Ihre große Liebe gehört den Quarter Horses. Dass sie einmal einen echten Star in ihrem Stall haben würde – das hat Anita Hetzer jedoch nicht geahnt. pferde.de sprach mit ihr über die besondere Ruhe, die Besucher bei ihr finden, warum sie nicht wie in Filmen reitet, was Terence Hill für sie bedeutet und wie ein TV-Star auf vier Hufen seinen Ruhestand erlebt…

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Mit elf Jahren saß sie zum ersten Mal im Sattel, schnell schlug ihr Herz fürs Westernreiten. "Ich habe als Kind Western geliebt", erinnert sich Anita Hetzer lachend. Damals stand für sie auch schon fest, was sie einmal machen will. "Ich weiß noch, dass ich einmal Fahrrad fuhr und dachte ‚ich hab‘ später einen Pferdehof‘", erinnert sie sich. Und der würde natürlich wie eine Western-Ranch sein…

Und so war es kein Wunder, dass ihr erstes eigenes Pferd natürlich ein Quarter Horse sein sollte. "Es wurde damals direkt aus den USA importiert", sagt Hetzer. Warum sie diese Rasse so liebt? "Ich bewundere ihre Gelassenheit. Dabei sind sie aber auch sehr athletisch. Wenn sie eine Aufgabe haben, sind sie da und hellwach. Ist der Job erledigt, fahren sie sofort wieder runter."

Schnell folgte das nächste Pferd und 2005 ging ihr Traum in Erfüllung und sie gründete die "Grace Valley Ranch". Mit den alten Westernfilmen hat ihr Leben jedoch nichts zu tun. "Wir reiten auch anders. In den Filmen ging es um Action, die Pferde waren oft gestresst", erklärt Hetzer. Wer das will, ist bei ihr falsch. "Unsere Pferde werden gebisslos geritten. Und die Schülerinnen und Schüler lernen von Anfang an, die Sprache der Pferde zu sprechen." Bei ihr gibt es keine Gerte, keine Sporen. "Die Menschen lernen, mit dem Körper zu reiten."

Reiten als Oase im Alltag

Und noch etwas finden Besucher bei ihr: Ganz viel Ruhe. "Die Reitschule soll eine Oase in der Hektik im Alltag sein. Die Menschen sollen ankommen und wissen: Hier können wir abschalten! Jetzt ist nichts anderes mehr wichtig – außer der Arbeit mit den Pferden", sagt Hetzer. Ein Konzept, das ankommt: Mehr als 100 Reitschüler hat sie, 23 Pferde gehören zur Ranch, davon sind 18 Schulpferde. Unter ihnen ist auch ein echter Star auf vier Hufen: Joe Brown, 21 Jahre alt. Der Wallach ist seit sechs Jahren bei ihr. "Er wurde mir von Luis Kompatscher angeboten." Von dem Südtiroler bekommt sie viele Pferde. Dass Joe Brown etwas Besonderes ist, das erfuhr sie sofort.

Die Reitschule soll eine Oase für Reiter sein.
Die Reitschule soll eine Oase für Reiter sein. © Foto: privat

"Er war das Pferd von Terence Hill", erzählt Hetzer. Der Schauspieler brauchte für die italienische Serie "Die Bergpolizei – ganz nah am Himmel" ein Pferd. "Und Luis brachte ihm zwei vorbei. Terence Hill ist sie Probe geritten und hat sich dann für Joe Brown entschieden." Warum? Da kann Hetzer nur Vermutungen anstellen. "Ich glaube, weil er so entspannt ist. Und er ist total bequem."

Pferd Joe Brown von Terence Hill hat selbst Schauspieltalent

Dass Joe Brown mit der Tochter von Kompatscher auch die Europameisterschaft im Reining gewonnen hat – das war für Hetzer zweitrangig. "Ich mochte früher die Filme von Terence Hill. Und er sieht doch einfach toll aus", sagt sie lachend. So kam Joe Brown zu ihr. Der erste Blick auf ihn? "Ich war wirklich gespannt auf ihn. Aber ganz ehrlich: Er ist nicht so eine extreme Schönheit", so Hetzer. Was ihr trotzdem sofort auffiel: "Er hat ganz viel Ausstrahlung." Heute schwört sie auf den Wallach. "Er ist wirklich einmalig. Er hat einen ganz tollen Charakter, ist unheimlich freundlich."

