Diese Oscar-Anwärter laufen schon bei Netflix, Disney+ und weiteren Anbietern

Die Hoffnungen auf einen deutschen Oscar-Abräumer waren selten größer als 2023. Gleich neun Preise winken der Literaturverfilmung "Im Westen nichts Neues" - unter anderem als bester Film. Das Kriegsdrama gibt es bei Netflix zu sehen, und es ist nur ein Anwärter auf den Goldjungen, der schon vor der Verleihung am 12. März im Stream verfügbar ist.

Deutsche Soldaten als Kanonenfutter an der unerbittlichen Front des Ersten Weltkriegs: Edward Berger scheut in seiner Verfilmung des Romans von Erich Maria Remarque, "Im Westen nichts Neues" (bei Netflix), nicht davor zurück, das Leid des Krieges schonungslos zu zeigen. Das einprägsame Kriegsdrama lässt einen fassungslos zurück.

Mit der Neuverfilmung tritt Netflix in große Fußstapfen: 1930 gewann Lewis Milestones meisterhafte Verfilmung des literarischen Stoffes zwei Oscars. Ob es für die Darstellerriege um Felix Kammerer (links), Albrecht Schuch (rechts), Aaron Hilmer, Devid Striesow und Daniel Brühl ähnlich hoch hinausgeht, zeigt sich bei der Oscar-Verleihung.

CGI und Stunt-Doubles? Nicht mit Tom Cruise! Der Hollywoodstar setzte sich für den imposanten Action-Blockbuster "Top Gun - Maverick" (bei Paramount+) selbst ins Kampfjet-Cockpit, wenngleich er in der Fortsetzung des Kult-Fliegerfilms nunmehr als Ausbilder die kommende Generation auf gefährliche Missionen zur Wahrung des Weltfriedens vorbereitet.

Zwar ist die mitreißende Fliegeraction technisch auf dem modernsten Stand, punktet aber auch mit jeder Menge Nostalgie - von Kenny Loggins neuem "Danger Zone" bis zu alten Bekannten aus dem Originalfilm. Bei den Oscars geht "Top Gun Maverick" in der Kategorie "Bester Film" und in vier weiteren Sparten ins Rennen.

Sein Hüftschwung versetzte die Frauenwelt in Wallung und garantierte ihm in den 50er-Jahren Schlagzeilen: Auch wenn Elvis Presley nicht der Geburtshelfer auf dem Siegeszug des Rock'n'Roll war, so ist er doch einer der populärsten Vertreter. Der Musiker mit der charakteristischen Schmalzlocke avancierte zum ersten globalen Pop-Megastar der Musikgeschichte.

Diesen phänomenalen Siegeszug, inklusive der Schattenseiten, beleuchtet Buz Luhrmann in seiner filmischen Würdigung "Elvis" (bei WOW). Austin Butler sang in der Hauptrolle sogar selbst, was Elvis' frühere Ehefrau Priscilla Presley als "herausragend" lobte. Neben Butler als Hauptdarsteller und in der Kategorie "Bester Film" winken sechs weitere Goldjungen.

Schon der Titel des schrägen Film-Highlights "Everything Everywhere All at Once" (2022) lässt tief blicken. Tatsächlich weiß man vor dem Bildschirm einzig, dass das Multiversum von "etwas sehr Bösem" bedroht wird, dem nur Evelyn (Michelle Yeoh) die Stirn bieten kann. Doch wie viele Versionen der Hauptfigur gibt es in dem Genremix aus Science-Fiction, Abenteuer und Komödie eigentlich?

Die Rettung der Welt ist kein einfaches Unterfangen, sie erfordert die Bündelung aller Kräfte der zahlreichen Evelyns. Genug vom ernsten Hollywood-Sci-Fi? Fans des Genres, die es etwas unkonventioneller mögen, ist "Everything Everywhere All At Once" (bei WOW) zu empfehlen. Der Film-Hochkaräter ist nicht umsonst für elf Oscars nominiert.

Die liebreizende Ausstrahlung, die Körperlichkeit, das Posen vor dem Spiegel und die charakteristischen blonden Haare: Ana de Armas und das Make-up-Departement des Netflix-Dramas "Blond" haben ganze Arbeit geleistet. Die 34-Jährige sieht Marilyn Monroe zum Verwechseln ähnlich. Ein Oscar als beste Hauptdarstellerin wäre nicht überraschend.

Dafür haben die Macher keine Kosten und Mühen gescheut. Zweieinhalb bis drei Stunden saß de Armas gemäß Netflix täglich (!) in der Maske, um sich an die reale Marilyn Monroe optisch anzunähern. Für Ana de Armas war es offenbar eine sehr intensive Zeit: Sie habe sogar von Monroe geträumt, verriet der Hollywoodstar in einem Interview.

Eine Rückkehr in ihre Heimat stand für US-Militäringenieurin Lila (Jennifer Lawrence) nicht auf dem Plan. Doch eine Explosion in Afghanistan lässt ihre keine Wahl. Während der mühsamen Rehabilitation muss auch ihr Geist heilen. Automechaniker James (Oscar-Anwärter Brian Tyree Henry) erweist sich im Apple-Drama "Causeway" als unerwartete Hilfe.

