Red Bull Technologies hat das Hardcore-Supercar RB17 aus der Feder von Adrian Newey in Goodwood vorgestellt. Wir haben alle wichtigen Informationen zur V10-Flunder mit mehr als 1.200 PS, die über Lanzante nach Kundenwunsch auch auf die Straße kommen soll.
Aus seiner Arbeit in der Formel 1 ist bekannt, dass Adrian Newey keine Kompromisse eingeht und die Grenzen des Machbaren bis ins extremste Detail auslotet. Entsprechend gespannt reagierte die Autowelt, als Red Bull im Sommer 2022 ankündigte, dass der Design-Guru ein Hypercar entwickeln würde, bei dessen Konstruktion er sich komplett austoben durfte. Der Aston Martin Valkyrie, der ebenfalls von Newey mitgestaltet wurde, sollte dagegen verblassen.
Das Ergebnis wurde am Freitag (12.7.) im Rahmen des Goodwood Festival of Speed vorgestellt. Schon der äußere Eindruck macht klar, dass Red Bull nicht zu viel versprochen hatte. Enthüllt wurde eine mehr als fünf Meter lange und zwei Meter breite Hardcore-Flunder, deren Außenhaut überall zerklüftete Öffnungen, Luftkanäle und Leitbleche aufweist. Durch die Löcher in der Verkleidung sind die Pushrod-Radaufhängungen gut zu erkennen. So wirkt das zweisitzige Hypercar für die Rennstrecke wie eine Mischung aus Le-Mans-Prototyp und Formel-1-Renner.
RB17-Technik auf Formel-1-Niveau
Dass der RB17 aerodynamisch in der obersten Rennwagen-Liga mitspielen würde, war beim Ruf seines Schöpfers schon vorher klar. Wie kompromisslos die Luft durch das Auto hindurchgeführt wird, überrascht dann aber doch. Ein großer Splitter an der Frontpartie, der in der Seitenansicht fast wie der Frontflügel eines Formel-1-Autos wirkt, teilt die Strömung horizontal auf. Was unter den Boden fließt, wird hinten durch einen riesigen Diffusor am Heck so beschleunigt, dass sich das Auto fest auf den Asphalt saugt.
Ein großer Flügel am Heck wäre wohl gar nicht mehr nötig gewesen. Aber Abtrieb kann man bekanntlich nie genug haben. Nach dem Motto "viel hilft viel" packt Newey über die komplette Breite des Hinterteils noch ein zusätzliches Spoiler-Element drauf. Dessen vertikale Endplatten erinnern fast ein wenig an ein Formel-1-Leitwerk. Das Element schmiegt sich durch seine flache Bauweise fast unsichtbar in das Gesamtdesign ein, was dem Auto bei aller Radikalität auch eine gewisse Eleganz verleiht.
Groundeffect maximal ausgenutzt
Das Chassis liegt dank aktiver Aufhängung stets ultraflach auf dem Boden, um den Groundeffect maximal auszunutzen. Hier ist sicher auch viel Know-How aus den aktuellen Formel-1-Rennwagen eingeflossen. Der Fahrer kann die aerodynamische Balance im Cockpit je nach Wunsch und Rennstrecke mal weiter nach vorn oder nach hinten schieben. Bei 250 km/h soll das Geschoss 1.700 Kilogramm Abtrieb produzieren.
Ein weiteres Design-Highlight sind die extrem flachen Leuchteinheiten an beiden Enden des Red Bull RB17. Für größere Scheinwerfer wäre wohl auch gar kein Platz gewesen. Zum aerodynamischen Extrem-Equipment gehören zudem die voll verkleideten 18-Zoll-Felgen, die bei der Vorstellung mit Michelin-Slicks bezogen wurden. Gebremst wird natürlich mit Carbon-Scheiben, auf der Hinterachse betätigt durch ein Break-by-Wire-System.
