"Ich möchte mein Pferd aus Angst in Watte packen oder in Luftpolsterfolie. Hauptsache sie ist geschützt und bleibt gesund!" So geht es unserer Autorin Vivien-Sophie Diebold, seit ihr Pferd einen Unfall hatte. Mittlerweile ist Viona völlig gesund – trotzdem gehören Angst und Sorgen für Vivien-Sophie zum Stallalltag.
Es gibt verschiedene Bezeichnungen für meine aktuelle Haltung: Manche nennen es Helikoptermutti, andere bezeichnen es als übervorsichtig, und wieder andere verwenden den Begriff "paranoid". Doch aus meiner Sicht ist diese permanente, unterschwellige Angst um das eigene Pferd nur denjenigen bekannt, die bereits eine beängstigende, gesundheitliche Krise mit ihrem Tier durchlebt haben.
Wenn Angst und Sorge zum Stallalltag gehören
Sätze wie "Ich kann da nicht hinsehen" und "Kannst du bitte kurz schauen, ob sie normal läuft?" gehören oft zum Alltag eines Pferdebesitzers. Angst und Sorge prägen sich tief ein, besonders wenn das Pferd verletzt ist, einen Unfall hatte oder erkrankt. Solche Erfahrungen hinterlassen nicht nur in der Psyche des Pferdes, sondern auch beim Menschen Spuren, die sie oft noch lange Zeit begleiten.
Der Weideunfall: Ein Wendepunkt
Der Weideunfall meiner Stute und die darauffolgenden neun Monate, in denen wir um ihr Leben bangten, haben meinen Blick auf sie grundlegend verändert. Sie so verzweifelt, voller Schmerzen und kraftlos zu sehen, hat meine Gefühle für sie komplett gewandelt. Früher empfand ich Leichtigkeit, Liebe und Freiheit in ihrer Gegenwart, doch nun mischen sich Angst und die ständige Sorge, sie eines Tages zu verlieren, in diese Empfindungen. Alle Emotionen in Bezug auf dieses Lebewesen sind ins Extreme gerutscht, auch die positiven.
Wenn ich sehe, wie sie über den Paddock galoppiert, enge Wendungen macht oder mit anderen Pferden spielt, durchlebe ich ein wahres Gefühlschaos. Oft fange ich an zu weinen, sei es direkt in der Situation oder spätestens am Abend zu Hause, wenn die Eindrücke nachwirken. Dieses emotionale Durcheinander setzt sich aus Glück und Angst zusammen.
Meine Stute ist wieder gesund, doch die Sorge bleibt
Einerseits könnte ich nicht glücklicher sein, dass sie so stabil läuft, genauso viel herumrennt wie vor dem Unfall und wieder mit anderen Pferden zusammen sein darf. Doch andererseits betrachte ich sie dabei und die Angst, sie zu verlieren, war nie präsenter. Jede Bewegung, die sie macht, lässt mich zusammenzucken, und ich mache mir über jeden ihrer Schritte Gedanken.
Mein Blick auf sie und ihr Gangbild ist nun ebenfalls verzerrt. Immer wieder habe ich das Gefühl, dass sie lahmt, wenn ich sie reite oder mit ihr spazieren gehe. In solchen Momenten lasse ich eine neutrale Person überprüfen, ob mein Eindruck der Realität entspricht – doch zum Glück war das bislang nie der Fall.
Eine fragile Wahl
Die Verbindung zu meiner Stute ist eine emotionale Achterbahnfahrt, geprägt von intensiven Höhen und Tiefen. Trotz der ständigen Sorge und der Herausforderungen, die mit der Pflege eines so fragilen Wesens einhergehen, überwiegen für mich die Momente des Glücks und der tiefen Verbundenheit. Sie lehrt mich Liebe, Geduld und Stärke und bereichert mein Leben auf eine einzigartige Weise. Trotz aller Ängste und Zweifel erinnert sie mich immer wieder daran, warum ich mich für sie entschieden habe. © Pferde.de
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