Das Morning Briefing von Gabor Steingart - kontrovers, kritisch und humorvoll. Wissen, über was politisch diskutiert wird. Heute: Lufthansa-Vorstandsvorsitzender Carsten Spohr über die Situation des Konzerns.

Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,
Europas größte Fluggesellschaft, die Deutsche Lufthansa, ist mit der Pandemie direkt im Auge des Taifuns gelandet. Dramatische Zahlen kennzeichnen die aktuelle Lage:
- Die Milliardengewinne der Jahre 2018 und 2019 werden sich in 2020 in ein deutliches Minus verwandeln: Wegen der Coronakrise hat das Unternehmen in den ersten neun Monaten des Jahres bereits 5,6 Milliarden Euro Verlust eingefahren.
- Die Mitarbeiterzahl von knapp 138.000 im Jahr 2019 soll bis Ende 2020 um rund 29.000 Mitarbeiter reduziert sein. Nun droht auch rund 1.000 Piloten in Deutschland das abrupte Ende ihrer Karriere.
- Trotz der bisherigen Radikalkur verliert die Lufthansa alle zwei Stunden eine Million Euro. Der sogenannte "cash drain" würde jedes normale Unternehmen in die Knie zwingen.
Diese Ausgangslage ist Grund genug, um mit dem Mann zu sprechen, der im Cockpit sitzt. Der Lufthansa-Vorstandsvorsitzende Carsten Spohr, ein studierter Wirtschaftsingenieur und zugelassener Pilot, ausgestattet auch mit der Lizenz zum Steuern eines A320, beschreibt die Situation wie folgt:
Aber, sagt Spohr, das Management würde nicht verzweifeln, sondern gegensteuern:
Diesen Kurs der Kostenreduktion will er fortsetzen, auch in 2021:
Die Perspektive:
Der Weg dorthin ist mit Opfern gepflastert:
War's das? Spohr sagt: Nein.
Spohr setzt auf die Rückkehr der Lust am Fliegen und den Rückzug der Flugangst. Die Luft sei nirgendwo besser als über den Wolken, was nicht an den Wolken, sondern an der Klimaanlage im Flieger liege:
Auf die Frage, wann sein Unternehmen wieder die Zahlen wie in den Jahren vor der Pandemie einfliegt, sagt er:
Die hohe Staatsbeteiligung bekümmert ihn laut eigener Aussage nicht so sehr:
Fazit: Hier berichtet ein prominenter Zeitzeuge vom pandemischen Schicksal – und der unverwüstlichen Zuversicht, diesem ein Schnippchen schlagen zu können. Oder wie Peter Sloterdijk in "Die schrecklichen Kinder der Neuzeit" schreibt: "Du kennst die Anfänge nicht, die Enden sind dunkel, irgendwo dazwischen hat man dich ausgesetzt. In der Welt sein heißt, im Unklaren sein."
Ich wünsche Ihnen einen zuversichtlichen Start in den neuen Tag. Es grüßt Sie herzlichst
Ihr
Gabor Steingart