• Lange wehrte sich Finanzminister Lindner gegen eine Übergewinnsteuer.
  • Nun soll sie für Mineralöl- und Gasunternehmen doch kommen.
  • Über die Details ist man sich innerhalb der Ampel aber noch uneinig.

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Das Bundesfinanzministerium will Übergewinne von Mineralöl- und Gasunternehmen mit einem Steuersatz von 33 Prozent besteuern. Das berichten "Welt Online" und das "ARD-Hauptstadtstudio" übereinstimmend, unter Berufung einer sogenannten Formulierungshilfe, die den beiden Redaktionen vorliegt.

"Der EU-Energiekrisenbeitrag ist eine Steuer im Sinne der Abgabenordnung", zitiert "Welt Online" aus der Formulierungshilfe zum Jahressteuergesetz 2022. Alle im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich tätigen Unternehmen sollen demnach jenen Gewinn aus den Jahren 2022 und 2023 extra versteuern, der mehr als 20 Prozent über dem Durchschnittsgewinn der Jahre 2018 bis 2021 liegt.


Die Einnahmen und die Abschöpfung von Zufallsgewinnen will der Bund dem Bericht zufolge nutzen, um die Kosten der Strompreisbremse zu decken. Die zusätzlichen Einnahmen des Bundes werden auf ein bis drei Milliarden Euro beziffert.

Grüne wollen Übergewinne höher besteuern

In der Ampel-Koalition gibt es allerdings Streit darüber, welchen Teil ihrer Krisengewinne Öl- und Gaskonzerne an den Staat zahlen sollen. Das Bundesfinanzministerium schlägt einen Satz von 33 Prozent vor. Das entspricht dem europarechtlichen Minimum, wie es am Mittwoch aus Ministeriumskreisen hieß. Der Fraktion der Grünen geht das nicht weit genug.

Das erklärten unter anderem die Parteichefs Ricarda Lang und Omid Nouripour dem Fernsehsender Welt. "Wenn man sich anschaut, wie hoch die Gewinne sind, die gemacht wurden, die Übergewinne, die ja nicht auf kluge Investitionsentscheidungen zurückgehen, sondern tatsächlich auf diesen Krieg, dann muss am Ende auch die Höhe bei der Steuer dem gerecht werden", betonte Lang. Eine genaue Forderung wollte Nouripour aus verhandlungstaktischen Gründen nicht öffentlich nennen.

Die finanzpolitische Sprecherin der Grünen Katharina Beck sagte der Welt: "Der Entwurf des Finanzministeriums für die Abgabe von Übergewinnen von Öl- und Gasfirmen bleibt deutlich hinter dem Notwendigen zurück". In der jetzigen Form seien Gewinnverschiebungen ins Ausland zu befürchten. Sie gehe davon aus, dass die Abgabe großflächig umgangen werden könne.

Beck forderte, dass sowohl bei der Bemessungsgrundlage als auch der Höhe des Steuersatzes nachgeschärft wird. "Die EU-Verordnung beschreibt 33 Prozent klar nur als Mindestsatz – ein höherer Satz ist möglich", sagte sie. Eine ähnliche Behandlung von Übergewinnen im Mineralöl- und Zufallsgewinnen im Strombereich gebiete die Marktfairness.

Ersten Schätzungen zufolge müsste aus ihrer Sicht die Höhe des Satzes bei den Öl- und Gasfirmen in einer Größenordnung von 60 bis 80 Prozent liegen, um der Höhe der Abschöpfung im Strombereich ungefähr zu entsprechen.

Lindner gibt bei Übergewinnsteuer nach

Im Ministerium von Finanzminister Christian Lindner (FDP) dagegen sieht man "erhebliche verfassungsrechtliche Risiken" angesichts des Krisenbeitrags. "Das Vorhaben passt nicht zu unserem nationalen Steuersystem", hieß es aus Ministeriumskreisen, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet. Die EU zwinge Deutschland, steuerrechtlich dünnes Eis zu betreten.

Lindner hatte sich lange gegen eine Übergewinnsteuer für Energieunternehmen gewehrt. Dass er nun einlenkt, lässt sich höchstwahrscheinlich auf Druck der Europäischen Union zurückführen. Die EU-Energieminister hatten im Oktober entschieden, dass Energiefirmen mit hohen Einnahmen in der Krise zur Kasse gebeten werden sollen, um Privathaushalte zu entlasten. Einen Teil ihrer Krisengewinne sollen sie an den Staat zahlen. (thp/dpa)