Stehen wir Menschen unter hohem Stress, werden Hormone wie Cortisol und Epinephrin freigesetzt und wir fangen häufig an zu schwitzen. Eine neue Studie zeigt, dass der dabei entstehende Schweißgeruch Hunde beeinflusst – mit spürbaren Folgen für ihr Verhalten.
Dass Hunde Angst riechen können, ist eine weit verbreitete Annahme. Aber wie sieht es eigentlich mit Stress aus? Überträgt er sich vom Menschen auf den Hund? Damit hat sich jetzt eine aktuelle Studie auseinander gesetzt.
Ein hoher Stresslevel bei uns Menschen ist immer auch mit körperlichen Veränderungen verbunden. Wir verspannen uns, bekommen Kopfschmerzen oder Herzrasen oder haben einen erhöhten Blutdruck. Hormone wie Cortisol und Epinephrin werden freigesetzt und wir fangen an zu schwitzen. Forschende der Universität Bristol kommen zu dem Schluss: Hunde riechen das. Und wenn die Fellnasen unsere stressbedingten Schweißausbrüche mit ihrer Supernase erschnüffelt haben, treffen sie infolgedessen häufig pessimistische Entscheidungen.
Für ihre Untersuchungen führte das britische Forschungsteam mit 18 Fellnasen und ihren Besitzern verschiedene Experimente durch. Ziel der Experimente war es, die Frage zu beantworten, wie sich Stressgerüche der Menschen auf den emotionalen Zustand der Hunde auswirken.
Die Ergebnisse der Experimente veröffentlichte die wissenschaftliche Leiterin Dr. Nicola Rooney und ihr Team Ende Juli 2024 in der Fachzeitschrift "Scientific Reports." Das wissenschaftliche Interesse an der Frage begründet Dr. Rooney so: "Das Verständnis dafür, wie sich menschlicher Stress auf das Wohlbefinden von Hunden auswirkt, ist ein wichtiger Aspekt für Hunde in Zwingern und bei der Ausbildung von Begleit- oder Assistenzhunden."
Optimist oder Pessimist: Ist der Napf voll oder leer?
Die insgesamt 18 vierbeinige Probanden waren zwischen acht Monate und zehn Jahre alt. Bei den Rassen handelte es sich um zwei English Springer Spaniel, zwei Cocker Spaniel, zwei Labrador Retriever, zwei Braque d’Auvergne, einen Whippet, einen Golden Retriever, einen Zwergpudel und sieben Mischlingshunde.
In den Untersuchungen brachten die Wissenschaftler den Vierbeinern zuerst bei, dass ein Futternapf an einer bestimmten Stelle immer etwas Fressbares enthielt. Ein Futternapf an einer anderen Stelle war hingegen stets leer. Sobald die Hunde diesen Unterschied erlernt und verinnerlicht hatten, näherten sie sich zügig dem Ort mit dem vollen Napf.
Danach wurde getestet, was passiert, wenn ein dritter oder vierter Futternapf, der dem Vierbeiner bisher unbekannt war, hinzugefügt wurde. Würde die Fellnase Futter in dem neuen Topf erwarten? Näherten sich die Hunde dem neuen Napf schnell, interpretierten die Forschenden dieses Verhalten als "optimistische Entscheidung und als Zeichen für einen positiven emotionalen Zustand." Eine langsame Annäherung wertete das Forschungsteam dagegen als "Zeichen eines pessimistischen und negativ emotionalen Zustands."
Stressgeruch wirkt sich auf das Verhalten der Hunde aus
Danach fügten die Wissenschaftler dem Experiment noch einen weiteren Faktor hinzu: Geruchsproben. Wie würden Gerüche von Menschen die Entscheidung der Hunde beeinflussen?
Erneut wurden den Fellnasen verschiedene Futternäpfe vorgesetzt. Diesmal allerdings in Kombination mit Schweiß- oder Atemproben von gestressten und ungestressten Menschen.
Ergebnis: Das Forschungsteam registrierte, dass der Stressgeruch die Hunde dazu veranlasste, sich langsamer den unbekannten Futterschalen zu nähern, wenn sich dieser in der Nähe eines bekanntermaßen leeren Napfes befindet. Eine Tatsache, die nicht zu beobachten war, wenn die Vierbeiner vorher den Schweiß- und Atemproben von ungestressten Menschen ausgesetzt waren.
Pessimismus als Weg, Enttäuschungen zu vermeiden?
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Stressgeruch bei den Hunden die Annahme verstärkt hat, dass die neue Schale eh kein Futter enthält. Die Forschenden vermuten, dass diese pessimistische Erwartung einen negativen emotionalen Zustand widerspiegelt. Außerdem könnte das auch ein Weg für die Fellnase sein, Energie zu sparen und Enttäuschungen zu vermeiden.
Die wissenschaftliche Leiterin Dr. Rooney erklärt: "Hundebesitzer wissen, wie sehr ihre Haustiere auf ihre Emotionen reagieren. Aber wir zeigen hier, dass selbst der Geruch eines gestressten und unbekannten Menschen den emotionalen Zustand eines Hundes, die Wahrnehmung von Belohnungen und seine Lernfähigkeit beeinflusst. Hundeführer beschreiben oft, dass Stress über die Leine übertragen wird, aber wir haben gezeigt, dass er auch über die Luft übertragen werden kann."
Da liegt etwas in der Luft: Hunde riechen Stress
Zwar ist die Studie mit nur 18 vierpfotigen Probanden alles andere als repräsentativ. Doch zeigt sie eines: Liegt Stress in der Luft, sind Fellnasen nicht nur dazu in der Lage, diese Anspannung zu erschnüffeln, er wirkt sich auch negativ auf ihr emotionales Verhalten aus.
Hunde können also Stress riechen. Auch Krankheiten wie Diabetes, Krebs, Malaria, Parkinson und Corona können die Vierbeiner mit ihrer Supernase erkennen. Als Assitenzhunde helfen sie unter anderem Menschen mit Epilepsie. Wusstest Du, dass Hunde sogar Verwandtschaft unter Menschen erschnüffeln können? Sie haben sogar einen Riecher für schlechte Menschen. © Deine Tierwelt
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