Wenn ein Land von einer Katastrophe getroffen wird, sind zwei Dinge sicher: Erstens wird die Situation sehr chaotisch sein. Zweitens ist Koordination der Schlüssel zum Erfolg, um schnelle Hilfe für die Betroffenen zu gewährleisten. Ob Erdbeben, Dürre oder Hungersnot - die Zeit arbeitet gegen die Helfer.
Die ersten 72 Stunden nach einer Katastrophe sind entscheidend für die Nothilfe. Während der ersten drei Tage muss die Unterstützung mit Hochdruck und effektiv anlaufen, um Leben zu retten.
Das Büro der UN für Nothilfekoordination (engl. United Nation Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, kurz OCHA) erklärt fünf zentrale Punkte seiner Arbeit, die absolute Priorität haben und entscheidend für den Ausgang einer Mission sind.
Vorbereitung ist alles
Bevor eine Krise überhaupt eintritt, bestehen schon Beziehungen zu dem Land und erste Koordinierungspläne wurden entwickelt. Die UN hat einen sehr guten Überblick zu potentiell gefährdeten Ländern und beginnt bereits früh, eine "Nothilfe-Infrastruktur" aufzubauen.
Hierfür arbeitet die UN mit lokalen und bundesstaatlichen Regierungen, anderen UN-Vertretungen, Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs), der Zivilbevölkerung und privaten Partnern zusammen.
Sie sammelt alle Daten, die hilfreich sein können. Zum Beispiel darüber, welches wohl das größte Risiko ist, das ein Land treffen kann, wer dann am meisten Unterstützung braucht und wo die Hilfsbedürftigen vor allem zu finden sein werden.
So haben die Philippinen beispielsweise ein sehr hohes Risiko, von tropischen Wirbelstürmen heimgesucht zu werden. Afrikanische Regionen sind durch ihre Wetterextreme und politische Lage anfällig für Dürren und Hungerkrisen.
In Äthiopien zum Beispiel wiesen schon früh Warnsignale auf eine Dürre hin, die die Gesundheit der Nutztiere und den Hunger der Menschen erheblich verschlechtern würde. Der Katastrophenhilfefond der Vereinten Nationen gab 18,5 Millionen US-Dollar frei, um früh auf diese potentielle Krise zu reagieren.
Die UN pflegt Listen mit möglichen Spezialisten für den jeweiligen Einsatz und verfügt über einen Pool qualifizierter, trainierter Mitarbeiter, die jederzeit einsatzbereit sind.
Einsatz von qualifiziertem Personal
Innerhalb von Stunden nach Beginn einer Nothilfe-Situation setzt die OCHA qualifiziertes Personal ein. Zum einen stammt dieses aus den Länderbüros, zum anderen aus einem "Bedarfs-Pool". Diese Mitarbeiter sind jederzeit kurzfristig einsatzbereit.
Ebenso stehen Teams aus Nothilfe-Spezialisten zur Verfügung, wie die Katastrophenerkundungs- und Koordinierungsteams der Vereinten Nationen (UNDAC). Diese Teams haben strenge Trainings und Simulationen hinter sich, um sich für den Ernstfall vorzubereiten.
"Wir simulieren Notfall-Bedingungen, damit die Leute ein Gefühl dafür bekommen, was sie erwartet", so Stefania Trassaro von der UNDAC Anlaufstelle in Afrika. "Unsere Message für unsere Angestellten ist: Sei mental stets darauf vorbereitet auszurücken. Sei flexibel. Bewahre dir eine positive Einstellung, aber bereite dich auf das Schlimmste vor. Versuche im Vorfeld so viel wie möglich herauszufinden, wenn du mit den Gegebenheiten nicht vertraut bist. Und vergiss niemals, was du selbst vor Ort brauchst, um gesund und sicher zu sein. Sei es Malaria-Prophylaxe oder Führerschein."
Kennen der Rahmenbedingungen notwendig
In den ersten Stunden der Nothilfe muss die OCHA mit allen wichtigen Partnern, auch der Regierung und allen humanitären Teams vor Ort, zusammenarbeiten und die Auswirkungen beurteilen. Dabei macht sie sich ein Bild darüber, wo die schwersten Folgen sind, wie viele Menschen betroffen und welche in einer sehr kritischen Lage sind.
Sobald diese Basisdaten vorliegen, kann ein detailliertes Bild für jeden Bereich erstellt, Bedürfnisse und Prioritäten festgelegt werden. Dafür nutzt die OCHA verschiedene Mittel wie Haushaltsstudien und Social Media.
Beurteilen der Kapazitäten im Land wichtig
Die OCHA will immer so lokal wie möglich und so international wie nötig vorgehen. Das bedeutet: die internationale Nothilfe greift nur ein, wenn die Ergebnisse damit wesentlich besser sind. Dafür ist ein detailliertes Wissen über die Kapazitäten des Landes und der Region nötig.
Hierzu werden die Kapazität der Regierungen und Partner vor Ort untersucht. Wo gibt es Vorräte im Land, der Region oder international? Wo sind die zentralen Versorgungsrouten? Funktionieren die Märkte noch? Welche Versorgung kann im Land oder in der Region organisiert werden, was muss von außen kommen? Wie ist die Logistik vor Ort, gibt es zum Beispiel gute Straßen und einen funktionierenden Hafen? Welche Barrieren oder Engpässe können eintreten?
Fragen über Fragen, die zum Teil schon in der Vorbereitung gestellt wurden und die immer wieder aktualisiert werden müssen.
Spenden mobilisieren gehört ebenso zur Arbeit
In einer plötzlichen Notlage gibt OCHA idealerweise innerhalb von 24 bis 72 Stunden einen ressortübergreifenden Aufruf heraus und bemüht sich um Spenden innerhalb der ersten 72 Stunden einer Krise.
Hierzu sind Regierungen und NGOs unter höchstem Druck, da sie innerhalb von Stunden Entscheidungen über Spendenbeträge treffen müssen.
Danach wird ein operativer Hilfeplan erstellt, der umreißt, welche Personen was brauchen. Jeder Bereich, Gesundheit, Nahrungssicherung, Wasser und Hygiene, erarbeitet einen ressortübergreifenden Plan.
Humanitäre Vertretungen erstellen zudem einen Reporting-Mechanismus, der verfolgt, wie, wo und wann Unterstützung ankommt und wie sich die Bedürfnisse verändern. Dies ermöglicht Lücken oder "Überversorgung" zu vermeiden.
Den Text im Original finden Sie hier.
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