Das Verfahren um mutmaßlich gefälschte Identitäten historischer Porsche-Modelle endete für zwei Angeklagte mit Geldauflagen. Die 1. Große Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Aachen hat das Verfahren gegen Jürgen Barth und einen weiteren Angeklagten eingestellt. Der ehemalige Rennfahrer muss 750 Euro bezahlen, der andere Angeklagte 7.500 Euro, berichtet das Handelsblatt. Der Hauptangeklagte muss sich weiter vor Gericht verantworten.
Mehr als 20 Porsche mutmaßlich gefälscht
In einer Aachener Oldtimer-Werkstatt sollen Fälschungen von mehr als 20 Porsche entstanden sein. Die Autos, darunter ein 917, sollen teilweise für Millionen verkauft worden sein. Beim Fälschen der Identität der Autos soll ein ehemaliger Porsche-Mitarbeiter und Le-Mans-Sieger geholfen haben: Jürgen Barth saß mit auf der Anklagebank. Das Verfahren wurde gegen eine Geldauflage von 750 Euro eingestellt. Barth habe das aus prozessökonomischen Gründen akzeptiert, zitiert das Handelsblatt seinen Anwalt. Barth ist Autor mehrerer Porsche-Bücher und gilt als Experte für die Rennfahrzeuge der Marke.
Im Prozess um gefälschte Rennwagen ist Porsche Nebenkläger, drei Juristen vertreten vor Gericht die Interessen der Marke. Porsche wolle die mutmaßlichen Fälschungen einziehen und verschrotten lassen, so der Bericht weiter.
Le-Mans-Sieger und Historiker
Barth halte die Vorwürfe für absurd und den Prozess für eine Sauerei, so das Handelsblatt. Barth hat 1977 mit einem Porsche 936 Spyder das 24h-Rennen von Le Mans gewonnen, war in der Presseabteilung beschäftigt, hat das Museum geleitet und Ferry Porsche persönlich gekannt. Sein Vater, Edgar Barth, fuhr in Le Mans, legte den Grundstein für ein Privatarchiv, das sein Sohn Jürgen ausbaut. Es enthält laut Handelsblatt "Informationen zu allen Rennautos, die Porsche je produziert hat, sortiert nach Fahrgestellnummern." Als am 17. Juli 2019 Ermittler Barths Wohnhaus durchsuchen, stehen sie "vor dem größten Porsche-Spezialarchiv der Welt."
Ein Jahr zuvor hatte die Polizei Aachen die Ermittlungsgruppe "Ferry" gestartet. Einige Monate später telefoniert Barth mit dem Werkstattbesitzer aus Aachen. Die Ermittler hören mit, als Barth mit Uwe Niermann über die Dokumentation der Historie eines neu aufgebauten Porsche 550 spricht. Für die Ermittler "Beweis dafür, dass das Duo als Betrüger arbeitete", für Barth ein Einzelfall aus freundschaftlicher Verbundenheit, so das Handelsblatt.
Kreislauf der Restrukturierung
Gegenüber dem Gericht habe Barth erklärt: "Historische Rennwagen seien niemals ganz historisch". Wegen der Belastung des Materials würden immer wieder Teile ausgetauscht. Außerdem habe Porsche selbst in den Achtziger-Jahren Rahmen, Motoren und Getriebe verkauft – das Unternehmen sei damals ziemlich klamm gewesen. So seien Originalteile in den "Kreislauf der Restrukturierung" gekommen.
Das führt dazu, dass selbst manche Autos gleich mehrfach existieren – oder vermeintlich verschrottete Fahrzeuge wieder auftauchen. So etwa der 917-043 mit Hippie-Lackierung. Der war nach einem Unfall in Hockenheim 1970 ein Totalschaden. Heute sollen mindestens drei Exemplare des Rennwagens mit der typischen, psychedelischen Lackierung existieren. Einen soll Niermann einem brasilianischen Sammler angeboten haben – im Tausch gegen zwei Kundenfahrzeuge. Das brachte ihm eine Festnahme und vier Monate Untersuchungshaft ein. Für einen weiteren Kunden habe Niermann einen Porsche 904 und einen Porsche 917 aufgebaut.
Nachdem der Prozess kurz nach seinem Beginn Ende 2021 unterbrochen worden war, nachdem der Hauptangeklagte erkrankt und damit nicht verhandlungsfähig war, wurde er im Februar 2024 wieder aufgenommen. Bis zum 6. Juni 2024 sind in dem Prozess vier weitere Verhandlungstermine angesetzt. © auto motor und sport
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