Frankreich befindet sich in einer Regierungskrise und ist hoch verschuldet. Das bekommen ab sofort auch Käuferinnen und Käufer von Elektroautos zu spüren.
Die aktuelle Regierung ist nach einem erfolgreichen Misstrauensvotum gestürzt, Premierminister Michel Barnier ist zurückgetreten. Ob Präsident Emmanuel Macron das Beben überlebt, steht in den Sternen. Direkter Anlass für die Verwerfungen war ein Streit um einen Sparhaushalt. Frankreich ist hoch verschuldet, die EU drängt das Land zu massiven Sparmaßnahmen.
Einer der ersten Schritte dorthin sind Anpassungen bei der E-Auto-Förderung. Doch anders als in Deutschland, wo der Umweltbonus kurz vor Weihnachten 2023 aus ähnlichen Gründen unvermittelt abgeschafft wurde, hält Frankreich daran fest. Aus gutem Grund: Laut "Handelsblatt" liegt der Marktanteil von E-Autos in unserem Nachbarland seit Jahresbeginn 2024 bei 17,1 Prozent und damit über dem europäischen Durchschnitt.
Von maximal 7.000 auf 4.000 Euro gekürzt
Allerdings werden die Fördersummen ab sofort drastisch gekürzt. Mit der Prämie, die sich in erster Linie am Preis des gewählten Fahrzeugs bemisst, lassen sich bisher für Haushalte mit mittlerem bis hohem bis zu 5.000 Euro sparen. Geringverdiener konnten sogar auf eine Förderung von maximal 7.000 Euro hoffen. Das bedeutete Platz zwei innerhalb der EU hinter den Niederlanden. Doch diese Summen kann sich Frankreich nicht mehr leisten. Normal- bis Gutverdiener erhalten ab sofort nur noch einen Zuschuss von 2.000 oder 3.000 Euro, für Geringverdiener gibt es einen Rabatt von maximal 4.000 Euro. Gleichzeitig schrumpft der gesamte Fördertopf auf nicht einmal die Hälfte seiner Größe, nämlich von 1,5 Milliarden (2024) auf nur noch 700 Millionen Euro für das kommende Jahr.
Gleichzeitig soll das Sozial-Leasing für E-Autos im kommenden Jahr fortgesetzt werden. Die französische Regierung unterstützt damit Menschen mit geringem Einkommen, die beruflich auf ein Auto angewiesen sind. Jedes E-Auto fördert der Staat mit 13.000 Euro. Für die zusätzlichen Raten müssen die Personen je nach Modell nur zwischen 50 und 150 Euro pro Monat bezahlen. Die Bedingungen: Das Einkommen muss unter 15.400 Euro pro Jahr liegen und Berechtigte müssen mindestens 15 Kilometer vom Arbeitsplatz entfernt leben oder 8.000 Kilometer im Jahr fahren.
Das Angebot war ein voller Erfolg: Nach Start zum 1. Januar 2024 wurden bereits bis Mitte Februar über 50.000 Anträge gestellt, mehr als doppelt so viele wie erwartet. Der Fördertopf war ruckzuck leer, soll für 2025 aber wieder gefüllt werden. Welche Modalitäten dann konkret gelten, ist aktuell jedoch noch nicht bekannt.
So wehrt Frankreich Chinas E-Autos ab
Mit seiner E-Auto-Förderung geht Frankreich innerhalb der EU bislang eigene Wege. Das kündigte sich im Oktober 2022 bereits an. "Wir müssen aufwachen", sagte Frankreichs Präsident damals beim Pariser Autosalon. Die drei mahnenden Worte zielten auf die chinesischen Autohersteller ab, die damals in den Messehallen viele ihrer neuen Elektroautos ins Rampenlicht rückten. Aber auch auf die europäische Politik, die die eigene Autoindustrie bevorzugen müsse – genau wie dies die USA und China tun. Macron brachte damals einen "Buy European Act" nach Vorbild des amerikanischen "Inflation Reduction Acts" (IRA) ins Spiel.
