Ein früher Rentenstart ist verlockend, aber teuer. Die Rente mit 63 oder 64 Jahren ist oft deutlich niedriger als mit 67. Mit guter Planung kann sich der frühe Rentenstart trotzdem auszahlen. Welche drei Punkte Sie berücksichtigen sollten.
Manche Freunde und Verwandte, die die 60 erreichen, bekommen diesen verträumten Blick, wenn sie von den kommenden Jahren sprechen. "Noch drei, vier Jahre, dann …", setzen sie an und geraten ins Schwärmen. "Dann", das ist nach dem Start in die Frührente, wenn sie noch einmal einen Traum umsetzen wollen, oder auch zwei oder drei.
Den Garten genießen, statt jeden Tag mit Rückenschmerzen im Laden zu stehen. Elbe oder Donau entlangfahren, ohne an die Massen von E-Mails zu denken, die nach der Rückkehr warten. Zeit mit den Enkeln verbringen, solange es noch geht. Die langersehnte Tour durch Thailand – es gibt so viele Träume, wie es Menschen gibt.
Doch über diesen Träumen hängt bei den meisten eine dunkle Wolke: Was, wenn das Geld nicht reicht? Wie bekomme ich heraus, ob ich mir den Traum überhaupt leisten kann – und ob es schon mit 63 oder eher mit 64 oder 65 klappt?
Bei "Finanztest" haben wir die wichtigsten Checkpunkte zusammengetragen, die nötig sind, um diese Fragen zu beantworten. Und wir haben für zwei Modellfälle durchgerechnet, wie viel geringer die Rente mit 63 oder 64 Jahren ausfällt, was davon an Steuern und Sozialabgaben abgeht und was ein Nebenjob nach Steuern einbringt.
Checkpunkt 1: So stark sinkt die Rente
Wer früher in Rente geht als zur Regelaltersgrenze – die ab Jahrgang 1964 bei 67 Jahren liegt -, muss Einbußen hinnehmen. Wie hoch die ausfallen, hängt vor allem davon ab, wie früh Berufstätige in den Ruhestand starten und ob auf ihre Frührente Abschläge anfallen oder nicht.
Am besten sind diejenigen dran, die schon zwei Jahre vor ihrer Regelaltersgrenze auf 45 Beitragsjahre kommen. Für sie werden keine Abschläge fällig. Ihre Frührente – die frühestens ab 64 oder 65 möglich ist - fällt nur deswegen etwas niedriger aus als die reguläre Rente, weil ihnen zwei Jahre Beitragszahlung fehlen.
Meine Erfahrung im Verwandtenkreis: Viele, die mit 16 angefangen haben zu arbeiten, nehmen liebend gern diese zwei Jahre mehr Rente, auch wenn sie dafür etwas weniger Geld haben. Für unseren Modellfall, ein 1961 geborener Mann, der 45.358 Euro brutto verdient, heißt das: Seine gesetzliche Bruttorente sinkt um 79 Euro monatlich. Statt bei 1.910 Euro liegt sie bei unserem Frührentner bei 1.831 Euro monatlich.
Anders sieht es bei 35 Beitragsjahren aus. Hier ist die Rente ab einem Alter von 63 Jahren möglich. Doch für jeden Monat, den Beschäftige früher in Ruhestand gehen, gibt es einen Abzug von 0,3 Prozent – und das summiert sich schnell zu einem nennenswerten Betrag. Wer die Rente um vier Jahre vorzieht, muss damit klarkommen, dass die bis dahin erworbenen Rentenansprüche um 14,4 Prozent gekürzt werden.
Für die Gutverdienerin im "Finanztest"-Modellfall heißt das: Statt einer regulären Monatsrente von 2.551 Euro brutto, die sie mit 66 Jahren und sechs Monaten bekäme, erhält sie bei der Rente mit 63 nur 2.049 Euro. Das sind stolze 502 Euro weniger pro Monat. Wer zusätzlich privat oder über die Firma vorgesorgt hat, muss auch hier genau rechnen, denn auch Riester- und Betriebsrente fallen niedriger aus.
Arbeitet unser Modellfall noch bis zu einem Alter von 64,5 Jahren, ist die Einbuße nur halb so hoch wie bei der Rente mit 63: Hier bleiben 2.258 Euro Bruttorente.
