Berlin - Der Gang über einen langen Flur, durchs stille Büro oder das Restaurant wird zur Qual. Denn auf Schritt und Tritt verfolgen einen Geräusche aus den Schuhen: ein leises Pupsen, ein stetes Knarzen, ein unangenehmes Schmatzen oder gar ein schrilles Quietschen. Das kann schon mal peinlich werden.
Doch warum machen Schuhe bisweilen diese Töne? Und vor allem: Wie lassen sie sich abstellen?
Eine alte Redewendung besagt: Schuhe, die quietschen, sind nicht bezahlt. In den allermeisten Fällen dürfte die Ursache zwar an anderer Stelle zu suchen sein. Ob ein Schuhmodell möglicherweise Geräusche entwickelt, lässt sich vorher aber nicht testen. Denn das kann ganz verschiedene Ursachen haben, sagt Liselotte Vijselaar, Leiterin der Abteilung Physikalische Materialprüfung und Inspektionen am Deutschen Schuhinstitut in Pirmasens.
Reibung und Haftung sind entscheidend
Das Quietschen entsteht grundsätzlich, wenn verschiedene Materialien aneinander reiben. Weich auf fest begünstigt Geräusche, so lautet ihre Faustregel. Trifft etwa eine weiche Kunststoffsohle mit hoher Haftung auf einen harten Boden, ist ein Geräusch wahrscheinlicher, als wenn man damit beispielsweise über Laminat oder Teppich geht. "Man kennt das etwa vom Hallensport. Wenn man da abrupt bremst, quietscht es durch die extrem hohe Reibung."
Und auch Feuchtigkeit spielt eine Rolle, so die Schuh-Expertin: Ein frisch gewischter Boden oder ein gebohnerter, harter Untergrund wie Linoleum quietschen zum Beispiel viel eher. Zu gut geputzt kann auch ein Grund sein, darauf weist das Forum Waschen hin: "Die vollständige Entfernung von fetthaltigem Schmutz oder von einer Pflegeschicht auf dem Fußboden kann die Ursache des Quietschens sein."
Trotzdem ist nicht immer das Aufeinandertreffen von Schuh und Untergrund die Ursache für Geräusche. Denn dass etwa Gummisohlen von Sneakers auf Fliesen immer quietschen, lässt sich nicht pauschal sagen, sagt Vijselaar. Auch auf demselben Bodenbelag quietscht derselbe Schuh nicht jedes Mal, gibt die Expertin zu bedenken: Es hängt außerdem vom Träger und dessen Gangart ab - und sogar von der Fußstellung.
Auch im Schuh selbst kann es quietschen
Die Gründe können zudem im Schuh selbst liegen: Dessen Material allein kann beim Laufen schon Geräusche machen. So ist etwa ein Lederschuh anfangs häufig etwas starr und knarzt. Er muss erst eingelaufen werden. "Im Schuh selbst sind innen verschiedene Materialien verarbeitet, die beim Gehen aneinander reiben können", sagt Vijselaar. Trifft hier hart auf weich, entstehen Geräusche. Auch eine schlecht sitzende Einlegesohle kann die Ursache sein, seltener mal die Socke.
Begünstigt wird ein Quietschen im Schuhinneren zudem ebenfalls durch Feuchtigkeit, etwa schwitzende Füße. Denn dadurch ändert sich die Reibeigenschaft des Materials, sagt die Ingenieurin. Das gilt auch, wenn eigentlich nicht quietschende Schuhe nass werden: Dann wird im Inneren Luft und Wasser hin- und hergepumpt - es schmatzt, quatscht und pupst beim Gehen.
Nicht zuletzt kann sogar die jeweilige Passform Schuld sein, wenn es quietscht: Ist der Schuh etwas zu groß, kann der kleine Luftraum in der Lücke ebenfalls Geräuschen beim Gehen verursachen. "Es ist eine Kombination aus Gangart, Untergrund und Laufsohle", fasst Vijselaar zusammen.
Und was kann man dagegen tun?
Ob ein Schuh quietscht und wann, ist also individuell, betont die Ingenieurin für Lederverarbeitung und Schuhtechnik. Sie weiß auch, was man dagegen tun kann: Leider nicht allzu viel.
Sie rät von Hausmitteln wie Haarspray zur Behandlung der Sohle ab: "Das macht keinen Sinn, es ist wie einen Autoreifen einzusprühen - das reibt sich auch bald wieder ab." Zudem könnte sich durch das Spray das Material verfärben. Auch vom Tipp, neue Sohlen von Sneakers mit Schleifpapier zu bearbeiten, hält sie nicht viel: Damit wird im Zweifel die Sohle beschädigt und die Qualität gemindert.
Ob das Quietschen von innerhalb des Schuhs kommt, verrät ein genauer Blick: "Dann sieht man manchmal schnell, wo es reibt. Da kann zum Beispiel eine Einlegesohle Abhilfe schaffen", so Vijselaar. Ist der Schuh feucht geworden, hilft es, ihn über Nacht mit Zeitungspapier auszustopfen und trocknen zu lassen oder Backpulver oder Natron hineinzustreuen.
Die Schuhe gut einzutragen, ist bei allen Materialien hilfreich. Besonders bei Leder, das auch regelmäßig mit Schuhcreme gepflegt werden sollte. In der Regel hört das Quietschen und Knarzen dann irgendwann von selbst auf, so die Schuh-Expertin. "Man braucht oft nur etwas Geduld."
Akut lässt sich gegen einen Quietsche-Schuh also nichts tun. Aber immerhin gilt: Die durchaus nervigen Geräusche lassen weder Rückschlüsse auf die Hochwertigkeit des Materials zu noch auf die Verarbeitung. Es kann also billige genauso wie teure Modelle treffen. © dpa
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