Der zufällige Fund auf Omas Dachboden oder auf dem Flohmarkt sieht nach einem Original aus: Handelt es sich um eine wertvolle Antiquität oder doch nur Trödel? Zwei Experten erklären, wie verkaufswillige Laien am geschicktesten vorgehen.
Ein filigranes Schmuckstück, ein verstaubtes Gemälde, eine uralte Kommode, ein geblümtes Geschirrservice: Beim Ausmisten und auf Flohmärkten finden sich oft alte Stücke, die Laien ins Grübeln bringen. Antiquität? Original? Wertvolle Kunst?
"Um das zu erkennen, braucht es ein geschultes Auge, das wahnsinnig viel gesehen hat und in sämtlichen Museen unter die Tische gekrabbelt ist", sagt der Münchner Antiquitätenhändler Eric Meletta im Gespräch mit unserer Redaktion.
Alter, Hölzer und Restaurierungen sind wichtig
Als Antiquität gilt ein Möbelstück erst, wenn es mindestens 100 Jahre alt ist. Aber das Alter allein macht es noch nicht wertvoll.
"Man muss die Stilrichtungen erkennen, die dafür typischen Holzarten, die üblichen Verzierungen und wie viel an dem Objekt restauriert wurde", erklärt Meletta, der auch im Vorstand des deutschen Kunsthändlerverbandes ist.
Eine schwierige Aufgabe für jemanden, der nicht vom Fach ist. "Doch auch Laien können wertvolle Antiquitäten und Kunstwerke erkennen", ist sich Almut Wagner sicher. Die Kunst- und Antiquitätenhändlerin ist auf historischen Schmuck spezialisiert.
Dinge von Wert hätten immer eine spezielle Ausstrahlung, und um diese wahrzunehmen, brauche es keine spezifische Bildung, glaubt Wagner. "Es ist eine Frage des Gespürs. Man muss sensibel sein, den Blick fürs Schöne haben und seinem Bauchgefühl trauen", sagt die diplomierte Künstlerin.
Einen Schnell-Check gibt es ihrer Erfahrung nach nicht, doch wer folgende Dinge beachtet, kommt schon einen großen Schritt weiter - vor dem Anruf oder Besuch beim Experten.
So erkennen Sie antike Möbel
- Kanten und Rücken sind meist ungleichmäßig, glatt und weich. Scharfe Kanten und Ecken sowie glatte Sägeflächen sind selten, da erst ab 1840 Kreissägen benutzt wurden. Die Verarbeitung ist meist handwerklich aufwändig.
- Signaturen berühmter Werkstätten oder Möbelschreiner steigern den Wert.
- Welche Hölzer wurden verwendet? In der Biedermeier-Zeit beispielsweise war es meist Kirschholz, in der Stilphase des Empire oft Mahagoni, Barockmöbel sind oft aus kostbaren Hölzern wie Nussbaum oder Rosenholz.
- Wie authentisch ist der Zustand? Das Stück sollte möglichst zwischen 80 und 90 Prozent original sein, und nicht aus verschiedenen Möbelteilen zusammengesetzt, umgebaut oder "überrestauriert" sein.
Erkennungszeichen von historischem Schmuck
- Echter Antikschmuck ist zu 100 Prozent handgefertigt, was ihn von moderner Massenware abgrenzt. Damals wurden nur hochwertige Materialien verwendet, die fein und gewissenhaft verarbeitet wurden.
- Material: Hat der Schmuck einen eindeutigen Prägestempel, der Auskunft über den Feingehalt des Edelmetalls gibt?
- Eingravierte Monogramme liefern Hinweise auf das Herstellungsdatum - der Stil der Buchstaben kann auf eine bestimmte Epoche hindeuten.
- Edelsteine: Wertvolle Steine sind passgenau in das Schmuckstück eingefasst und keinesfalls eingeklebt. Künstliche Perlen, die glatt sind und oft die gleiche Größe und Form haben, von echten Perlen zu unterscheiden, mag dem Laien noch gelingen. Doch ob es sich bei Edelsteinen um Imitate oder Fälschungen handelt, erkennt nur der Fachmann.
- Ein eingraviertes Datum muss nicht das Herstellungsdatum angeben: Familienerbstücke wurden häufig erst später zu Gelegenheiten wie Hochzeit oder Gedenktag mit einem Datum versehen.
Nicht jedes alte Geschirr ist wertvoll
- Porzellan oder weniger wertvolle Keramik aus Tonerde? Entscheidend ist die Lichtdurchlässigkeit: Hochwertiges Porzellan ist leicht lichtdurchlässig, Keramik aus Tonerde nicht.
- Hersteller: Anhand des Markenzeichens kann man ungefähr einschätzen, aus welcher Zeit das Porzellan stammt.
- Ein Goldrand ist nicht unbedingt ein Anzeichen dafür, dass das Porzellan wertvoll ist. Bestimmte Muster auf altem Porzellan hingegen schon - wie das bekannte Zwiebelmuster auf Meißner Porzellan.
Teure Kunst von Ramsch unterscheiden
- Gemälde oder Reproduktion: Kunstdrucke sind meist weniger wert als Gemälde. Dazu die Bildoberfläche prüfen: Gemälde sind auf einer Leinwand gemalt, Pinselstriche sind fühlbar.
- Ist eine Signatur vorhanden? Meist links oder rechts unten auf dem Bild oder auf der Rückseite.
- Ist eine Skulptur signiert oder gestempelt? Sehr gut, dann lässt sich auch der Bildhauer herausfinden. Skulpturen lassen sich nach Erfahrung von Antiquitätenhändler Eric Meletta besser verkaufen als antike Möbel.
So erzielen Sie den besten Preis für Ihre Antiquität
Generell gilt: Wer sein Fundstück verkaufen will, sollte immer einen Experten zu Rate ziehen, um eine seriöse Schätzung zu erhalten.
Almut Wagner empfiehlt arrivierte Auktionshäuser oder sich unverbindlich bei einem Kunsthändler erklären zu lassen, was man habe. Antiquitätenhändler Eric Meletta verlangt für eine erste Einschätzung nichts, wenn ihm ein Foto des Objekts gemailt wird.
Der Deutsche Kunsthändlerverband vermittelt Kontakt zu örtlichen Händlern, die Schätzungen und Bewertungen abgeben. Unabhängige Kunstvermittlungen arbeiten für eine geringe Kommission.
Auch auf Websites wie www.schaetze24.de kann man sein Objekt mithilfe von Bildern und Angaben schätzen lassen und mit anderen vergleichen.
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