Für potenzielle Frührentner heißt das: Die Frage ist nicht nur, ob man sich den vorgezogenen Ruhestand leisten kann und will - sondern auch wann genau.
Checkpunkt 2: Kranken- und Pflegeversicherung – damit müssen Sie rechnen
Eine weitere Sorge vieler angehender Rentnerinnen und Rentner ist die Frage, was von der Bruttorente am Ende wirklich zum Leben übrigbleibt. Wie beim Gehalt gibt es auch hier Abzüge. Renten- und Arbeitslosenversicherung fallen zwar weg, aber Kranken- und Pflegeversicherung müssen weiterhin bezahlt werden – ein Punkt, den viele unterschätzen.
Die meisten Rentner sind in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Grob gesagt trifft das zum Beispiel für alle zu, die während ihres gesamten Berufslebens gesetzlich versichert waren. Wer am Ende seines Berufslebens privat versichert ist, bleibt das auch im Ruhestand – der Weg in eine gesetzliche Krankenkasse ist ab 55 Jahren nur noch in seltenen Ausnahmefällen möglich.
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Für pflichtversicherte Rentnerinnen und Rentner gilt: Sie zahlen auf ihre gesetzliche Rente Beiträge für Kranken- und Pflegekasse. Bei der Krankenkasse ist das die Hälfte des Beitragssatzes – also beispielsweise 8,15 Prozent (bei einem Kassenbeitragssatz von 16,3 Prozent). Hinzu kommen für Kinderlose 4 Prozent für die Pflegeversicherung, für Menschen mit Kindern höchstens 3,4 Prozent – wer noch Kinder unter 25 Jahren hat, zahlt weniger.
Das heißt für den kinderlosen Modellfall: Von einer Rente von 1.549 Euro gehen 188 Euro für die beiden Sozialversicherungen ab – es bleiben 1.361 Euro übrig.
Privatversicherte müssen mit höheren Zahlungen kalkulieren, denn die Beiträge steigen mit dem Alter. Wer sich seinen gewohnten Tarif nicht mehr leisten kann, kann mit seiner Versicherung über den Wechsel in einen Basistarif sprechen.
Checkpunkt 3: Steuern auf die Rente
Und dann sind da noch die Steuern. Seit einigen Jahren wird für jeden neuen Rentnerjahrgang ein größerer Anteil der Rente steuerpflichtig. Wer 2024 in Ruhestand geht, muss 83 Prozent seiner gesetzlichen Rente versteuern, im Jahr 2028 sind es 85 Prozent.
Für den Modellfall mit 1.549 Euro Frührente heißt das: Von seiner Jahresrente von 18.588 Euro sind 15.428 Euro steuerpflichtig. Wie viel Steuern er am Ende zahlt, hängt von seinen anderen Einnahmen ab, denn das Finanzamt rechnet alles zusammen.
Die gute Nachricht ist: Wer eine niedrige Rente hat und sonst keinerlei Einnahmen bezieht, zahlt darauf keine oder nur geringe Steuern. Zur Orientierung: Eine Rente von rund 1.300 Euro oder weniger war 2023 steuerfrei.
Wer mehr Rente erwartet, kann mit dem kostenlosen Rentensteuer-Rechner die Höhe der Abzüge grob abschätzen. Steuerfrei bleibt für Rentner übrigens ein Minijob bis 538 Euro im Monat. Damit lassen sich die Abschläge wenigstens ein paar Jahre lang ausgleichen – damit dem Traum von der Frührente nichts mehr im Weg steht.
Über die Autorin
- Ulrike Sosalla ist stellvertretende Chefredakteurin von "Finanztest" und damit ausgewiesene Fachfrau für Finanzfragen.
- Das Verbrauchermagazin "Finanztest" gehört zur Stiftung Warentest, die seit 30 Jahren Finanzdienstleistungen testet. Test.de und "Finanztest" sind komplett anzeigenfrei und gewährleisten damit absolute Unabhängigkeit gegenüber Banken, Versicherungen und der Industrie. Die Newsletter der Stiftung Warentest können Sie hier abonnieren.
Verwendete Quellen
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