Dabei fand er sein Leben als Schulpferd zuerst wohl nicht so toll. "Er hat damals immer so ein bisschen in der Reitstunde gehumpelt. Wir haben ihn komplett durchchecken lassen, nichts gefunden." Heute glaubt sie: "So wollte er uns damals sagen: ‚Das geht so nicht’". Dann muss Hetzer lachen: "In ihm steckt wohl auch ein kleiner Schauspieler…"

Vom Europameister zum Therapeuten auf vier Hufen

Dass er ein Star auf vier Hufen ist – das ist Joe Brown heute völlig egal. Längst liebt er die Reitstunden, entspannte Ausritte und vor allem die Zeit in seiner Herde. "Er ist ziemlich ranghoch, kann sich gut durchsetzen", sagt seine Besitzerin. Dann zeige der Wallach auch, was in ihm steckt. "Auf der Weide wird er manchmal noch zum wilden Zweijährigen, mit Steigen, Bocken und allem, was dazu gehört." Dann kommt auch der Europameister in ihm durch und er zeigt stolz seine "reining fast spins".

Dabei kann Joe Brown auch ganz anders sein: ruhig und vorsichtig. Deshalb setzt Hetzer ihn auch für Menschen mit einem Handicap ein. "Ich hatte einen Reitschüler, der nach einem Hirnschlag halbseitig gelähmt war. Joe Brown hat auf ihn total aufgepasst, der Mann hat vor Glück gestrahlt – das war ein ganz besonderer Moment", erinnert sie sich.

Zur Filmmusik von Terence Hill galoppieren

Dass Joe Brown heute bei ihr ist, "darauf bin ich schon ein bisschen stolz", sagt Hetzer. Es könne durchaus auch mal von Vorteil sein: "Einmal war der Tierarzt da, um ihm die Zähne zu machen. Als er hörte, dass schon Terence Hill auf diesem Pferd saß, hat er uns die Kosten erlassen." Auch die Eltern ihrer Reitschüler seien begeistert, so die Westernreitakademie-Gründerin. "Ihnen sagt der Name Terence Hill noch etwas. Die Kinder wissen damit meist erst einmal nichts anzufangen." Doch das ändere sich schnell. Dann könne es vorkommen, dass die Kinder auch mal zur Filmmusik von Terence Hill durch die Halle galoppieren.

Ansonsten genießt Joe Brown sein Rentnerleben. "Er bekommt wie alle Senioren Mash, vor der Reitstunde geht es ins Solarium, um die Muskeln aufzuwärmen", sagt Hetzer. Auf Turniere nimmt sie ihn nicht mit: "Er hat genug geleistet." Dabei nimmt Hetzer oft an Turnieren teil und reitet dann auch in der Königsdisziplin, dem Reining. In diesem Jahr will sie sich mit ihrer Stute GVR Chosen Kid für die Deutsche Meisterschaft qualifizieren. "Ich habe sie als Fohlen bekommen, sie war zuerst schwierig." Was half? Geduld – und viel Zeit. "Heute, mit 15 Jahren, ist sie zwar schon eher ein Turnier-Oldie. Aber ich spüre: Jetzt ist sie so weit. Jetzt können wir es schaffen."

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Den Pferden die Zeit geben, um anzukommen – das ist Hetzer wichtig. Sie bekommt oft Pferde, die eine Vorgeschichte haben. "Ich mag einfach supersensible, quirlige Pferde", erklärt sie. "Manchmal sind sie über die Uhr gedreht. Bei uns lernen sie dann erst einmal wieder das Durchatmen. Und das Vertrauen zu den Menschen. Denn das haben sie verdient. Sie geben uns so viel – da können wir ihnen auch viel zurückgeben."  © Pferde.de

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