Wer bei der Führerscheinprüfung betrügt, soll seit 2022 härter bestraft werden – doch das scheint wenig abzuschrecken. Prüflinge täuschen so viel wie noch nie, Prüfer werden verbal attackiert. Es kommt zu beängstigenden Drohungen.

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Der Wunsch nach einem Führerschein ist in Deutschland groß. Erst Anfang des Jahres hatte der Tüv gemeldet, dass 2022 ein Rekord bei der Zahl der Führerscheinprüfungen - und der Durchgefallenen - zu verzeichnen war. Heute kam es zu einem weiteren Rekord: Mehr als 2.700 Führerscheinprüflinge versuchten in den ersten neun Monaten dieses Jahres, bei der Prüfung zu betrügen, und sind dabei erwischt worden. Das waren 38 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres und so viele wie noch nie, wie der Tüv-Verband auf Basis einer entsprechenden Untersuchung am Montag mitteilte.

"Wir gehen davon aus, dass die Dunkelziffer noch weitaus größer ist", sagte der Tüv-Fachbereichsleiter Fahrzeug und Mobilität, Richard Goebelt.

Führerschein: Wie Prüflinge betrügen – und wie sie bedrohen

Bei rund einem Drittel der Täuschungsversuche handelte es sich demnach um sogenannte Stellvertreterprüfungen: Dabei gibt sich jemand Fremdes als der eigentliche Prüfling aus, um für diesen die Prüfung abzulegen. Bei einem weiteren knappen Drittel der Versuche wurden unerlaubte technische Hilfsmittel wie Handys, Kopfhörer oder Kameras eingesetzt. Das letzte Drittel machten klassische Spickzettel aus.

Gleichwohl kamen Betrugsversuche nur bei einem sehr kleinen Teil der abgelegten Theorieprüfungen vor. In den ersten neun Monaten dieses Jahres wurden 1,52 Millionen Prüfungen abgelegt. Das waren rund neun Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

In Dutzenden Fällen wurden die Prüfer und Prüferinnen von den Erwischten verbal angegriffen, in 20 Fällen wurde mit körperlicher Gewalt gedroht.

Fast jeder Zweite fällt bei der Führerscheinprüfung durch

Im Frühjahr 2022 hat die Bundesregierung schärfere Sanktionen für das Täuschen bei der Führerscheinprüfung eingeführt. Seitdem droht bei Betrugsversuchen eine Sperre für einen weiteren Versuch von bis zu neun Monaten. Doch die Fahrerlaubnisbehörden müssten dem Tüv zufolge diesen Rahmen auch häufiger ausnutzen. "Das ist längst nicht überall gängige Praxis", sagt Goebelt.

Mit 42 Prozent fällt fast jeder zweite Fahrschüler durch. Bei der Pkw-Klasse B liegt die Durchfallquote dem Tüv zufolge sogar bei 45 Prozent. "Eine zentrale Ursache ist aus Sicht der Prüforganisationen der komplexer und dichter werdende Straßenverkehr mit immer mehr Fahrzeugen und den daraus resultierenden Folgen", hieß es. "Wenn wir den Trend umkehren wollen, brauchen wir eine bessere Verkehrserziehung in Schule und Elternhaus und eine weitere Stärkung der Fahrausbildung." (dpa/af)

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