Sich um die eigene Altervorsorge zu kümmern, ist vernünftig, aber unsexy. Die meisten reden sich – wie ich auch - geschickt heraus. Erst ist man dafür zu jung, dann zu beschäftigt und dann plötzlich schon zu alt. Dass ich mich trotzdem motiviert habe, hat mit Igeln zu tun.
Viele Menschen schleichen um das Thema Altersvorsorge herum wie um einen wütenden Igel. Begriffe wie Grundrente, Rentenpunkte, Anwartschaften, Erziehungszeiten, Fondspolicen, Lebensversicherung ragen einem abschreckend wie Stacheln entgegen.
Wäre es nicht eine Erleichterung, zu wissen, was mich im Rentenalter erwartet? Selbst wenn das Ergebnis ernüchternd ausfällt: Immerhin weiß ich dann, woran ich bin, und kann vielleicht noch etwas tun. Apropos tun oder nicht tun, ich muss da immer an meinen Vater denken, der auf die Frage nach der Altersvorsorge genüsslich an seiner filterlosen Zigarette sog und zum Entsetzen der Anwesenden etwas knurrte wie: "Bis dahin bin ich sowieso tot." Er hat -glücklicherweise - nach Rentenbeginn noch 21 Jahre gelebt. So kann man sich täuschen.
Nach dieser Erfahrung habe ich mir geschworen, dass ich mich rechtzeitig um meine Altersvorsorge kümmere. Wirklich geklappt hat das allerdings erst, nachdem ich dem Igel die Stacheln gezogen und die vielen abschreckenden Begriffe geordnet hatte.
Sehr erhellend war für mich die Erkenntnis, dass Altersvorsorge in Deutschland auf drei Säulen ruht:
- gesetzliche Rente
- betriebliche Altersvorsorge
- private Altersvorsorge
Hat man das im Hinterkopf, sortieren sich die vielen Begriffe fast von selbst. Einen ersten Überblick, was wohin gehört, liefert "Finanztest" hier.
Die gesetzliche Rente (oder bei Selbstständigen die Basisvorsorge) bildet die erste und tragende Säule. Darauf kommt – je nach Arbeitgeber – eventuell eine betriebliche Altersvorsorge und zusätzlich oder stattdessen eine private Vorsorge. Davon später mehr, noch sind wir bei der ersten Säule.
Gesetzliche Rente: Was kann ich erwarten?
"Ich bekomm ja später eh nix raus", ist zwar eine weit verbreitete Ansicht, aber noch keine Altersvorsorgestrategie. Erster Schritt daher: Ab Mitte 30, Anfang 40 zur Rentenberatung, um checken zu lassen, wie es wirklich aussieht. Auch später im Leben lohnt sich die Beratung. Spätestens mit Mitte 50 sollte man hin, sonst wird es zu spät, um mögliche Lücken noch zu füllen.
Wie eine Rentenberatung funktioniert und wie man sich am besten vorbereitet, hat "Finanztest" im neuen Praxistest zusammengetragen. Für Baden-Württemberger gibt es ein besonders empfehlenswertes Angebot: eine Videoberatung, bei der sich die Berater nicht nur die gesetzliche Rente anschauen, sondern alle drei Standbeine, also auch die betriebliche und private Vorsorge. Unser Ergebnis: Die Beraterinnen und Berater machen das ziemlich gut.
Auch die anderen Rentenversicherungsträger bieten in ihren Regionen zum Teil eine solche Intensivberatung an. Meist aber nicht per Video, sondern vor Ort.
Die wacklige Säule der betrieblichen Altersvorsorge
Leider immer dünner geworden ist die zweite Säule: die Altersvorsorge über die Arbeitgeber. Eine klassische Betriebsrente, bei der nur die Firma Beiträge anlegt, um den Angestellten später eine Rente zu zahlen, gibt es immer seltener.
Zum Glück gibt es eine zweite Option: Bei der sogenannten Entgeltumwandlung sparen Beschäftigte mit eigenen Beiträgen über den Betrieb. Darauf haben sie sogar einen gesetzlichen Anspruch. Das lohnt sich vor allem, wenn das Unternehmen deutlich mehr als die vorgeschriebenen 15 Prozent dazugibt.
Private Vorsorge: Aufschieben gilt nicht
Wer eine üppige Betriebsrente erwarten kann, darf diesen Abschnitt überspringen, alle anderen müssen – so wie ich – jetzt ganz stark sein. Denn die private Vorsorge ist wichtig – kostet aber leider monatlich Geld. Doch es gibt einen Lichtblick: Private Altersvorsorge ist ein so großes Feld, dass einige vielleicht schon eine haben, ohne dass es ihnen bewusst ist.
Also: Einmal kurz innehalten und nachdenken: Schlummert irgendwo ein Riester-Vertrag, eine private Rentenversicherung oder ein Fondssparplan? Früher, als die Zinsen höher waren, waren auch Kapitallebensversicherungen beliebt. Übrigens: Eine eigene, abbezahlte Wohnung oder Haus ist ein möglicher Baustein der privaten Vorsorge.
Falls diese dritte Säule noch nicht steht, gilt: Anfangen ist alles. Lieber mit kleinen Beträgen starten und langsam aufbauen, als jahrzehntelang auf den Tag zu warten, an dem sich alles von selbst löst.
Bevor es losgeht, muss man sich allerdings erst noch für eine Anlageform entscheiden – und das ist der Punkt, der mich jahrelang überfordert hat. Hier schwirren so viele verschiedene Begriffe durch den Raum, dass ich regelmäßig verwirrt abgeschaltet habe. Doch auch diese Stacheln habe ich dem Igel gezogen. Rausgeworfen habe ich Kapitallebensversicherungen. Deren Neuabschluss lohnt sich wegen der niedrigen Zinsen derzeit meist nicht.
Bleiben drei grobe Kategorien:
- Riester-Rente
- private Rentenversicherungen
- Sparpläne mit Fonds oder ETF
Ziemlich übersichtlich, oder? Es wird noch besser: Die Riester-Rente lohnt sich derzeit eigentlich nur noch für einige Menschen: kinderreiche Familien (wegen der Kinderzulagen) und einige Gutverdiener (wegen der Steuervorteile). Im Moment berät die Politik über ein Nachfolgemodell für die Riester-Rente – ich bin gespannt.
Alle anderen haben noch zwei Kategorien zur Auswahl: Rentenversicherung oder Sparplan. Das wiederum ist vor allem eine Entscheidung zwischen Bequemlichkeit/Planbarkeit (gleich Rentenversicherung) und Selberkümmern/Flexibilität (gleich Sparplan).
Klar, jede dieser beiden Kategorien erfordert nochmal etwas Arbeit, bis ich herausgefunden habe, welches konkrete Produkt für mich infrage kommt. Vor allem bei den Rentenversicherungen ist es wichtig, auf die Kosten der Verträge zu achten. Aber viele Stacheln hat der Igel nun nicht mehr. Meine Ausflüchte, mich nicht zu kümmern, haben sich nach und nach in Luft aufgelöst. Geht doch!
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