PS-Leser Ralf Bollinger wehrt sich mit der Petition #SaveTheRingBikes gegen den Ausschluss von Motorradfahrern auf der Nordschleife. In seinem leidenschaftlichen Kommentar fordert er Respekt, gemeinsame Verantwortung und mehr Sicherheitsmaßnahmen statt pauschaler Verbote.

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PS-Leser Ralf Bollinger findet, es solle weiter die persönliche Entscheidung des einzelnen Motorradfahrers sein, an Touristenfahrten auf der Nordschleife teilzunehmen oder auch nicht. Er fordert den im Nürburgring-Gesetz vereinbarten diskriminierungsfreien Zugang zu den Touristenfahrten auf der Nordschleife. Deshalb hat er die Petition #SaveTheRingBikes gestartet, die bereits über 2.700 Unterschriften sammeln konnte. Im Folgenden lest ihr seinen persönlichen Kommentar dazu.

Autos und Motorräder befahren seit Jahrzehnten gemeinsam die Nordschleife bei den Touristenfahrten. Und am Ende haben sie immer ein gutes Miteinander gefunden. Dass Autos und Motorräder sich dabei auch einmal nahekommen, liegt in der Natur der Dinge. Diejenigen Motorradfahrer, die für sich entscheiden, bei den Touristenfahrten teilzunehmen, wissen darum und stören sich nicht daran. Das Layout der Strecke ist vollkommen in Ordnung, und die Begebenheiten sind grundsätzlich jedem bekannt. Von außen sieht das oft wirklich wild aus. Und die ersten Runden sind ein echtes Abenteuer. Am Ende aber finden die, die sich aktiv dafür entscheiden, auch immer ihren Platz.

Erstes Rennen auf der Nordschleife war ein Motorradrennen

Das erste Rennen auf der Nordschleife war ein Motorradrennen, und in den 1990er-Jahren haben die Motorradfahrer am Ring die Fahnen hochgehalten und den Betrieb der Nordschleife finanziert. Zum einen erwächst daraus in meinen Augen eine gewisse historische Verpflichtung. Zum anderen steht der Motorsport allgemein und die Nordschleife im Speziellen immer mehr unter Beobachtung und sieht sich mit den Themen Umweltschutz, Abgase/CO2, Lärm und Belästigung konfrontiert. Mittel- und langfristig muss die Motorsportgemeinde zusammenhalten. Da ist es kontraproduktiv, mit so einer Entscheidung die Motorradfahrer auszuschließen. Es passt auch nicht zusammen, mit dem großen "Anlassen" mit vielen Tausend Bikern als Traditionsveranstaltung zu werben und diese Gruppe dann fortan von der Nordschleife auszuschließen.

Toleranz, Respekt und Rücksichtnahme

Die vom Betreiber in der Hauptsache angeführte unterschiedliche Fahrdynamik und die unterschiedliche Linienwahl betrifft ja nicht nur diese unterschiedlichen Fahrzeuggattungen. Auch bei den Pkw untereinander gibt es enorme Unterschiede in Geschwindigkeit, Kurvenspeed und Linie. Vom Fahranfänger im Fiesta, über den Familienvater im Familien-Van bis zum Profi im GT3 RS. Dazu die ganzen Rent-A-Racecar-Fahrer, die oftmals abenteuerlichste Linien fahren und nicht selten sehr langsam sind. Die Motorradfahrer sind hier also nicht der Flaschenhals. Am Ende funktioniert das Ganze ohnehin nur mit Toleranz, Respekt und Rücksichtnahme.

Ja, es gibt Motorradunfälle. Das ist tragisch. Die gibt es überall. Auf der Straße, bei Rennen und Trainings. Und die gibt es auch in anderen Sportarten. Das ist ein allgemeines Risiko.

Betriebsmittelspuren (BMS) auf der Strecke

Motorradunfälle auf der Nordschleife sind in der überwiegenden Mehrheit Alleinunfälle. Direkte Kollisionen zwischen Autos und Motorrädern, die immer kolportiert werden, sind Ausnahmen. Gibt es die überhaupt? Der nach einem Crash vom nachfolgenden Pkw überfahrende Motorradfahrer ist eine Legende. Das Risiko der Motorradfahrer, einmal auf den Punkt gebracht: die Betriebsmittel anderer Teilnehmer auf der Strecke. Und hier hat sich in den letzten Jahren viel getan, was die Erkennung von Betriebsmittelspuren (BMS) angeht und auch in Bezug auf die Meldung derer und die Sperrung für Motorradfahrer im Fall einer BMS.

Hier könnte mit den vorhandenen Mitteln noch einiges getan werden: Mit der vorhandenen Videoüberwachung, dem Einsatz von KI und der Nutzung der installierten Lichtsignalanlagen, kann die Früherkennung von BMS und die Meldung/Sperrung noch effektiver und effizienter vonstattengehen, und damit Motorradunfälle noch effizienter verhindert werden. Es könnten Fahrzeuge, die die Strecke verlassen haben, direkt identifiziert und dann herausgezogen werden. Es ist also nicht nachvollziehbar, dass die Entscheidung, Motorräder zukünftig auf der Nordschleife beim freien Fahren nicht mehr zuzulassen, zu dem Zeitpunkt kommt, wo entscheidende Sicherheitsmaßnahmen genutzt werden könnten.

