"Dafür bist du noch zu klein!" Viel zu wenige Eltern binden ihre Kinder beim Kochen mit ein. Die Zeit ist knapp, die Angst groß, das Kind könne sich beim Gemüseschnippeln verletzen. Dabei würden letztlich alle davon profitieren - wenn man ein paar Dinge beachtet.

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Kinder mögen nur Nudeln, Pommes und Fischstäbchen? Sternekoch Tohru Nakamura hat ganz andere Erfahrungen gemacht. Er ist Küchenchef des "Werneckhof by Geisel" in München und vom Gault-Millau-Restaurantführer zum "Koch des Jahres 2020" gekürt. Er kocht nicht nur für Gourmets, sondern stellt sich als Schirmherr einer Kinderkochschule an einer Grundschule in Taufkirchen mit Dritt- und Viertklässlern an den Herd.

Dabei raus kommen dann zum Beispiel Wirsingrouladen, von den Kindern selbst gefüllt und gewickelt, dazu als Vorspeise Blattsalate und als Dessert Schokocremeux. Nakamuras Erfahrung: Kinder sind beim Essen längst nicht nur auf wenige Klassiker fixiert, vor allem wenn sie selbst schnippeln, rühren und würzen dürfen.

Mitmachen und Essen schätzen lernen

"Selten bekomme ich so schnell so ehrliche Rückmeldungen", erzählt Nakamura. "Die Kinder sagen nämlich auch ganz direkt, wenn es ihnen nicht schmeckt." Doch meistens überwiege die Neugier auf das Neue. Kinder selbst in der Küche mitmachen zu lassen, hält er deshalb für den besten Weg: Lust zu machen auf gutes Essen und darauf, es selbst zu verarbeiten.

"Ein grundsätzliches Verständnis der Lebensmittelzubereitung gehört meiner Meinung nach zur Allgemeinbildung", findet Nakamura. Und wer selbst schon mal zwei Kilo Kartoffeln geschält hat, könne deutlich besser die Arbeit wertschätzen, die notwendig ist, bis das Essen auf dem Tisch steht.

"Heute darfst du mir mit den Kartoffeln helfen"

Zugegeben: Die Aufforderung "Komm zum Kartoffelschälen" ist möglicherweise nicht geeignet, Kinder zum motivierten Mitmachen zu bewegen. "Helfen zu müssen - oder helfen zu dürfen: Das ist ein kleiner, aber entscheidender Unterschied", beobachtet Kochbuchautorin Christiane Kührt. "Helfen zu dürfen, gibt Kindern das Gefühl, für die Zubereitung der Mahlzeit wichtig zu sein." Und damit steigt auch die Bereitschaft, seinen Beitrag zu leisten.

Dabei sollten Eltern aus Angst vor Verletzungen aber nicht ständig "Pass auf!", rufen, erklärt Christiane Kührt, die für ihr Kochbuch "Zack, fertig! Ich kann das allein!" die Rezepte mit Grundschulkindern getestet hat.

Sinnvoller sei es, die Nachwuchsköche mit kindgerechten Messern auszustatten, die gut in der Hand liegen, und ihnen die richtige Technik zu zeigen, damit sie sich nicht verletzen. "Mit einem stumpfen, kleinen Messer ist die Verletzungsgefahr übrigens am größten", warnt Kührt.

Zucker und Zimt im Kräuterquark: Na und?

Im Grundschulalter können viele Jungen und Mädchen so manches schon ganz allein zubereiten, sagt die Kochbuchautorin. Beispiele:

  • Süßer Obstsalat
  • Nudelsalat
  • Kalte Gurkensuppe
  • Gefüllte Tacos

Vielleicht ist das Geschmackserlebnis gelegentlich "interessant", weil der Kräuterquark nicht nur mit Salz und Pfeffer, sondern auch mit Zucker und Zimt abgeschmeckt wurde - so wie es ihr Sohn in diesem Alter begeistert machte.

Zum Kochen gehöre eben auch das Experimentieren, sagt Kührt. Schließlich lässt sich dabei lernen, welches Gewürz in welcher Menge den Geschmack verändert. Erwachsener Perfektionismus ist ohnehin fehl am Platz. "Exakt gleich große Gurkenstücke darf man nicht erwarten", sagt Kührt. Und man könne auch nicht davon ausgehen, "dass Kinder begeistert stundenlang in der Küche stehen und anschließend auch noch aufräumen".

Schnelle Gerichte mit wenigen Zutaten

Ideal seien daher schnelle, unkomplizierte Rezepte mit einer überschaubaren Zutatenliste. Mehr als eine Stunde sollte man jedenfalls nicht einplanen, sonst sitzen Eltern und Kinder anschließend frustriert statt gut gelaunt am Tisch. Wer bislang schon kein Gemüse mochte, wird übrigens nicht automatisch zum Brokkoli-Fan, nur weil er die grünen Kohlstrünke selbst in Stücke geschnitten hat.

Beim Essen wie beim Kochen seien gelassene Eltern aber das beste Vorbild: "Wenn sie ihr Essen genießen, dann wird es auch für Kinder irgendwann interessant", sagt Mathilde Kersting, Leiterin des Forschungsdepartments Kinderernährung der Kinderklinik der Uni Bochum. Sie empfiehlt: "Die Gewöhnung an neue Lebensmittel beginnt am besten schon im Säuglingsalter." (Eva Dignös/dpa/af)

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Buchtipps:

  • "Zack, fertig! Ich kann das allein!, 46 Leckerschmecker-Rezepte, die Kinder selbst zubereiten", Kinderkochbuch von Christiane Kührt, 19,99 Euro
  • "Kochbuch für Kinder. Die Optimierte Mischkost - kinderleicht. Rezepte für Kinder" - Broschüre des neuen Forschungsdepartments Kinderernährung (FKE), 12 Euro