- Für börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen, die bestimmte Kriterien erfüllen, gelten ab August strengere Regeln beim Thema Gleichberechtigung.
- Bei mehr als 2000 Beschäftigten und mehr als drei Vorständen müssen sie bei Neubesetzungen darauf achten, dass mindestens eine Frau in der Topetage sitzt.
- Andere börsennotierte oder mitbestimmte Firmen, die nicht unter die Mindestvorgabe fallen, müssen begründen, wenn sie ihren Vorstand ohne Frauen planen.
Ab 1. August müssen börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen mit mehr als 2000 Beschäftigten und mehr als drei Vorständen bei der Neubesetzung in dem Gremium darauf achten, dass mindestens eine Frau in der Topetage sitzt. Laut Recherchen der Prüfungs- und Beratungsunternehmens EY betrifft das aktuell 66 der 160 Unternehmen. Andere börsennotierte oder mitbestimmte Firmen, die nicht unter die Mindestvorgabe fallen, müssen begründen, wenn sie ihren Vorstand ohne Frauen planen.
Solchen verbindlichen Vorgaben zeigten Wirkung und würden einer positiven Entwicklung neuen Auftrieb geben, sagte EY-Experte Markus Heinen. "Fehlt die weibliche Sichtweise in Vorständen und in Führungspositionen, besteht die Gefahr, dass Firmen die Hälfte ihrer potenziellen Kunden nicht richtig im Blick haben oder ihre Produkte und Dienstleistungen an ihnen vorbei entwickeln."
Neue Vorgaben für Frauenanteil in Vorstandsetagen
Im Verlauf des ersten Halbjahres gab es bei den 160 analysierten Unternehmen insgesamt 23 Neubestellungen von Vorständen, neun der neuen Führungsmitglieder waren weiblich, was einem Anteil von 39 Prozent entspricht.
Mit Abstand am stärksten vertreten sind Frauen in der Topetage der 40 deutschen Börsenschwergewichte. Unter den 257 Vorständen fanden sich zum Stichtag den Angaben zufolge 51 Managerinnen - so viele wie nie zuvor. Knapp 20 Prozent der Dax-Vorstandsmitglieder sind weiblich. Deutlich niedriger ist der Frauenanteil in MDax- und SDax-Vorständen, mit jeweils etwa 11 Prozent.
Der EY-Studie zufolge gibt es in der Topetage börsennotierter Unternehmen aktuell so viele Frauen wie nie zuvor. Demnach saßen zum Stichtag 1. Juli 101 Managerinnen in den Vorständen der 160 Unternehmen der Dax-Familie. Das waren fünf Vorstandsfrauen mehr als Anfang des Jahres (Stichtag 1. Januar 2022) und der höchste Wert seit Beginn der Auswertung im Jahr 2013. Das gilt auch für den Frauenanteil, der von 13,5 Prozent auf 14,1 Prozent stieg.
Experte: Freiwilligkeit reicht nicht
Innerhalb von vier Jahren hat sich die Zahl der Top-Managerinnen den Angaben zufolge damit etwa verdoppelt. Dennoch sind viele Vorstände weiterhin eine reine Männerdomäne. Derzeit sind demnach gut die Hälfte (51 Prozent) der Führungsgremien der untersuchten Konzerne ausschließlich männlich besetzt.
In lediglich neun Unternehmen steht eine Frau an der Spitze des Vorstandes, unter anderem beim Pharma- und Chemiekonzern Merck. "Der Frauenanteil in Vorständen und Führungspositionen steigt. Das ist grundsätzlich positiv, das Tempo ist aber relativ langsam", so EY-Experte Heinen. Nach seiner Einschätzung lässt sich der Anteil weiblicher Führungskräfte nicht allein durch Freiwilligkeit steigern. (dpa/okb)
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