Die Nordschleife ist für alle

Die Touristenfahrten sind keine Rennveranstaltung und kein Renntraining. Für niemanden. Daran muss auch einmal erinnert werden. Da kann weder das Ringtaxi, noch der Semi-Profi oder der/diejenige auf dem teuren Leihrennwagen einen Anspruch darauf erheben, auf der letzten Rille Bestzeiten fahren zu wollen. Und die Touristenfahrten eignen sich auch nicht, um dauerhaft heute handelsübliche <200kg/>200PS-Raketen maximal am Limit abzufeuern. Erwartungsmanagement. Die Nordschleife ist auch nicht der exklusive Spielplatz der schönen und reichen GT2, GT3 GT4, M2, M3, M4 und AMG-Kunden der dort ansässigen Tuner und Servicepartner, die ihr Spielzeug in den vielen Garagen vor Ort aufbewahren lassen und zum Fahren einfliegen oder der Renntaxi- und Verleih-Firmen. Die Nordschleife ist für alle. Es geht nur miteinander. Wir fordern den im Nürburgring-Gesetz vereinbarten diskriminierungsfreien Zugang zu den Touristenfahrten auf der Nordschleife. Dies wurde bei der Privatisierung des Nürburgring festgelegt.

Der Begriff "Touristenfahrten" ist dabei historisch übrigens explizit für das Befahren der Nordschleife entstanden.

GP-Strecke ist keine Alternative

Fahrten auf der GP-Strecke sind ganz klar keine Alternative für diejenigen, die die Nordschleife befahren. Gar keine. Zudem man schnell erkennt, dass die überwiegende Mehrheit der jetzt groß angekündigten Termine auf der GP-Strecke gebündelt im Frühjahr bis Mai stattfinden, unter den üblichen fragwürdigen Wetterbedingungen der Eifel im Frühjahr, und danach im Sommer nur noch sehr wenige und noch weniger/keine am Wochenende. Das ist gemessen an der Ankündigung doch eher eine Mogelpackung. Zudem werden Autos und Motorräder dort nur getrennt, wenn eine wirklich signifikante Anzahl von Motorrädern vor Ort ist. Ansonsten ist es da auch gemischt. Zwei Tage geführte Runden auf der Nordschleife im ganzen Jahr, mit den üblichen o.g. Veranstaltern sind ebenso keinerlei Ersatz für das freie Fahren das ganze Jahr über in der Woche und am Wochenende.

Es gibt aus der Szene keine Forderung nach dedizierten Motorradzeiten auf der Nordschleife. Es ist klar, dass dieses nicht wirtschaftlich betrieben werden kann. Zudem könnten sich einige Motorradfahrer dann motiviert sehen, Bestzeiten fahren zu wollen und sich einem höheren Risiko aussetzen.

Bereitschaft zu weiteren Sicherheitsmaßnahmen

Für das Fortführen der Touristenfahrten auch für Motorräder sind viele bereit, über weitere Sicherheitsmaßnahmen zu sprechen. In den 90er-Jahren gab es z.B. Motorrad-Marshalls, die unterstützten, dass die Fahrordnung eingehalten wird. An den neuralgischen Stellen wie "Kallenhard" könnten Warnhinweise für Motorradfahrer stehen oder sogar eine Geschwindigkeitsbegrenzung für diese gelten. Auch könnten Motorradfahrer verpflichtend Aufklärungs- und Sicherheitsvideos bei einer obligatorischen Registrierung ansehen müssen. Oder man achtet darauf, dass gemäß § 6 Abs. 2 der Fahrordnung keine Kameras an den Bikes angebracht sind, und/oder dass unrechtmäßige Fahraufnahmen in Social Media gelöscht werden. Das reduziert den Anreiz von gewagten Fahrmanövern, um spektakuläre Videos für YouTube etc. zu erhalten.

Touristenfahrten entwickeln sich zu Kirmesveranstaltung

Letzte Maßnahme wäre in meinen Augen für alle Teilnehmer der Touristenfahrten sinnvoll. Die Touristenfahrten entwickeln sich ja tageweise heute bereits zu einer Art Kirmesveranstaltung mit einer Mischung aus Ballermann- und Wörthersee-Attitüde. Beim Auftakt am 8. März 2025 verlässt ein BMW X-irgendwas mehrfach willentlich die Strecke, kürzt "aus Spaß" den Adenauer Forst über die Wiese ab, zeigt dem Publikum den Mittelfinger und nichts passiert. Dann fahren dort offene Cabriolets mit Hunden auf der Rückbank herum.

Immer mehr Influencer wollen mehr "aufregenden" Content für ihre Follower drehen und riskieren ihre eigene Sicherheit und die anderer durch Driftversuche, Kuscheltiere, die aus dem Fenster gehalten werden oder andere "lustige" Einlagen. Im letzten August waren es mehrheitlich Urlaubstouristen mit Pkw, die die Einfahrt an der Döttinger Höhe belagert haben und durch Unfälle für frühe Sperrungen der Strecke verantwortlich waren. Auch hier sind die Motorradfahrer nicht die alleinigen Verursacher von Sperrungen und damit verbundenen Umsatzeinbußen.

Wenn man die Sicherheit erhöhen möchte, wären hier bestimmt gute Ansätze zu finden. Lass diejenigen Motorradfahrer, die sich dafür entscheiden wollen, weiter auf der Nordschleife fahren. Petition #SaveTheRingBikes

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Fazit

Motorradfahrer gehören historisch, emotional und praktisch zum Ring dazu. Sicherheit ist wichtig – doch statt Ausgrenzung braucht es kluge Konzepte, Rücksichtnahme und eine Rückbesinnung auf das eigentliche Ziel der Touristenfahrten: Freude am Fahren – für alle. Die Petition #SaveTheRingBikes fordert den im Nürburgring-Gesetz vereinbarten diskriminierungsfreien Zugang zu den Touristenfahrten auf der Nordschleife.  © Motorrad-Online