Ab dem 1. Januar 2020 gilt eine Beleg-Pflicht im deutschen Einzelhandel - die Bonpflicht. Kunden bekommen dann ungefragt einen Kassenbon ausgehändigt. Was den Steuerbetrug bekämpfen soll, stößt aber auch auf große Kritik.

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Ein Brötchen ist rasch verzehrt. Was ab dem 1. Januar 2020 aber bleibt, ist der ausgedruckte Beleg, das Brötchen gekauft zu haben. Ein neues Gesetz verpflichtet den deutschen Einzelhandel zur Ausgabe eines Kassenbons.

Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks läuft Sturm gegen den befürchteten bürokratischen Aufwand und die erheblichen Kosten, aber auch gegen den entstehenden Müll.

Zusätzliche Umweltverschmutzung

"Wir reden über Umweltschutz und diskutieren über die Reduktion von Coffee-to-go-Bechern, schaffen dann aber auf der anderen Seite Müllberge aus beschichtetem Papier", kritisiert der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Daniel Schneider.

Der Handelsverband Deutschland schließt sich dieser Kritik an. "Im Einzelhandel in Deutschland rechnen wir mit mehr als zwei Millionen Kilometern zusätzlicher Länge an Kassenbons im Jahr", sagte der Steuerexperte des HDE, Ralph Brügelmann. "Die Verbraucher erhalten viel mehr Kassenbons ausgehändigt, als es jetzt der Fall ist", fährt Brügelmann fort.

Längere Wartezeiten für die Kunden

Dies ist aber nur ein ärgerlicher Effekt. Die Kunden werden sich zunehmend auch in Geduld üben müssen, wenn jedem von ihnen ein Bon ausgedruckt werden muss.

Das kann auch bedeuten, dass der Kassiervorgang länger dauert, da die Papierrollen viel häufiger ausgetauscht werden müssen.

Die Bonpflicht "bedeutet gerade für kleine Händler erhebliche Mehrkosten für Papier, Druck und Entsorgung der liegengebliebenen Bons", gibt der Steuerexperte des Deutschen Industrie- und Handelstages, Rainer Kambeck, zu bedenken.

Für die Beschäftigten ergeben sich ganz neue Gefahren für deren Gesundheit. Kassenbons bestehen häufig aus einem speziell beschichteten Papier. Dieses darf nicht im Altpapier entsorgt werden. Die Beschichtung des Kassenbon-Papiers enthält Bisphenol.

Dabei handelt es sich um eine chemische Verbindung, die synthetisch produziert wird. Bisphenol A kann unter anderem die Schilddrüse, den Zyklus und sogar die Fruchtbarkeit schädigen. Damit der Körper die Substanz aufnimmt, genügt der Kontakt mit der Haut.

Kampf gegen Steuerbetrug

Fernab von Nachteilen für Unternehmen und deren Mitarbeiter soll die Kassenbon-Pflicht die Steuerhinterziehung durch Datenmanipulation an der Ladenkasse verhindern. Die Maßnahme ist Teil der Kassensicherungsverordnung.

Die Kassen sollen durch eine technische Sicherheitseinrichtung (TSE) fälschungssicher werden. Ursprünglich sollten alle Kassen bis zum Jahresbeginn 2020 die neuen Vorschriften erfüllen, das Finanzministerium räumt nun eine Übergangsfrist bis Ende September ein.

Der HDE kritisierte, die Umstellung sei kostspielig. "Erste grobe Kostenschätzungen liegen einschließlich Installation zwischen 300 und 500 Euro pro Kasse."

Zweifel an der Wirksamkeit des Gesetzes

Laut Brügelmann könne die Umstellung der Kassen Steuerbetrug zwar eindämmen, die Beleg-Pflicht trage aber nicht dazu bei.

"Denn mit dem ersten Tastendruck beim Kassieren wird eine Transaktion eröffnet, die sich bei einer mit einer TSE ausgerüsteten Kasse nicht mehr ohne Spuren löschen lässt. Ob dann der Kunde einen Beleg bekommt oder nicht, ist unerheblich." (hau/dpa)

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