Der Cupra Formentor hat sich den Ruf des Spitzensportlers unter den Kompakt-SUV redlich verdient. Als Stecker-Hybrid trifft er nun im Vergleichstest auf Mister Harmony, den Hyundai Tucson. Nach Punkten trennt die zwei nicht viel. Entscheidender ist, was der Käufer erwartet.

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Mal angenommen, Sie wollen bis zu 40.000 Euro für einen neuen SUV mit ordentlich Leistung ausgeben und sichten das Angebot. Sollen es Plug-in-Hybride sein, stoßen Sie zwangsläufig eher früher als später auf die zwei Autos dieses Vergleichstests. Mit 245 (Cupra) oder sogar 265 PS Systemleistung (Hyundai) erfüllen sie Kriterium Numero eins perfekt. Auch die Preise bleiben im gesteckten Rahmen, denn per womöglich bald endender Förderprämie fließen 7.178 Euro an Sie zurück. Und, bingo, schon steht bei beiden eine Drei vorne.

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Dass der Basispreis des Hyundai deutlich niedriger ist (siehe links), täuscht ein wenig. Denn vergleichbar gut ausgestattet kommt der Tucson als Modell Trend dann doch ein wenig teurer als der Formentor. So wichtig das Geld auch ist: Wichtiger ist, was ein Auto kann und was es mit einem macht. Und daher drehen wir mal eine Runde mit den zweien.

Ups, der meint es ja ernst

Der Formentor signalisiert schon beim Platznehmen hinter dem schönen Supersport-Lenkrad mit den runden Drucktasten für Motorstart und Fahrmodus-Auswahl (765 Euro), dass sein Fahrer im Idealfall so durchtrainiert sein sollte wie er: Viel Raum für Ansätze von Hüftspeck lassen die Sitze nicht, sie nehmen den Piloten ganz schön in die Zange. Hinzu kommt eine Art kokonhafter Integration des Fahrers, die eher an Sportcoupés als an Sport Utility Vehicles erinnert. Man fühlt sich sozusagen als integrierter Teil der Maschine, während der Tucson mit breit geschnittenen Sesseln und luftigem Raumgefühl klassische SUV-Tugenden bietet.

Dabei ist der Formentor gar nicht so eng, wie es den Anschein hat. Okay, ein paar Zentimeter weniger Ellbogenfreiheit bietet er, doch dafür ist die Kopffreiheit besser als im Tucson – trotz der viel dynamischeren Linie des Daches, dessen Scheitelpunkt 14 Zentimeter niedriger liegt als beim Tucson. Zwei Zentimeter weniger Beinraum gibt es hinten, doch auch 75 Zentimeter sind ja genug. Da ist die niedrige Anordnung der Sitzbank schon relevanter, denn der Hyundai stützt die Oberschenkel der Mitfahrer ein wenig besser ab.

Das mit der Bedienung regeln beide mit unübersehbarer Tendenz zum Touchen und Wischen. Der Hyundai gönnt sich noch einige mechanische Tasten mehr als der Cupra, und für die Idee, die Slider für Temperatur und Lautstärke im Dunkeln nicht zu beleuchten, wie es im Formentor der Fall ist, hätte die Entwicklungsmannschaft in Korea wohl eine kräftige Standpauke mit umgehendem Auftrag zur Nachbesserung erhalten.

Zahlen sagen nicht alles

Das alles ist bekannt und soll hier nicht weiter ausgeführt werden. Denn es gibt Wichtigeres, worüber man bei diesen Stecker-Hybriden reden muss. Da ist zum ersten die Sache mit der Systemleistung.

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Mit 265 zu 245 PS steht es auf dem Papier 1 : 0 für Korea, doch bei den Fahrleistungen läuft es dann eher auf ein Unentschieden hinaus: Mit 7,7 zu 7,1 Sekunden von 0 auf 100 km/h fährt der Tucson dem Cupra anfangs hinterher, dreht bei höherem Tempo allerdings den Spieß um und zeigt mehr Druck. Kräftig aus mittleren Drehzahlen heraus sind beide auch dank passend ausgelegter Automatikgetriebe; jenes des Cupra lässt sich auch per Lenkradwippen steuern. Bei freier Strecke und schwerem Gasfuß wird der Tucson mit 191 zu 210 km/h Spitze rasch kleiner im Spiegel des Formentor.

Der ist im E-Betrieb zudem der bessere Sprinter. Erklärung: Dem 150-PS-Benziner stellt Cupra einen 85 kW (115 PS) starken Elektromotor an die Seite. Hyundai krönt die 180 Verbrenner-PS nur mit elektrischen 67 kW (91 PS); auch ist das elektrische Drehmoment etwas niedriger. Zweite Erklärung für die verhaltenere Beschleunigung des Tucson im unteren Geschwindigkeitsbereich ist sein Mehrgewicht von rund 200 Kilogramm – Folge auch des serienmäßigen Allradantriebs mit diversen Fahrprogrammen für unterschiedlich knifflige Offroad-Untergründe. Diese Fähigkeiten werden wohl nur wenige Kunden nutzen, und der bei der Punktvergabe natürlich gewürdigte Traktionsvorteil ist auf der Straße praktisch nicht vorhanden: Der Cupra hat allenfalls im Nassen kleinere Probleme, seine Kraft auf die Straße zu bringen.

Auch als Plug-in-Hybrid fährt sich der Cupra, dieser Lamborghini Urus für den Normalverdiener, daher so messerscharf wie als reiner Verbrenner. Ganz präzise lenkt er ein, folgt schon kleinen Impulsen der sehr direkt und ansatzlos reagierenden Lenkung und sorgt so für mächtig Gaudi.

Der Tucson liegt da im Vergleich als richtig schweres Auto beinahe träge in der Hand und arbeitet Kurven aller Art vergleichsweise gleichgültig bis uninspiriert ab. Doch ehe wir uns missverstehen: Diese Auslegung ist für einen SUV absolut legitim und, wie die guten Verkaufszahlen zeigen, auch nah an den Bedürfnissen sehr vieler Kunden. Sie lässt den Mut der Cupra-Jungs, mit dem Formentor mal ins sportliche Extrem zu gehen, aber auch umsoheller strahlen.

Sport hat seinen Preis

Gibt’s keine Schatten? Natürlich gibt es die. Zwar nicht beim Verbrauch, wo der Cupra mit weniger Benzin, der Hyundai mit weniger Strom über die Runden kommt – aber beim Komfort etwa.

Selbst im Comfort-Modus arbeiten die serienmäßigen Adaptivdämpfer des Formentor straff, in "Sport" oder im extremen Cupra-Modus buckelt das Auto dann sehr derbe über geflickte Autobahnabschnitte oder wellige Landstraßen. Das ist bei aller Liebe schon fast drüber und lässt den ebenfalls adaptiv gedämpften Tucson (980 Euro) umso behaglicher wirken. Mit ihm sind Reisen schlicht weniger anstrengend – übrigens auch, weil es vorm Start kein Diskutieren ums Gepäck gibt. 345 selbst für einen Kompakten dürftige Liter schluckt der Cupra, rund 200 Liter mehr der Tucson, der durch die 40 : 20 : 40-Teilung der Lehne auch variabler ist.

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Punktemäßig wird es daher zum Ende richtig knapp – aber eindeutig. Denn keiner ist eine Alternative zum anderen nach dem Motto: Der gefällt mir auch. Dazu sind die zwei viel zu verschieden. Wem der Tucson gefällt, für den ist der Formentor nichts – und umgekehrt. Erkenne dich selbst!  © auto motor und sport

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