Der überraschende Krebstod von Chadwick Boseman 2020 erforderte für die "Black Panther"-Fortsetzung "Wakanda Forever" (bei Disney+) ein Umdenken. Statt der bombastischen Heldengeschichte erwartet das Publikum eine Heldinnengeschichte. T'Challas (Boseman) Mutter Ramonda (Angela Bassett), Königin von Wakanda, sieht sich mit einer schwierigen Gratwanderung konfrontiert.

Sie muss gleichzeitig Trauerarbeit leisten und Führungsfigur für ihr Volk sein. Letzteres wird besonders bedeutsam, weil andere Länder aufgrund von T'Challas Ableben ihre Chance wittern, Wakanda auszubeuten und sich die Vorkommnisse des Supermetalls Vibranium zu sichern. Der episch inszenierte und beeindruckend bebilderte Actionfilm hat die Chance auf fünf Oscars.

In "Glass Onion: A Knives Out Mystery" (Netflix) lässt Regisseur Rian Johnson die Grenzen zwischen klassischem Agatha-Christie-"Whodunnit" und Gesellschaftssatire verschwimmen. Er rechnet in seinem Werk mit Cancel Culture und Social Media ebenso ab wie mit der Corona-Pandemie. Schon allein Tech-Milliardär Miles Bron (Edward Norton) ist einen Filmabend im Heimkino wert.

Einen Mord gibt es natürlich auch im Fahrwasser des exzentrischen Spiels, das der Superreiche seine Gäste - ein Figuren(grusel)kabinett - auf seiner Privatinsel austragen lässt. Da kommt auch der geniale Ermittler Blanc (Daniel Craig) ins Spiel, der einmal mehr sein deduktives Talent zur Schau stellt. Ein Oscar für das beste adaptierte Drehbuch ist möglich.

Regisseur Guillermo del Toro erweckt in seinem ersten Animationsfilm Pinocchio und den Holzschnitzer Geppetto einmal mehr zum Leben. Die Geschichte, die im faschistischen Italien der 1930er-Jahre spielt, ist ein Herzensprojekt del Toros: "Zu keinem anderen Charakter der Filmgeschichte führe ich eine so tiefe, persönliche Beziehung wie zu Pinocchio."

Anders als der berühmte Kinderfilm-Klassiker orientiert sich seine Vision an der Original-Geschichte des italienischen Autors Carlo Collodi. "Perverser" und "gruseliger" als die Disney-Interpretation sei dessen Ansatz, beschrieb der Regisseur schon vor Jahren. "Guillermo del Toros Pinocchio" ist bei Netflix verfügbar und hofft auf einen Goldjungen als bester Animationsfilm.

Toronto, Anfang der 2000-er: Das Leben der 13-jährigen Mei Lee ist nicht immer einfach. Doch es kommt noch schlimmer. Eines Tages wird Mei von einem Familienfluch eingeholt: Jedes Mal, wenn die Emotionen des Mädchens überkochen, verwandelt sich Mei im Disney-Animationsspektakel "Rot" (bei Disney+) in einen riesigen, roten Panda.

Der knuffige Animationsspaß ist der erste Pixar-Film, bei dem mit der Filmemacherin Domee Shi ausschließlich eine Frau Regie geführt hat. Angesichts der Oscar-Nominierung des gelungenen Coming-of-Age-Abenteuers als bester Animationsfilm könnte das ein gutes Omen sein: 2019 holte Shi für ihren Kurzfilm "Bao" die goldene Trophäe.

In seiner Dokumentation "Nawalny" (bei RTL+) nimmt Regisseur Daniel Roher die Hintergründe des Anschlags auf den Kremlkritiker genauer unter die Lupe. Der aufschlussreiche Film, in dem Nawalny auch selbst zu Wort kommt, wurde beim Sundance Filmfestival 2022 mit dem Publikumspreis ausgezeichnet. Folgt jetzt der Oscar für die Polit-Doku?

Wer bei den Golden Globes abräumt, gilt üblicherweise auch bei den Oscars als Favorit. So gesehen darf "Argentina, 1985" (bei Amazon) nach dem Preis als bester internationaler Film auch bei den Oscars auf den großen Wurf hoffen. Der Politthriller handelt von der Klage des Staatsanwalt Julio Strassera (Ricardo Darín, rechts) gegen die argentinische Militärjunta.

Ein kleiner Mann mit großer Mission: Jacob Holland sagt im Animationsfilm "Das Seeungeheuer" (Netflix) ebenjenem todesmutig den Kampf an. Und er ist nicht allein, kann er sich doch stets auf seine treue Gefährtin Maisie Brumble verlassen. Der bunte Abenteuertrip könnte Netflix einen Oscar als bester animierter Spielfilm bescheren.

Auch in der Sparte "Bester Dokumentar-Kurzfilm" könnte Netflix am Ende der strahlende Gewinner sein. Grund ist der herzerwärmende 40-Minüter "Die Elefantenflüsterer". Im Zentrum steht das Ehepaar Bomman und Bellie, das sich rührend um ein verwaistes Elefantenbaby namens Raghu kümmert.