1.200 PS, Top-Speed 350 km/h
Die radikale Form ist aber nicht das Einzige, was dem Red Bull RB17 einen Sonderstatus in der Automobilgeschichte verleihen wird. Der Cosworth-Antrieb unter der Haube hat es ebenfalls in sich. Newey entschied sich für ein reinrassiges Zehnzylinder-Aggregat mit 4,5 Litern Hubraum. Der Mittelmotor-Sauger soll bis 15.000/min drehen und dank eines kleinen Hybrid-Boosts mehr als 1.200 PS über ein Carbon-Getriebe von Xtrac auf die Hinterachse wuchten. Zum Glück ist natürlich eine Traktionskontrolle an Bord.
Neben radikaler Aerodynamik und maximaler Power ist ein extremer Leichtbau die dritte Säule, die den RB17 über die Rennstrecke fliegen lassen soll. Das Monocoque besteht natürlich wie alle Verkleidungselemente aus einem Kohlefaser-Verbundstoff. Das Ziel lautete, die Marke von 900 Kilogramm Gesamtgewicht nicht zu überschreiten. Das Leistungsgewicht von 0,75 Kilogramm pro PS sorgt für wahnsinnige Performance-Werte: Red Bull gibt einen Topspeed von 350 km/h an. Die Rundenzeiten auf der Rennstrecke sollen denen von Formel-1-Autos in nichts nachstehen.
Limitierte Serie schon ausverkauft
Ein Preis für das auf 50 Exemplare limitierte Hardcore-Tracktool wurde nicht offiziell genannt. Wie man aber hört, werden sechs Millionen Euro aufgerufen. Auch hier spielt der RB17 also in einer ganz eigenen Liga. Newey war in den letzten Monaten auf der ganzen Welt unterwegs, um betuchte Interessenten persönlich von seinem Rennwagen zu überzeugen.
Neben technischem Werks-Support bekommen Kunden auch Zugang zu Simulatoren sowie die Möglichkeit, an Fahr- und Rennstreckentrainings teilzunehmen. Offenbar haben sich mittlerweile genügend Vorbesteller für die komplette Serie gefunden, sodass kommendes Jahr mit der Produktion begonnen werden kann. Ein Exemplar bleibt übrigens in der Garage seines Schöpfers.
RB17 kommt auch auf die Straße
Newey hat den RB17 ausschließlich für den Rundstreckeneinsatz konzipiert, es gibt aber wohl Kunden, die das Hypercar auch auf der Straße bewegen wollen. Hilfe kommt hier von den britischen Spezialisten Lanzante. Die haben bereits gegenüber dem britischen Magazin Top Gear angekündigt, den RB17 auch für den Straßeneinsatz umzurüsten. Die entsprechenden Anpassungen sollen eng in Abstimmung mit den Kunden erfolgen. Lanzante möchte dabei so wenig wie möglich Kompromisse eingehen, damit die Fahrdynamik auf der Rundstrecke nicht allzu sehr geschmälert wird. Der Aufwand wird seinen Preis haben. Ohne dass Lanzante bisher eine Hand an einen RB17 legen konnte, nennen die Briten eine Hausnummer von 300.000 bis 600.000 Euro für die Umrüstung.
"Es war ein tolles Projekt"
"Ich habe viele Jahre mit dem Gedanken gespielt, mein eigenes Hypercar zu konstruieren – vom ersten Entwurf bis zur Auslieferung. Es war ein tolles Projekt", sagte der Konstrukteur nicht ohne Stolz bei der offiziellen Vorstellung. "Der RB17 beinhaltet alles, für das wir stehen: unwiderstehliche Power, Speed und Schönheit. Seine Fähigkeiten sind sehr anpassungsfähig. Und wir wollten sicherstellen, einen echten Zweisitzer zu designen, damit der Thrill einer Fahrt mit F1-Tempo mit einem Freund oder Partner gemeinsam genossen werden kann." © auto motor und sport
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