Günther Jauch bewirbt zurzeit für den Discounter Lidl eine ökologische Plastikflasche. Das sei "Greenwashing", meint die Deutsche Umwelthilfe. Der Moderator fällt nicht zum ersten Mal mit scheinbarer Öko-Werbung auf.

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"Lidl sagt, das hier sei eine der ökologischsten Flaschen. Ausgerechnet diese hier – eine Einwegflasche." So beginnt ein neuer Werbespot mit Günther Jauch. Der prominente Moderator ist das Gesicht für eine aktuelle PR-Kampagne des Discounters Lidl, die mit Plakaten, Fernsehspots und Youtube-Videos auf sich aufmerksam macht. Das Rampenlicht fällt auf eine scheinbar umweltfreundliche Plastikflasche.

Im Video zur Werbeaktion erklärt Jauch das Recycling-System. Die Zuschauer können den 66-Jährigen in einer Produktionshalle beobachten, wie er den dargestellten Wiederverwertungs-Kreislauf der Plastikflaschen begleitet. Immer wieder betont Jauch dabei die Umweltfreundlichkeit der angebotenen Einwegflaschen der Lidl-Eigenmarken.

Deutsche Umwelthilfe: "Lidl vergleicht Äpfel mit Birnen"

Die Kampagne stützt sich auf eine Studie des Heidelberger Ifeu-Instituts. Sie sollte im Auftrag von Lidl die Ökobilanz der Flaschen untersuchen. In der Anzeige werden die scheinbaren Vorteile der bei Lidl erhältlichen 1,5-Liter-Flaschen angepriesen. Entscheidender Faktor für die Umweltbilanz sei hier das Volumen. Daraus ergäben sich Vorzüge gegenüber der kleineren 0,7-Liter Mehrweg-Flaschen der Genossenschaft Deutscher Brunnen.

Vor dem "verzerrenden Vergleich zwischen Einweg und Mehrweg" warnt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) in einer Pressemitteilung. "Videos mit Günther Jauch in futuristischen computergenerierten Fabriken sollen offenbar von den eigentlichen Fakten ablenken: Lidl vergleicht Äpfel mit Birnen und verschweigt in ihren Werbespots für sie unangenehme Ergebnisse", erklärt DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz.

Alte und neue Daten verglichen?

Lidl vergleiche sein eigenes spezifisches Einwegplastik-System nicht mit dem eines spezifischen Mehrweg-Abfüllers, sondern stellt diesem Marktdurchschnittsdaten von Mehrweg gegenüber, erklärt die DUH. Dabei werden für das Lidl-System neue Daten aus dem Jahr 2021/22 und für Mehrweg Zahlen verwendet, die teils vor mehr als zehn Jahren erhoben worden seien. Darüber hinaus verschweige der Discounter in seinen Werbespots und auf Plakaten, dass die "0,5 Liter Lidl-Einweg-Plastikflasche aus 100 Prozent Recyclingmaterial ökobilanziell schlechter als Mehrweg" abschneide.

Um das beim Recycling verloren gegangene Material wieder aufzufüllen, soll sich Lidl bei anderen Marktakteuren bedienen und von ihnen alte Einweg-Plastikflaschen beziehen. Diese Unternehmen müssten das Material dadurch anderweitig ersetzen. In der Regel greifen sie dazu auf fossil basiertes Neuplastik zurück. "Der angebliche 100-Prozent-Recyclingkreislauf von Lidl wird so zur Farce", sagt der DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft Thomas Fischer.

Man fordere Günther Jauch auf, sich von dieser Werbekampagne zu distanzieren, biete ihm auch ein Gespräch an.

Günther Jauch: "Es gibt noch Aufklärungsbedarf"

Nach der harschen Kritik rund um das Werbeversprechen von Lidl äußerte sich der Moderator zu den Vorwürfen: "Es ist eine ökologische Getränkeverpackung, zu der es allerdings noch Aufklärungsbedarf gibt", sagte der Moderator zur "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ).

Zu den umstrittenen Vergleichswerten der in Auftrag gegebenen Studie zur Ökobilanz durch das Ifeu-Institut meinte Günther Jauch: "Über den 'Einsatz von Parametern' sollen sich die Fachleute austauschen."

Auch Greenpeace kritisierte den Moderator und warf ihm "falsche Werbeversprechen" vor: "Es ist erschreckend, dass Günther Jauch sich vor den Karren einer Einwegfirma spannen lässt, die den Wandel zum Mehrweg boykottiert", erklärte Greenpeace-Expertin Viola Wohlgemuth. Die NGO lud Jauch auf eine Müllhalde in Tansania oder Kenia ein: "Als guter Journalist kann er sich dort informieren, wie nachhaltig seine Plastik-Flaschen sind."

Bier trinken für den Regenwald

Auf die Frage, ob er die Einladung annehme, sagte Jauch: "Ich weiß, dass es, insbesondere auf dem afrikanischen Kontinent, Plastikmüllhalden gibt. Auch deshalb halte ich das System der Kreislaufflasche erst recht dafür geeignet, dass dieser Irrsinn aufhört." Auf seinem eigenen Weingut plane Jauch keine Umstellung auf das PET-Flaschen-System.

Jauch war schon einmal Werbegesicht einer umstrittenen Umweltkampagne. Für die Krombacher-Brauerei hatte er zum Regenwaldprojekt aufgerufen. Durch jeden verkauften Kasten Bier, schütze man einen Quadratmeter Regenwald.

Ab Juni 2002 war dann Schluss mit umweltbewusstem Trinken. Ein Gericht entschied, dass die Brauerei vorerst nicht mehr damit werben darf, dass mit jedem gekauften Bierkasten ein Stück Regenwald geschützt werde, schreibt der Spiegel. Die Krombacher-Spots schränke die "Entscheidungsfreiheit" des Verbrauchers unzulässig ein, weil sie ihn vor die Entscheidung stellten, entweder "Krombacher zu kaufen oder den Schutz des Regenwalds zu verweigern". Dies aber käme einem unerlaubten "moralischen Kaufzwang" gleich, erklärte der Richter damals.

Verwendete Quellen:

  • Pressemitteilung der Deutschen Umwelthilfe vom 26. April
  • Noz.de: Günther Jauch bewirbt Lidl-Flaschen – wie ökologisch ist Einweg-PET wirklich?
  • Spiegel.de: Kein Schlückchen Bier fürs Stückchen Urwald
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