Geringer Luftwiderstand für mehr Reichweite? Klar. Doch bei Lamborghini nutzt man die Luft auch gern kontrolliert zur Kühlung von Antrieb und Bremse sowie zur Verbesserung der Fahrdynamik.
Traditionell beschäftigt sich Lamborghini intensiv mit Aerodynamik, nicht nur um seine Autos schneller und sparsamer zu machen, sondern auch um sie kontrolliert umfassend zu dynamisieren. Die patentierte Aktive Aerodynamik (ALA) debütiert 2016 im Huracán Performante und kommt 2018 in den Aventador SVJ, in beiden besonders leichtgewichtig. Im exklusiven Sian startet die patentierte erste passive Aerodynamik (LSMS), die ohne eigene Steller oder Motoren auskommt, stattdessen durch Materialänderung unter Wärmeeinfluss funktioniert. Dieses smarte Material öffnet Klappen ohne Motor, spart damit 80 Prozent Gewicht. Seit 2020 nimmt die Aerodynamik großen Einfluss auf das Design von Urus, Huracán, Revuelto und schließlich Temerario. Bei diesem liefert Lamborghini erneut Grundlagenarbeit, steigert etwa die Hochgeschwindigkeitsstabilität durch über 100 Prozent mehr Abtrieb als beim Vorgänger Huracán Evo.
Eine verbesserte Führung steigert den Kühlluftdurchsatz um 30 Prozent. Auch die Bremsenkühlung vorn und hinten profitiert von eigenen Kanälen: 20 Prozent mehr Luft an den Scheiben, 50 mehr an den Zangen. Die Aerodynamiker berücksichtigen dabei die gesteigerte Leistung des V8, die Effizienz sowie ein möglichst geschlossenes Design.
Dabei entwickeln sie zwei Versionen, die Standardversion und das sogenannte Alleggerita Package. Die kontrollierte Anströmung beginnt an der Front, die die Luft optimiert übers Dach nach hinten führt, während diese zudem zur Kühlung der Komponenten genutzt wird. Bei Form und Anströmung der seitlichen Kühleröffnungen nutzt man direkt Erfahrungen aus dem Motorsport, um die Druckverhältnisse zu verbessern.
Quasi unsichtbar und doch entscheidend fürs große Ganze: die Luftführung am Unterboden. Sie ist mithilfe von KI entwickelt, mit dem Ziel, den Abtrieb zu erhöhen, ohne sich höheren Luftwiderstand einzufangen. Konkret filtert KI aus der unendlichen Anzahl von Möglichkeiten die besten heraus. Die Ingenieure platzieren daher neben sogenannten NACA-Öffnungen (NACA war die Vorgänger-Behörde der NASA und somit Aerodynamik-Spezialist) unter anderem Vortex-Generatoren, eine Art Finnen, die den Luftstrom unter dem Auto kanalisieren, um letztlich den Heckdiffusor optimal anzuströmen.
Echtzeit und Vorausschau
Der Diffusor steht steiler und nutzt 70 Prozent mehr Fläche als der Diffusor im Huracán 4WD. Das schafft viel Abtrieb, ohne dass man oben auf der Karosserie große Spoiler installieren muss. Ein Plus bei Aerodynamik und Optik. Selbst die Außenspiegel wirken synergetisch mit Fronthaube und Seitenverkleidungen, um Luft an die Kühler zu bringen. Am Heck kommen Öffnungen im Deckel hinzu sowie prominent der Bereich hinter den Hinterrädern. Diese stehen auffallend frei, um den Heckabschluss aerodynamisch und optisch wirken zu lassen.
Das Alleggerita Package erhöht durch einen veränderten Heckabschluss den Abtrieb dort um 67 Prozent. Vorn sorgen ein Deflektor und zwei Schlitze in der Haube für gesteigerte Kühlleistung. Und die Entwicklung bleibt nicht stehen. Lamborghini kooperiert mit Universitäten, fördert Inhouse-Innovationen, arbeitet an Lösungen und Patenten zur aktiven Aerodynamik, um Effizienz, Performance und Fahrbarkeit zu verbessern.
Performance und Fahrbarkeit? Stichwort für die Fahrdynamikregelung LDVi 3.0, sozusagen das Hirn des Autos, das immer mehr Komponenten bündelt, Daten sammelt, in Echtzeit auswertet und steuert – im Idealfall samt Vorausschau. Die Kontrollstrategie umfasst den Hybrid-Antriebsstrang mit adaptiver Momentenverteilung, die aktive Aerodynamik und Federung sowie neue Features wie die aktiven Radträger, die Spur und Sturz während der Fahrt getrennt anpassen können.
Das Auto muss fühlen, ja ahnen, was der Fahrer kann und möchte. Deshalb die Bündelung in einem zentralen Kontrollmodul, das sämtliche Aktuatoren domptiert: schnell, sanft, vorhersehbar. In Zukunft vielleicht dank der Nutzung biologischer Indikatoren beim Fahrer plus KI sogar tatsächlich vorausschauend. © auto motor und sport
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