Moto Morini präsentierte mit der Calibro einen neuen Cruiser mit neuem 700er-Twin und 69 PS ab 7.399 Euro. Die Bagger-Variante kostet ab 8.299 Euro. MOTORRAD war schon beim Probecruisen.

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Moto Morini war für einige Jahre eine Chopper-Marke. Richtig gelesen. Nach der Übernahme von Moto Morini durch die Gebrüder Castiglioni sollte im Firmengeflecht aus Cagiva, Ducati und Husqvarna die neue Marke Chopper und Cruiser anbieten. Die ersten und letzten Auswüchse waren 1986 die Soft-Chopper Excalibur und New York mit 344 Kubik oder 507 Kubik.

Video: Fahrbericht: Moto Morini Calibro

Moto Morini Calibro – erster Fahr-Test

Beim Fahrtermin in Italien fühlt sich die Moto Morini Calibro auf Anhieb gut an. An diesem freundlichen Motorrad wirkt nichts extrem: Der Lenker ist weder zu breit noch zu hoch, die Sitzposition entspannt, die nach vorn versetzten Fußrasten vermitteln Cruiser-Feeling, fallen aber keineswegs radikal aus. Der Motor zieht, auch dank des Zahnriemens zum Hinterrad, geschmeidig und flüssig an, ruckelt nicht und leistet sich keine Leistungslöcher.

700er-Twin dreht bis über 10.000/min

Ab 4.500/min treten leichte Vibrationen an Sitzbank und Fußrasten auf, nicht nervig, aber spürbar. Am angenehmsten cruist die Calibro bei Drehzahlen zwischen 3.000 und 4.000/min. Je nach eingelegtem Gang reicht das für einen lässigen Swing mit Tempo 80 bis 100. Stimmiger für einen Cruiser wäre es allerdings, wenn die Ingenieure auf ein paar der maximal 69 PS verzichtet und dem 700er-Twin dafür noch mehr Drehmoment spendiert hätten. In der jetzigen Konstellation dreht der Twin bis über 10.000/min, doch dann kreischt er gequält, und die Cruiser-Lust geht verloren. Fürs Heizen ist die Calibro nun mal weder gedacht noch gemacht.

Gut ausbalanciertes Cruiser-Fahrwerk

Überraschend gut schlägt sich das einfache Fahrwerk der Moto Morini Calibro mit Telegabel vorn und 2 Federbeinen hinten. Trotz des Gewichts von 214 Kilo vollgetankt ist die Calibro handlich, lässt sich einfach dirigieren und überzeugt mit einem geringen Wendekreis. Das liegt an der guten Gewichtsverteilung mit tiefem Schwerpunkt, denn ein Teil des Benzins wird nicht unter der Tankverkleidung, sondern tiefer gebunkert.

Video: Moto Morini Calibro 650er als Bagger und Cruiser

Langsam oder flott, aber nicht allzu schräg

Selbst bei ganz langsamem Tempo bewahrt die Calibro Haltung, wie etwa auf der Pontonbrücke von Bereguardo, die auf Lastkähnen schwimmt und mit glatten Metallplatten belegt ist – ein ganz besonderes, aber wackeliges Erlebnis. Und auch in schnelleren Kurven liegt dieser Cruiser stabil, nur die Fußrasten setzen der Schräglage Grenzen. Wegen der niedrigen Sitzhöhe (725 mm) fallen die Federwege recht kurz aus, weshalb Unebenheiten im Asphalt schon mal in den Rücken durchschlagen, aber immerhin von der dick gepolsterten Sitzbank gedämpft werden.

180er-Hinterreifen von Timsun, ABS von Bosch

Ab Werk rollt die Moto Morini Calibro hinten auf einem 180er-Reifen mit 65er-Querschnitt. Weil der vergleichsweise teuer ist, homologierte Moto Morini auch einen 70er-Querschnitt – das schont den Geldbeutel und erspart Ärger beim TÜV. Die Serienbereifung stammt übrigens vom chinesischen Hersteller Timsun und macht auf den sommerlich warmen, staubtrockenen Straßen einen ordentlichen Eindruck. Trotz nur einer Scheibe vorn reicht die Bremsanlage von J.Juan für einen Cruiser völlig aus, sie lässt sich gut dosieren und packt eher sanft zu. Das fein kalibrierte Bosch-ABS aktiviert sich nur dann, wenn es wirklich nötig ist.

