Während in Europa Länder mit einer Inflation von 10 Prozent zu kämpfen hatten, waren es in der Türkei 85 Prozent. Nun ist die Teuerungsrate dort das erste Mal seit mehr als einem Jahr unter 40 Prozent gefallen. Doch Experten haben Zweifel an den offiziellen Zahlen.
Die Inflation in der Türkei ist nach offiziellen Angaben erstmals seit 16 Monaten wieder auf unter 40 Prozent zurückgegangen. Im Jahresvergleich stiegen die Verbraucherpreise um 39,6 Prozent, wie das Statistikamt am Montag in Ankara mitteilte.
Die Opposition zweifelt die offiziellen Zahlen allerdings an und geht davon aus, dass die eigentliche Inflation höher liegt. Auch unabhängige Experten von der Forschergruppe Enag bezweifeln die offiziellen Daten und gehen von einer Teuerungsrate von 105 bis 109 Prozent aus.
Die Inflation in der Türkei hatte im Herbst 2022 mit nach offiziellen Zahlen 85 Prozent ihren Höhepunkt erreicht. Seitdem steigen die Preise weiter an, die Teuerungsrate ist allerdings rückläufig. Im Monatsvergleich stiegen die Verbraucherpreise nur noch geringfügig.
Erdogan glaubt nicht an Zinserhöhungen im Kampf gegen Inflation
Ein entscheidender Grund für die immer noch hohe Inflation ist die schwache Landeswährung Lira, die Einfuhren in die Türkei verteuert. In der vergangenen Woche war der Wechselkurs zu Dollar und Euro auf historische Tiefstände gefallen. Fachleute erklären die anhaltende Talfahrt vor allem mit der lockeren Geldpolitik der türkischen Notenbank.
Im Gegensatz zu vielen anderen Zentralbanken gehen die Währungshüter der Türkei nicht mit Zinsanhebungen gegen die hohe Teuerung vor, sondern haben ihre Leitzinsen sogar reduziert. Dies entspricht der Haltung von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, der - entgegen der Lehrmeinung - in hohen Zinsen kein Mittel gegen Geldentwertung, sondern vielmehr eine Ursache dafür sieht.
Erdogan hat dem Kampf gegen die Inflation seit seiner Wiederwahl zwar höchste Priorität eingeräumt, Experten glauben aber nicht, dass sich an seiner Geldpolitik groß etwas ändern wird. Erdogan hatte am Samstag den erfahrenen Ökonomen Mehmet Simsek zum Finanzminister ernannt, der für eine rationale Geldpolitik plädiert. Inwieweit Erdogan ihm freie Hand lässt, bleibt abzuwarten. (dpa/afp/thp)

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