Die Pleite des FC Liverpool gestern Abend gegen Real Madrid ist mehr als eine Blamage an der Anfield Road. Das 2:5 hat eine historische Dimension: Nie kassierten die Reds mehr Tore in einem Heimspiel in der Champions League.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Pit Gottschalk dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Die Heimniederlage ist der Tiefpunkt einer Entwicklung, die in der Tabelle der Premier League abzulesen ist: Inzwischen liegt Liverpool 17 Punkte hinter dem einstigen Rivalen Manchester City. Auf Platz 8 im Mittelmaß.

Mehr News zur Champions League

Der Gedanke ist nicht mehr abwegig, dass in Liverpool vielleicht eine Ära zu Ende geht - die Ära von Trainer Jürgen Klopp. Es ist wie vorher in Mainz und Dortmund: Im siebten Jahr ist irgendwie der Wurm drin.

Damals in Dortmund, als die Erfolge ausblieben, war's ein Gespräch unter Männern, die zur Trennung in Freundschaft führte. So weit ist man in Liverpool noch nicht. Klopp kann noch immer Teil der Lösung werden.

Klopp kann man keinen Vorwurf machen

Denn dem Trainer kann man keinen Vorwurf machen. Er konnte oder durfte seine Mannschaft nicht so mit teuren Verstärkungen aufpimpen, wie's die Konkurrenz in Manchester und in London getan hat. Fünf, sechs neue Stars bräuchte er jetzt.

Liverpool gab 137 Mio. Euro vor der Saison aus und nahm durch Abgänge 80,7 Mio. Euro ein. Saldo laut Transfermarkt.de: minus 56,3 Mio. Euro. Tabellenführer FC Arsenal hievte sich mit knapp 170 Mio. Euro (im Saldo) an die Spitze.

Eine gewisse Zeit lang kann eine eingespielte Mannschaft Verluste wie Sadio Mané (zu Bayern) überbrücken. Auf Dauer aber klappt das nicht. Irgendwann kommen die Chelseas und geben Hunderte von Millionen für ihre Runderneuerung aus.

Klopp wird Durchhalteparolen ausgeben

Klopp wird sich kämpferisch geben, Unkenrufe niederspotten und stattdessen Durchhalteparolen ausgeben. Was soll er auch anderes tun? Eine Entlassung muss er nicht fürchten. Die Erfolge mit ihm wird die Beatles-Stadt niemals vergessen.

Man wird ihm deshalb Zeit geben, den restlichen Saisonverlauf positiv zu gestalten und womöglich beim Rückspiel in Madrid ein Wunder zu schaffen. Dafür ist Klopp ja bekannt: das Unmögliche möglich zu machen.

Doch mehr als Hoffnung ist da nicht. Nach sieben Niederlagen in der Premier League und der Demütigung gegen Real Madrid nach 2:0-Führung kehrt der Realitätssinn in Liverpool zurück, dass jedes Märchen irgendwann zu Ende geht.

Pit Gottschalk ist Journalist, Buchautor und Chefredakteur von SPORT1. Seinen kostenlosen Fußball-Newsletter Fever Pit'ch erhalten Sie hier.
Fever Pit'ch ist der tägliche Fußball-Newsletter von Pit Gottschalk. Jeden Morgen um 6:10 Uhr bekommen Abonnenten den Kommentar zum Fußballthema des Tages und die Links zu den besten Fußballstorys in den deutschen Medien.
JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.