Das Konsortium NCAP erhöht kontinuierlich die Sicherheitsvorgaben für Fahrzeuge. Nicht nur bei aktiven Sicherheits- und elektronischen Assistenzsystemen, sondern auch in Hinblick auf die passive Sicherheit. Das wird perspektivisch dazu führen, dass sich selbst der gute alte Sicherheitsgurt weiterentwickeln muss. ZF Passive Safety Systems, die sich um derartige Belange kümmernde Division des Zulieferers, stellt nun eine Technik vor, die den Gurt etwas intelligenter macht: den schaltbaren Kraftbegrenzer MSLL (die Abkürzung steht für "Multi-Stage-Load-Limiter").
Video: Moove Businesstalk: Crashsicherheit von E-Fahrzeugen
Der zentrale Fortschritt liegt darin, die bisher zweistufige zu einer mehrstufig steuerbaren Kraftbegrenzung auszubauen. Um die nötige Datenbasis zu erhalten, erfasst ZF MSLL den Innenraum über Kameras und verknüpft die Daten mit Sensoren im Gurt. Das System kann beispielsweise anhand der ausgerollten Gurtlänge Rückschlüsse auf die Körperstatur der Insassen ziehen und die Gurtkräfte passend steuern. Es weiß durch die vernetzten Daten sogar, wann der Fahrer oder die Fahrerin mit der rechten Hand das Infotainment-System bedient oder den Kopf zu den Fondinsassen dreht. Genau diese Funktion fordert der NCAP-Crashtest in Zukunft.
Darüber hinaus greift das ZF MSLL auf Daten der aktiven Sicherheitssysteme und Sensoren außerhalb des Fahrzeugs zu. Dadurch erkennt die Technik, welche Gurtkräfte bei einem schweren oder leichteren Aufprall individuell anzuwenden sind. Mehr noch: Indem der Gurt zum Beispiel vorab weiß, aus welcher Richtung ein Aufprall kommt, kann er die Rückhaltekräfte besser über den gesamten Crash-Verlauf variieren. "Unser neues Gurtsystem erleichtert den Fahrzeugherstellern, den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden, und reduziert gezielt die Unfallfolgen, indem es sich noch besser an den Insassen anpasst", sagt Rudolf Stark, Leiter der ZF-Division Passive Sicherheitstechnik.
ZF Heat Belt für Elektroautos
Vor gut einem Jahr, bei der CES in Las Vegas, stellte ZF eine weitere Sicherheitsgurt-Innovation vor. Als Weltpremiere präsentierte der Zulieferer damals mit dem Heat Belt eine Idee, um den Energieverbrauch von Elektroautos für die Beheizung der Fahrzeugkabine zu reduzieren. Denn hier funktioniert auch die Heizung mit Strom. Wer also hohe Temperaturen liebt, muss bisher bei der Reichweite Abstriche machen. Der ZF Heat Belt soll dieses Manko beheben oder zumindest abschwächen.
Die Kontaktheizung erwärmt den Oberkörper der Passagiere über in den Sicherheitsgurt eingewebte Heizleiter. Dieses Prinzip kennt man bereits von Sitz- und Lenkradheizungen. So wird in weniger als zwei Minuten mit nur 70 Watt Energie eine maximale Oberflächentemperatur von 40 Grad Celsius erreicht. Der beheizbare Sicherheitsgurt sorgt so schnell für körpernahes Wärmegefühl und ermöglicht mehr Reichweite bei Elektro-Fahrzeugen im Vergleich zur herkömmlichen Innenraumklimatisierung.
Die Implementierung des beheizten Sicherheitsgurts ist für Fahrzeughersteller einfach, da keine Anpassung der Gurtaufroller und Gurtstraffer erforderlich ist. Auch lässt sich das System leicht auf alle Sitzplätze ausrollen. Für Passagiere ergibt sich bei der Nutzung ebenfalls keine Umstellung. Kombiniert man den ZF Heat Belt mit anderen Kontaktheizungen wie Sitz- oder Lenkradheizung, kann der Fahrer die Innenraumheizung niedriger stellen – was die Reichweite von E-Fahrzeugen bei kalten Temperaturen um bis zu 15 Prozent erhöhen kann. © auto motor und sport
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