Seit die Zinsen für Hauskredite – und in manchen Regionen auch die Immobilienpreise – leicht gesunken sind, denken wieder mehr Menschen darüber nach, ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen. Doch oft sind die Zinsen im Angebot der Bank höher als gedacht. Vier Punkte, die Sie checken sollten, um an die besten Konditionen zu kommen.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Ulrike Sosalla dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Meine Eltern sind in einem kleinen Ort im Saarland aufgewachsen und manchmal erzählte meine Mutter mir von dem Tante-Emma-Laden, den es in ihrem Dorf gab, als sie jung war. Die Inhaberin kannte jeden und jeder kannte sie. Mit einem Teil der Kundschaft sang sie im Kirchenchor, die anderen traf sie auf der Straße oder beim Metzger. Was mir als Großstadtkind besonders exotisch vorkam: Die Preise in dem Laden waren nicht fest.

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Je nachdem, wer gerade vor ihr stand, drehte die Besitzerin, die tagein, tagaus an der Kasse stand, ein bisschen nach unten oder nach oben. Der Gymnasiallehrer mit dem Beamtengehalt? Zahlt den vollen Preis. Die junge Mutter mit vier Kindern und dem arbeitslosen Mann? Zahlt ein bisschen weniger, außer für den Schnaps, der kostet den normalen Preis. Ganz praktische soziale Marktwirtschaft, aber auch ein faszinierendes Beispiel für flexible Preismodelle, die sich dem Bedarf anpassen.

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Kürzlich musste ich an diese alte Geschichte denken, denn etwas Ähnliches gibt es auch heute noch – und zwar da, wo ich es am wenigsten vermutet hätte: bei Banken. Wenn es um einen Kredit für Hausbau oder Wohnungskauf geht, sehen sich die Kreditinstitute ihre Kunden ganz genau an und kalkulieren den Zinssatz individuell. Das ist der Grund, warum viele Menschen enttäuscht sind, wenn sie im "Finanztest"-Zinsvergleich ein Darlehen für 3,03 Prozent entdecken, die Bank von ihnen aber deutlich mehr verlangt.

Es gibt aber Wege, sich dem besten verfügbaren Zinssatz anzunähern:

Mehrere Angebote einholen

Der wichtigste Tipp: Holen Sie mehrere Angebote ein, eines davon von einem Kreditvermittler. Auf diese Weise bekommen Sie einen guten Überblick, welche Zinsen für Ihren speziellen Fall derzeit realistisch sind. Achten Sie darauf, bei jeder Anfrage exakt die gleichen Rahmenbedingungen anzugeben, was Kreditsumme, Dauer der Zinsbindung und sonstige Eckdaten angeht. Nur dann sind die Angebote vergleichbar.

Möglichst viel Eigenkapital zusammenkratzen

Leichter gesagt als getan, werden Sie jetzt denken. Aber dieser Punkt ist tatsächlich wesentlich für die Einstufung der Kreditwürdigkeit. Alle, die 40 Prozent des Kaufpreises der Traumimmobilie bereits mitbringen, bekommen für den Kredit deutlich günstigere Konditionen als die, die nur zehn Prozent (oder noch weniger) selbst beisteuern können.

Achtung: Bei diesem Eigenanteil sind die Kaufnebenkosten wie Makler und Grunderwerbssteuer nicht enthalten – sie müssen noch zusätzlich vom vorhandenen Geld bezahlt werden.

Es kann sich daher lohnen, alle Geldquellen anzuzapfen, um wenigstens auf ein Eigenkapital von zehn Prozent des Kaufpreises zu kommen. Wer weniger Eigenkapital mitbringt, muss erfahrungsgemäß deutliche Aufschläge bei den Zinsen zahlen.

Nachfinanzierung vermeiden

Ein Punkt, der mich überrascht hat: Meist sind Kredite über 200.000 oder 300.000 Euro günstiger als unter 100.000 Euro. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass es sinnvoll ist, die gesamte Kreditsumme auf einmal aufzunehmen und Nachfinanzierungen zu vermeiden.

Wer selbst baut, sollte versuchen, so zu kalkulieren, dass kleinere Unwägbarkeiten nicht gleich einen erneuten Gang zur Bank nötig machen. Wird ein Teil der Kreditsumme nicht benötigt, ist häufig eine Sondertilgung möglich. Zusätzlich kann es sich lohnen, zu prüfen, ob ein KfW-Förderprogramm infrage kommt.

Sondertilgungsrechte und flexible Kreditraten überprüfen

Apropos Sondertilgung: Diese Möglichkeit, einen Teil des Kredits außer der Reihe zurückzuzahlen, lassen sich manche Banken teuer bezahlen, während sie bei anderen inbegriffen sind. Hier lohnt es sich, vor der Unterschrift das Kleingedruckte zu lesen. Bei vielen Instituten ist einmal im Jahr eine Sondertilgung von fünf oder zehn Prozent der Kreditsumme ohne Aufpreis möglich. Wer noch flexibler sein möchte, muss häufig mit einem Aufschlag rechnen.

Noch ein Tipp: Manchmal suchen Kreditberater noch aus anderen Gründen nicht den allergünstigsten Kredit für ihre Kunden heraus. Etwa wenn jemand für einen Hauskauf schnell Geld braucht, das günstigste Angebot aber eine Bearbeitungszeit von mehreren Wochen hätte. Fragen Sie nach, wenn Sie das Gefühl haben, dass der Zinssatz höher ist als gedacht. Gute Berater machen transparent, warum Sie zu einem bestimmten Kredit raten und zeigen Ihnen am Bildschirm, welche Angebote es gibt und was deren Vor- und Nachteile sind.

Ganz wie früher auf dem Dorf zählen auch Lage des Hauses, Einkommen und Beruf bei der Höhe des Zinssatzes mit. Selbstständige zahlen meist mehr als Beamte, zwei Gutverdiener haben bessere Chancen auf einen niedrigen Zinssatz als eine Familie mit nur einem Einkommen. Allerdings hat man wenig Chancen, Beruf oder Einkommen mal eben zu ändern und mit dem Bankberater gemeinsam im Kirchenchor sind auch die wenigsten.

So gesehen bin ich doch froh, dass die meisten Preise heute fest sind und nicht von der gesellschaftlichen Stellung oder gar der Laune des Geschäftsinhabers abhängen. Einen Immobilienkredit braucht man, wenn überhaupt, vornehmlich nur einmal im Leben – da lässt sich ein bisschen Aufwand für eine gründliche Vorbereitung verschmerzen.

Über die Autorin

  • Ulrike Sosalla ist stellvertretende Chefredakteurin von "Finanztest" und damit ausgewiesene Fachfrau für Finanzfragen. Das Verbrauchermagazin "Finanztest" gehört zur Stiftung Warentest, die seit 30 Jahren Finanzdienstleistungen testet. Test.de und "Finanztest" sind komplett anzeigenfrei und gewährleisten damit absolute Unabhängigkeit gegenüber Banken, Versicherungen und der Industrie. Die Newsletter der Stiftung Warentest können Sie hier abonnieren.

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