• Am Mittwoch beginnt in Kanada die Weltnaturkonferenz COP 15.
  • Die Hoffnung von Naturschützern: Dort soll ein weltweites Abkommen für den Artenschutz entstehen.
  • Bundesumweltministerin Steffi Lemke will sich in Montréal dafür einsetzen, dass weltweit 30 Prozent der Landes- und Meeresfläche unter Schutz gestellt werden.

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Rund eine Million Tier- und Pflanzenarten auf der Welt gelten derzeit als vom Aussterben bedroht. Die Naturschutzorganisation WWF warnt vor dem "größten Artensterben seit der Dinosaurierzeit". Wenn es nach Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) geht, soll eine Konferenz im kanadischen Montréal eine "Trendwende" bringen. 196 Staaten verhandeln dort am Mittwoch über ein weltweites Abkommen gegen das Artensterben.

So ein Abkommen wäre auch ganz im Sinne der Menschheit, sagt Lemke vor ihrer Abreise am Dienstag in der Bundespressekonferenz: "Viele Menschen denken bei biologischer Vielfalt immer noch an den Schutz von Elefanten oder Tigern, aber letztlich geht es darum, unsere Lebensgrundlagen zu schützen." Je weniger Arten vorhanden seien, desto anfälliger seien Ökosysteme. Und nur mit intakten Ökosystemen bleibe der Planet auf Dauer bewohnbar.

Weltnaturgipfel COP 15 in Montréal: Hoffnung auf einen "Paris-Moment"

Auf nicht weniger als einen "Paris-Moment für den Artenschutz" hofft auch Elizabeth Maruma Mrema, die Chefin der UN-Biodiversitätskonvention. In Paris hatten sich 2015 die Teilnehmer der UN-Klimakonferenz darauf geeinigt, die Erderhitzung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit möglichst auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Das gilt bis heute als großer Durchbruch, auch wenn das Ziel in weiter Ferne ist.

Der 15. Weltnaturgipfel beginnt offiziell am Mittwoch (7. Dezember) und ist bis zum 19. Dezember angesetzt. 196 Staaten sind dort vertreten. Von dem Gipfel erhoffen sich die Organisatoren, Experten und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen nun Ähnliches wie von Paris 2015: ein richtungsweisendes globales Abkommen für den Artenschutz.

30x30x30-Regel: Experten sind skeptisch

Deutsche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen forderten im Vorfeld der Konferenz einen grundlegenden Wandel im Wirtschaftssystem. "Derzeit steuern wir auf einen Temperaturanstieg um 3 Grad Celsius und einen Verlust von einer Million Arten bis zum Ende des Jahrhunderts zu", heißt es in der "Frankfurter Erklärung".

Eines der Hauptziele der Konferenz in Kanada: Die Staaten sollen sich verpflichten, bis 2030 mindestens 30 Prozent der weltweiten Landes- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen. Nach Ansicht einiger deutscher Experten ist aber fraglich, ob diese 30x30x30-Regel erreicht werden kann. "Ich denke, wir werden das nicht hinkriegen", sagte etwa Thomas Brey vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven mit Blick auf die Meeresflächen der Deutschen Presse-Agentur. Er sieht Widerstände vor allem aus Asien und aus Russland. Derzeit sind laut Experten etwa sieben Prozent der Meere geschützt.

In Deutschland stehen 4,4 Prozent der Landesfläche unter Naturschutz

Doch auch Deutschland hat bei dem Thema noch Hausaufgaben zu machen. Naturschutzgebiete und Nationalparks bedecken dem Umweltbundesamt zufolge hierzulande 4,4 Prozent der Landesfläche. Dass viele Arten unter Druck stehen, lässt sich besonders an den Vögeln ablesen: Laut Naturschutzbund NABU sind seit 1980 mehr als zehn Millionen Brutpaare von Vogelarten der Agrarlandschaft wie Feldlerche, Rebhuhn und Kiebitz verschwunden. Auch die Hälfte der in Deutschland lebenden Amphibienarten gilt als bedroht.

Für die Rohstoffgewinnung, für den Bau von Straßen, Gewerbe- und Wohnflächen oder auch für den Ausbau der Erneuerbaren Energien gehen auch heute noch in Deutschland Naturflächen verloren. In Niedersachsen zum Beispiel könnten wertvolle Moorflächen dem Weiterbau der Küstenautobahn A20 weichen - auch wenn die Planung nach einer Gerichtsentscheidung vorerst gestoppt wurde.

"Wir sind nicht nur Musterschüler, sondern haben ebenfalls Nachholbedarf", räumt Bundesumweltministerin Lemke ein. Wenn man zu den Naturschutzgebieten und Nationalparks auch die Biosphärenreservate und Landschaftsschutzgebiete mit niedrigerem Schutzstatus hinzuzähle, kommt Deutschland nach ihrer Auskunft ebenfalls auf die weltweit angepeilte 30-Prozent-Quote. Allerdings müssten Schutzgebiete auch in Deutschland besser gemanagt werden, so Lemke. Ein Abkommen müsste aus ihrer Sicht zudem "Etikettenschwindel" verhindern und Regeln formulieren, damit eine Fläche wirklich als geschützt gelten kann.

Ehrgeizige Ziele

Bundesumweltministerin Lemke zur Weltnaturkonferenz
Bundesumweltministerin Steffi Lemke reist selbst zur COP-15 in Kanada.

Die deutsche Ministerin reist mit ehrgeizigen Zielen nach Montréal. Sie hofft dort auf ein weltweites Abkommen, das erstens "ehrgeizige, messbare und verbindliche Ziele" formuliert und zweitens auch festschreibt, wie diese Ziele umgesetzt und kontrolliert werden. Drittens geht es auch hier um Geld, unter anderem zur Wiederherstellung von bereits zerstörter Natur. Deutschland hat seine Mittel für die weltweite Förderung der biologoschen Vielfalt inzwischen auf 1,5 Milliarden Euro verdoppelt.

Die Welt hat sich allerdings bereits in der Vergangenheit Ziele für die Biodiversität gesetzt, die dann nicht erreicht wurden. Darauf weist auch Lemke hin. Sie will deshalb keine neuen Ziele aufstellen. Mit dem Vorhaben, 30 Prozent der globalen Fläche bis 2030 unter Schutz zu stellen, habe man bereits ein gutes Ziel. Wichtig seien jetzt Regeln zur Umsetzung. Im Vorfeld haben sich die Staaten offenbar auf erste Eckpunkte geeinigt. Das lässt Lemke mit etwas Optimismus zum Weltnaturgipfel reisen.

Immerhin erinnert der Verhandlungsort Montréal daran, dass die Weltgemeinschaft sich durchaus im Sinne der Umwelt zusammenraufen kann: 1987 wurde in der kanadischen Millionenstadt das Montréaler Protokoll zum Schutz der Ozonschicht unterzeichnet: Die Nutzung der besonders schädlichen Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) ging daraufhin weltweit deutlich zurück.

Verwendete Quellen:

  • Pressenkonferenz mit Bundesumweltministerin Steffi Lemke in der Bundepressekonferenz
  • Deutsche Presse-Agentur
  • Frankfurter-Erklaerung.eu
  • NABU.de: Vögel verschwinden auf Wiesen und Feldern
  • Umweltbundesamt.de: BD-R-2: Gebietsschutz
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