Während beim Carsharing für viele die geringen Kosten im Verhältnis zu relativ hoher Mobilität ausschlaggebend sind, entscheiden sich andere aus ökologischen Gründen für die Günstig-Mietwagen – schließlich wird Carsharing grundsätzlich Umweltfreundlichkeit nachgesagt. Doch wie groß ist der ökologische Effekt wirklich?
Allgemein gelten Carsharing-Modelle als umweltfreundliche Alternative zum eigenen Auto. Abgesehen von den wenigen Elektro-Flotten, die von verschiedenen Anbietern bisher eingesetzt werden, bleibt aber die Frage, ob dem wirklich so ist?
Free-Floating vs. feste Stationen
Unterschieden wird grundsätzlich zwischen zwei Carsharing-Systemen: Dem mit festen Stationen, an denen das Auto abgeholt und auch wieder zurückgebracht wird, sowie dem sogenannten Free-Floating-Modell. Hier stehen die Autos kreuz und quer in der Stadt verteilt und können auch an einem öffentlichen Ort im Geschäftsgebiet des Anbieters wieder abgestellt werden. Die Flexibilität ist hier zwar größer, jedoch auch die Kosten pro gefahrenem Kilometer beziehungsweise Minutenpreis.
Der Vorteil des Carsharings liegt auf der Hand: Zum einen verzichten gerade Großstädter – so die Annahme – auf ein eigenes Fahrzeug, wenn sie die Möglichkeit der flexiblen Nutzung haben. Außerdem sind die Fahrzeuge der Anbieter, darunter namhafte Automobilbauer wie Daimler (Car2Go) oder BMW (DriveNow), im Durchschnitt neuer und fortschrittlicher als viele Privatwagen und haben daher auch einen geringeren Verbrauch und Schadstoffausstoß. Einige Carsharing-Unternehmen setzten inzwischen vereinzelt auch Elektroautos ein und verzichten somit ganz auf Benzinmotoren.
Autos brauchen Platz
Laut einer Studie des Bundesverbands CarSharing (BCS) kann ein Carsharing-Wagen vier bis acht PKW ersetzen – belegt sind diese Zahlen jedoch nicht. Dadurch soll nicht nur der Verkehr in einer Stadt entlastet werden, sondern auch Parkraum frei werden, den die Privatautos ansonsten einnehmen würden. Viele von ihnen stehen zudem lange Zeit ungenutzt herum, im Schnitt bis zu 23 Stunden am Tag – das gilt als wenig effektive Nutzung und kann durch Carsharing, wo die Autos im Idealfall voll ausgelastet sind, aufgefangen werden.
Doch Belege für diese durchaus stichhaltigen Argumente sind schwer zu finden, da es kaum umfassende Studien hinsichtlich des Nutzungsverhaltens von Carsharern gibt. Haben diese vorher ein eigenes Auto besessen und diesen abgeschafft? Nutzen sie Car2Go und Co. häufiger als zum Beispiel den öffentlichen Nahverkehr und für welche Strecken, eher lange oder kurze?
Zweifel am ökologischen Nutzen
Eine Studie des Beratungsunternehmens Civity, das ein Jahr lang Millionen von Datensätzen der Anbieter auswertete, sorgte laut "taz" im Herbst 2014 für Aufsehen, da sie die Umweltfreundlichkeit des Carsharings in Frage stellte. In der Studie hieß es unter anderem: "In Berlin sind 50 Prozent der Fahrten kürzer als 5 Kilometer. Free-Floating-Carsharing ist in einem erheblichen Umfang motorisierte Bequemlichkeitsmobilität im Nahbereich, die vorher mit stadt- und umweltverträglicheren Verkehrsmitteln, wie dem öffentlichen Verkehr und dem Fahrrad, durchgeführt wurde."
Anders verhält es allerdings, bei Carsharing-Modellen wie der Mitfahrzentrale oder wenn allgemein mehr Personen im Auto unterwegs sind. Je größer die Auslastung des Fahrzeugs, desto höher ist auch die Effektivität, demnach also auch der positive Umwelteinfluss - wie bei einer Fahrgemeinschaft.
Verursacht Carsharing mehr Verkehr?
Demzufolge würde Carsharing sogar mehr Verkehr verursachen und insbesondere beim Free-Floating-Modell auch nicht dem Platzproblem Abhilfe schaffen, da diese Wagen genauso öffentlichen Parkraum beanspruchen wie Privatautos. Auch die Nutzungsintensität sei nicht höher als bei diesen – die Carsharing-Anbieter halten jedoch dagegen. Im Durchschnitt 150 Minuten sei ein Car2Go-Auto am Tag im Einsatz, deutlich länger als jeder Privat-PKW.
Der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) hingegen sieht den Sachverhalt differenzierter: "Carsharing und öffentlicher Personennahverkehr gehören zusammen", fasst Projektmanager Gregor Kolbe zusammen. "Free-Floating sowie weitere Carsharing-Modelle unterstützen diejenigen, die sich entschieden haben, auf das Privatauto zu verzichten." © 1&1 Mail & Media/ContentFleet
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