Die Strompreise für Privathaushalte in Deutschland sind in den vergangenen Jahren massiv gestiegen. Das Vergleichsportal Check24 errechnete kürzlich einen Anstieg um rund 26 Prozent in den zurückliegenden fünf Jahren. Auch 2014 wird der Strom wieder teurer werden, garantiert.

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Die Strombörse in Leipzig meldete dagegen erst im Frühjahr 2013 ein neues Rekordtief, trotz Energiewende und angeblich knapper Energie-Ressourcen. So fiel der Preis für die Kilowattstunde Strom erstmals seit rund acht Jahren wieder unter die 4-Cent-Marke. Die Verbraucher mussten zu diesem Zeitpunkt mehr als das Sechsfache berappen. Und die meisten Experten gehen davon aus, dass diese Schere in Zukunft weiter auseinandergeht.

Das Paradoxe an der jetzigen Situation ist: Umso billiger Strom an der Börse gehandelt wird, desto teurer scheint er für den Verbraucher zu werden. Oder täuscht dieses Gefühl?

Ursachen für den Stromanstieg - die EEG-Umlage

Ein wichtiger Grund für den kontinuierlichen Preisanstieg der vergangenen 13 Jahre ist die sogenannte EEG-Umlage, die 2000 im Erneuerbare-Energien-Gesetz festgeschrieben wurde. Diese Umlage berechnet sich aus der Differenz zwischen dem an der Börse erzielten Preis für Wind- und Solarstrom sowie dem garantierten Vergütungssatz für deren Erzeuger, der auf 20 Jahre festgeschrieben wurde.

Die Zahlungen für die EEG-Umlage dürften sich im Jahr 2013 auf rund 23 Milliarden Euro summieren, mit weiter steigender Tendenz. Betrug die Umlage pro Kilowattstunde im Jahr 2000 noch 0,20 Cent, lag sie 2013 bereits bei rund 5,3 Cent. 2014 wird erneut fast ein Cent aufgesattelt, auf dann 6,24 Cent. Bei einem durchschnittlichen Stromverbrauch von 3.500 Kilowattstunden im Jahr fehlen dann pro Monat weitere 3,30 Euro in der Haushaltskasse.

Vergünstigungen für die Industrie

Die rasante Preisentwicklung bedeutet einen Erfolg für den Ausbau der regenerativen Energien - denn je mehr Ökostrom ins Netz eingespeist wird, desto größer ist auch der mögliche Differenzbetrag zur Garantiesumme der Erzeuger, die ausgeglichen werden muss. Neben dem wachsenden Anteil der erneuerbaren Energien und den sinkenden Börsenpreisen gibt es allerdings noch einen dritten Preistreiber: die Industrie. Hier spielen vor allem satte Rabatte für energieintensive Unternehmen eine Rolle, die von den Privathaushalten gegenfinanziert werden müssen. Von den geltenden Ausnahmeregelungen profitieren heute dank politischer Weichenstellungen bereits mehre tausend deutsche Unternehmen.

Die Industrie muss derzeit für den Bezug ihres Stroms durchschnittlich nur etwa die Hälfte des Privatkundenpreises zahlen. Der Grundpreis für die Kilowattstunde ist von 2009 bis heute sogar gesunken, um rund 25 Prozent. Die Mehrwertsteuer, die Privatkunden mit 19 Prozent belastet, fällt bei gewerblichen Kunden nicht beziehungsweise nur als "durchlaufender Posten" an. Die Stromsteuer von gut zwei Cent, die für Privathaushalte erhoben wird, reduziert sich für Unternehmen ab einem bestimmten Verbrauch deutlich, ganz ähnlich wie die EEG-Umlage. Auch die sogenannte Konzessionsabgabe der Kommunen folgt diesem Ermäßigungsmodell. Privatkunden zahlen mit regionalen Abweichungen durchschnittlich 1,8 Cent pro Kilowattstunde, Industriekunden ab 30.000 Kilowattstunden Jahresverbrauch dagegen maximal 0,11 Cent.

Kosten-Komponenten der Stromkosten

Für Privatkunden ist der Preis für die Energieerzeugung, Beschaffung und Lieferung des Stroms ohnehin nur ein schwindender Anteil an den tatsächlich anfallenden Kosten. 2013 dürfte dieser Anteil inklusive des staatlich regulierten Entgelts für die Netznutzung, also für den Aufbau und den Betrieb der Stromnetze, erstmals unter 50 Prozent der Gesamtkosten liegen. Steuern, Abgaben und Umlagen hätten damit erstmals ein Übergewicht erreicht.

Nur die Kosten für die Energieerzeugung und Energielieferung, die vom Stromanbieter inklusive eines Gewinnanteils und den Kosten für die CO2-Emissionsrechte in Rechnung gestellt werden, stehen in direkten Zusammenhang mit dem jeweiligen Preis an der Strombörse. Würden Nachlässe aufgrund sinkender Börsenpreise gewährt, müssten sie sich in diesem Kostenanteil widerspiegeln. In der Praxis ist allerdings auch dieser Anteil am Gesamtbetrag seit 2000 kontinuierlich gewachsen.

Alle anderen Komponenten, deren Preise in einer ständigen Aufwärtsspirale liegen, haben mit dem Börsenpreis nichts oder nur sehr mittelbar zu tun. Und das sind noch weit mehr Positionen, als bisher erwähnt wurden. Neben der Strom- also der Ökosteuer, der EEG-Umlage, der Konzessionsabgabe und der Mehrwertsteuer auf den Gesamtpreis wären da noch die KWK-Umlage zur Förderung von Kraft-Wärme-Anlagen, die Sonderkunden-Umlage zum Ausgleich von Vergünstigungen für die Großindustrie, die Offshore-Haftungsumlage zur Tilgung von Verlusten durch die mangelhafte Anbindung von Offshore-Windparks und ab 2014 dann auch noch die Umlage für abschaltbare Lasten, die für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit bestimmt ist.

Im kommenden Jahr werden die durchschnittlichen Stromkosten eines 3-Personen-Haushalts wohl erstmals die 1.000-Euro-Marke knacken. Verwundern kann dies nicht.

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