Moto Morini Calibro mit neuem Zweizylinder-Motor

2023 knüpfte der Hersteller mit der Moto Morini Calibro an diese Geschichte an, also mit einem Mittelklasse-Cruiser vom Schlage der Kawasaki Vulcan S. Der Antrieb ist der bekannte Morini-Twin, aufgebohrt auf 693 Kubik, mit 69 PS bei 8.500/min sowie 68 Nm bei 6.500/min. Das Chassis ist neu konstruiert und interpretiert die Federbettrahmen alter Tage mit japanischem Soft-Chopper-Look mit hohem Tank. Trocken wiegt die neue Calibro laut Moto Morini 200 Kilo. Mit Benzin im 15-Liter-Tank und allen Betriebsstoffen wirken fahrfertige 220 Kilo realistisch. Interessant und außergewöhnlich: Den Endantrieb gewährleistet Moto Morini mit einem sauberen und pflegeleichten Zahnriemen. Und das ab 7.399 Euro (zuzüglich Liefernebenkosten).

Moto Morini Calibro Bagger

Neben der neuen Moto Morini Calibro stand auf der EICMA 2023 die Bagger-Variante. Technische Basis ist die Calibro, ergänzt um eine lenkerfeste Batwing-Verkleidung und gut integrierte Hartschalenkoffer. Die Modellpolitik dahinter erinnert an Honda, da der japanische Hersteller mit der CMX 1100 T Rebel den gleichen Schritt ging. Was die Verkleidung und die Koffer an Gewicht zu den 200 Kilo trocken der Calibro draufladen, ist nicht bekannt. Dafür der Preis: Für das Modelljahr 2024 kostet der Bagger ab 8.299 Euro (zuzüglich Liefernebenkosten).

Video: Die Moto Morini Seiemmezzo im Video

Neuer Rahmen zum Cruisen

Technisch hat die neue Moto Morini Calibro außer dem Rumpfmotor kaum noch etwas mit den anderen Twin-Modellen gemeinsam. Der Rahmen ist eine komplett neue Konstruktion aus Stahlrohr mit einer Rohrschwinge aus gleichem Material. Ein außergewöhnlicher Schritt eines chinesischen Herstellers, der in Gänze das Baukastensystem zur Meisterschaft gebracht hat. Die Räder und Reifen sind ebenfalls stilecht in Bobber-Dimensionen von 130/70 R 18 vorn und 180/70(65) R 16 hinten in das neue Fahrwerk integriert.

Einfaches Fahrwerk ab Werk

Das Fahrwerk der Moto Morini Calibro besteht aus einer konventionellen Telegabel mit 41 Millimeter Standrohrdurchmesser und 140 Millimeter Federweg. Die Schwinge federn und dämpfen Stereodämpfer mit je 110 Millimeter Federweg und einstellbarer Federbasis. Je eine Bremsscheibe vorn und hinten mit Durchmessern in 320 und 255 Millimeter, kombiniert mit vom Bosch-ABS gesteuerten axialen Bremssätteln vom spanischen Hersteller J.Juan.

Moto Morino Calibro Farben und Verfügbarkeit

Moto Morini bietet die Calibro und die Calibro Bagger ab August 2024 in Deutschland an. Während die Bagger die Auswahl der Farbe auf ein klassisches Schwarz eingrenzt, steht die Calibro Cruiser in "Fire Red" oder "Shark Grey" zur Wahl. Zu den Grundpreisen von 7.399 Euro (Calibro Cruiser) und 8.299 Euro (Calibro Bagger) kommen jeweils noch 300 Euro Liefernebenkosten hinzu. Interessante Frage: Ob die aktuellen 650er-Morini-Modelle X-Cape und Seiemmezzo das Motor-Upgrade auf 693 Kubik ebenfalls demnächst bekommen? Möglicherweise zur nächsten EICMA.

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Fazit

Moto Morini präsentierte die Calibro und Calibro Bagger, zwei neue Mittelklasse-Cruiser. Die Calibro verfügt über einen 693-Kubik-Motor mit 69 PS und 68 Nm. Der Bagger ergänzt die Calibro um eine Batwing-Verkleidung und Hartschalenkoffer. Beide Modelle sind ab August 2024 in Deutschland erhältlich. Preise: ab 7.399 Euro/ab 8.299 Euro, jeweils zuzüglich Liefernebenkosten. Beim ersten Probecruisen machte die Calibro einen angenehmen, geschmeidigen Eindruck. Lediglich bei hohen Drehzahlen oder tiefen Schräglagen fühlt sie sich – wie alle Cruiser – nicht mehr wohl.  © Motorrad-Online

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