Als die EU-Partner – insbesondere Deutschland – nicht wie gewünscht reagierten, preschte Macron auf nationaler Ebene vor. "Wir werden als erstes europäisches Land die Kriterien für die Förderung von Elektroautos reformieren", kündigte Frankreichs Präsident im Frühjahr 2023 an. Inzwischen setzt die Regierung ihr Vorhaben um: Die Kaufprämie für Elektroautos ist nun von mehreren Faktoren abhängig, die den CO₂-Ballast des jeweiligen Modells beeinflussen. Die französische Umweltbehörde (Ademe) hat dabei eine Formel definiert, nach der ein neuer Elektro-Pkw mindestens 60 Punkte erreichen muss, damit die Kaufprämie fließt.
Förderung nach Umweltkriterien
Bevor ein E-Auto von der Ademe als umwelt(un)freundlich eingestuft wird, analysiert die Behörde mehrere Kategorien: Die bei der Produktion verwendeten Materialien spielen ebenso eine Rolle wie die Umweltauswirkungen und der Energieverbrauch bei der Fertigung, die Verwendung von kritischen Rohstoffen bei den Batterien und die Umweltschäden beim Transport zu den Kundinnen und Kunden. Seit Oktober 2023 konnten die Autohersteller die für die Klassifizierung nötigen Unterlagen einreichen. Mitte Dezember hatte die Behörde ihre erste Liste förderfähiger Modelle veröffentlicht, die etwa 65 Prozent des gesamten E-Auto-Angebots in Frankreich enthielt.
Darauf standen anfangs die Produkte von 22 Automarken, von denen die meisten ihre Heimat in Europa haben. Es gibt jedoch Sonderfälle. Die zum Stellantis-Konzern gehörende US-Marke Jeep fertigt ihr bisher einziges Elektroauto, den Avenger, in Polen. Ähnlich ist die Lage bei Teslas Model Y, das für die europäischen Märkte im brandenburgischen Grünheide gefertigt wird. Das aus Kalifornien und China importierte Model 3 steht dagegen nicht auf der Liste. Bei Smart ist nur der nicht mehr gebaute, aber in Restbeständen teils noch verfügbare Fortwo in Frankreich förderfähig. Für die in China gebauten neuen Modelle Smart #1 und #3 gilt das jedoch nicht. Erstaunlich war die Aufnahme des Mazda MX-30 in die Liste, denn das japanische Elektroauto wird ausschließlich in der Heimat produziert.
Kein Hersteller aus China auf der Liste
Ein chinesischer Hersteller steht dagegen nicht auf der Übersicht. Das ist gewollt, denn auf die Importe dieser E-Autos zielt die Maßnahme ab. Sie fahren zwar ebenso mit lokal emissionsneutralen E-Antrieben, dürften aber aufgrund ihrer Produktion einen größeren CO₂-Rucksack mit sich herumschleppen als in Europa gebaute Konkurrenzprodukte. Hauptgrund dafür ist der in China sehr kohlelastige Strommix, der sich bei der energieintensiven Produktion von E-Autos und deren Batterien umso stärker auswirkt. Hinzu kommt der Transport der Fahrzeuge auf einem langen Seeweg. Dass ebenfalls der in China gebaute Dacia Spring fehlt (und damit ein Modell einer Markentochter des französischen Autokonzerns Renault, das in Frankreich bisher sehr beliebt war), dürfte eine Art Kollateralschaden sein.
Interessant dabei ist, dass auf ähnliche Weise in Osteuropa gefertigte E-Autos und deren Batterien nicht von der Kaufprämie ausgeschlossen werden (siehe Jeep Avenger). Trotzdem soll die nach einer "äußerst präzisen wissenschaftlichen Methodik" ausgearbeitete Regelung nicht gegen die Vorgaben der Welthandelsorganisation WTO verstoßen. Diese erlaube explizit ein solches Vorgehen zum Schutz der Umwelt. Frankreich verspricht sich durch die Neuregelung eine spürbare Minderung importierter Treibhausgase; die Rede ist von etwa 800.000 Tonnen im Jahr. Zudem will Deutschlands Nachbarland damit erreichen, dass ausländische Hersteller mehr E-Auto- und Batteriefabriken in Frankreich errichten.
Hinweis: In der Fotoshow zeigen wir Ihnen die aktuell meistverkauften Elektroautos in Deutschland. Und im Video nach dem ersten Absatz präsentieren wir Ihnen mit dem Citroën E-C3 ein Elektroauto für Normalverdiener. © auto motor und sport
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