Die Sozialversicherungen und staatliche Fonds ächzen unter der Nullzinspolitik der EZB - und Besserung ist nicht in Sicht: Nach einem "Handelsblatt"-Bericht schreibt die Rentenversicherung 2017 wegen der negativen Zinsen deutliche Verluste. Doch nicht nur die Rente ist betroffen. Auch die Bundesagentur für Arbeit und die gesetzlichen Krankenkassen sind von dem Phänomen betroffen, dass sie für ihre Geldanlagen bezahlen müssen, statt Erträge einzufahren.
Die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) belastet nach einem Zeitungsbericht zunehmend Sozialversicherungen und staatliche Fonds. Sie müssen heute für angelegte Gelder Zinsen zahlen statt wie früher Zinsen zu bekommen. So habe die Gesetzliche Rentenversicherung für 2017 erstmals sogenannte negative Vermögenserträge von 49 Millionen Euro ausweisen müssen, schreibt das "Handelsblatt".
"Für das laufende Jahr rechnen wir mit einem negativen Wert in ähnlicher Höhe", schreibt der Leiter des Geschäftsbereichs Finanzen, Wilfried Husmann, in einem Papier, aus dem die Zeitung zitierte.
Banken verlangen Geld für kurzfristige Anlagen
Die Rentenversicherung leidet besonders unter der EZB-Geldpolitik, da sie ihr Geld größtenteils für maximal zwölf Monate und sehr konservativ anlegen muss. Für kurzfristige Anlagen zahlen Banken aber oft keine Zinsen mehr, sondern sie verlangen Geld vom Anleger. So kommt es zu negativen Zinsergebnissen.
Dies bereitet auch anderen Sozialkassen Probleme. Die Rücklage der Bundesagentur für Arbeit wird nach Informationen des "Handelsblatt" bis Jahresende dank Rekordbeschäftigung zwar auf 22,5 Milliarden Euro steigen. Doch trotz der großen Summe könne die Behörde kaum Erträge erwirtschaften: Ihre Zinsbilanz sei 2017 mit 0,01 Prozent immerhin noch leicht im Plus geblieben.
Beim neun Milliarden Euro schweren Gesundheitsfonds fielen dem Bericht zufolge Minuszinsen in Höhe von 4,5 Millionen Euro an. Auch der Pflegevorsorgefonds, der Ende 2017 rund 3,8 Milliarden Euro umfasste, habe Negativzinsen nicht komplett vermeiden können.
Auch gesetzliche Krankenkassen betroffen
Betroffen seien auch die gesetzlichen Krankenkassen. "Allein im ersten Halbjahr sind in der AOK-Gemeinschaft sechs Millionen Euro an Negativzinsen angefallen. Gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum bedeutet dies eine Zunahme um rund 25 Prozent", sagte der Chef des Finanzmanagements beim Bundesverband der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK), Andreas Grein, der Zeitung.
Die Lage habe sich für alle Kassen in den vergangenen Monaten weiter zugespitzt, bestätigte Thomas Thierhoff, der Geschäftsbereichsleiter Finanzen und Controlling bei der Techniker Krankenkasse.
Die EZB hatte Ende 2014 Negativzinsen für Einlagen bei den Nationalbanken eingeführt. So lange die Europäische Zentralbank die Zinsen nicht wieder in den Positiv-Bereich rückt, haben die Sozialkassen mit den Folgen der Negativerträge zu kämpfen.
(szu/dpa/afp) © dpa
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