BMW gibt mit einer extremen Experimental-Fahrmaschine einen Ausblick auf zukünftige Sportwagen auf Basis der "Neuen Klasse". Wir fassen die coolsten Features des Konzepts zusammen.

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Gleich vorweg – dieses Auto wird nicht in Serie produziert. Es ist und bleibt ein Einzelstück. Allerdings eines, dass die Welt von BMW und die der Kunden maßgeblich verändern dürfte – zumindest, wenn man den Ingenieuren glaubt. Die haben mit dem "Vision Driving Experience" nämlich ein fahrdynamisches Monster gezüchtet – nur um zu testen, was in Zukunft möglich ist.

18.000 Newtonmeter Drehmoment

Auch wenn das Biest im Kleid der neuen 3er-Limousine (Neue Klasse) eingesperrt ist, so versteckt es doch ein gewaltiges elektrisches Antriebspaket unter seinem Kohlefaser-Monocoque. Drei oder vier E-Maschinen mit mehr als 1.000 PS zerren an den Rädern. Jeder einzelne Motor lässt sich blitzschnell einzeln in jede Richtung ansteuern, sodass jedes noch so absurde fahrdynamische Manöver und jede Art von Torque Vectoring möglich ist. Die Ingenieure hatten dabei alle Freiheiten der digitalen Ansteuerung.

Ein Superhirn steuert Fahrwerk, Lenkung, Bremsen und Antrieb

Apropos digitale Ansteuerung. Anders als bei herkömmlichen Autos, bei dem einzelne Komponenten wie Bremsen, Fahrwerk, Lenkung oder Antriebseinheiten jeweils einzelne Steuergeräte besitzt, vertraut BMW hier auf ein einziges, im Haus entwickeltes Superhirn. Das versteckt sich als zentrale Steuereinheit in einem schwarzen Kasten, der wohl auch in die kommenden Serienfahrzeuge der Neuen Klasse einziehen dürfte.

BMW selbst denn den potenten Zentralrechner "Heart of Joy", denn vor allem er soll den Fahrspaß auf ein neues Niveau heben, die Kommunikation zwischen einzelnen Komponenten erleichtern und die fahrdynamischen Übergänge flüssiger und schneller machen. Allein die Antriebseinheiten werden dabei 1.000-mal die Sekunde angetaktet. Mit einer zehnmal schnelleren Rechenleistung als als bei bisherigen Fahrzeugen. Am Ende versprechen die Ingenieure dadurch auch eine deutlich höhere Gesamteffizienz. Das Heart of Joy steuert zudem die Gesamtcharakteristik von Beschleunigen und Bremsen, die Fahrzeugstabilisierung sowie fahrdynamische Lenkungsfunktionen und das Lademanagement.

Video: BMW Vision Driving Experience: Die Zukunft der Fahrdynamik

Scheibenbremsen überflüssig

Gleichermaßen kraftvoll können die vier Motoren auch rekuperieren – also die Bewegungsenergie wieder in elektrische für den Akku zurückverwandeln. Dabei wechseln die E-Maschinen in Bruchteilen einer Sekunde in den Schleppbetrieb und fungieren so als elektrische Generatoren. Je nach Straßen- oder Kurvenlage kann die Elektronik jedes Rad unterschiedlich mit einem bestimmten Bremsbefehl beaufschlagen. Egal ob Torque-Vectoring für schnellere Kurvenfahrt, einzelne Radbremsungen wie beim ESC oder simulierte ABS-Eingriffe – all diese Manöver gewinnen in Zukunft kostbare Energie zurück.

Auf diese Weise vergößert die Rekuperation den nutzbaren Anteil der Strommenge im Akku. In 98 Prozent aller Alltagsfälle benötigt der Fahrer im Alltag dabei überhaupt keine Eingriffe der klassischen Bremse mehr. Die Bremsleistung der Rekuperationsbremse reicht laut BMW für normales, alltägliches Fahren aus. Nur bei starken Bremsvorgängen wie Gefahrenbremsungen muss die Reibbremse noch zupacken. Insgesamt führt das System mit seinem erweiterten Einsatzbereich und durch die zentrale Großhirn-Überwachung zu einer Effizienzsteigerung von bis zu 25 Prozent, da ein Teil der etwa für Stop-and-Go-Verkehr notwendigen Energie immer wieder zurückgeholt wird.

Auf die Feinabstimmung des adaptiven Rekuperationsvorgangs – der übrigens bis zum Stillstand funktioniert – scheinen die Ingenieure besonders stolz zu sein. Das Bremsen über die Motoren ermögliche "den komfortabelsten Anhaltevorgang seit der Erfindung des Rades". Beifahrer mit sensiblem Magen dürfte das freuen. Für die ist das Fahrdynamik-Monster ohnehin nichts. Doch es dient ja vor allem der Entwicklung aller kommenden Elektro-Modelle auf Basis der Neuen-Klasse-Architektur.

Leuchtende Felgen mit Status-Anzeige

Der aktuelle Betriebszustand eines jeden Elektro-Motors wird übrigens über LED-Leuchtstreben in den Felgen angezeigt. Die leuchtenden Farbcodes zeigen: Beschleunigen (grün), Rekuperieren (blau), Bremsen mit der Reibbremse (Orange).

Während das Heart of Joy vor allem für die eben ausführlich beschriebenen fahrdynamisch relevanten Regelungen verantwortlich ist, kümmern sich drei weitere Superhirne an Bord der Neuen Klassen um ganz andere Dinge. Sie sind etwa für das automatisierte und hochautomatisierte Fahren, fürs Infotainment sowie für Basisfunktionen wie Klima & Komfort, Fahrzeugzugang, Innen- und Außenbeleuchtung zuständig.

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Aktive Aero mit mehr als 1200 kg Anpressdruck

Um das Heart of Joy, die Fahrdynamik und das Gesamtfahrzeug richtig unter Leistungsdruck zu setzen, verfügt das Entwicklungsfahrzeug über eine vom Zentralhirn gesteuerte aktive Aerodynamik. Die kann bei hohen Geschwindigkeiten bis zu 1,2 Tonnen Anpressdruck erzeugen und so extrem schnell durch Kurven zirkeln. Dabei entstehen laut BMW so gewaltige Querkräfte, die dreimal der Erdbeschleunigung entsprechen (3 g).  © auto motor und sport