kunden ein fehlerfreies Produkt zu übergeben. Daher ist bei noch nicht ausgelieferten Fahrzeugen die Durchführung der Maßnahme vor Übergabe an den Kunden erforderlich. Leider steht derzeit keine ausreichende Anzahl an Ersatzteilen zur Verfügung. Die BMW Group arbeitet mit Hochdruck an der Bereitstellung der Teile." Kundinnen und Kunden, die länger als geplant auf ihren Neuwagen warten müssen, werden von ihren Händlern informiert.  © auto motor und sport

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