- Übernimmt die CDU das Rote Rathaus in Berlin?
- Oder entscheiden sich SPD, Grüne und Linke zu einer Neuauflage der bisherigen Koalition? Nur so würde die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey wohl ihren Posten behalten.
- In der SPD ist die Diskussion über die Wahlschlappe entbrannt. Ein Anwalt geht hart mit seiner Landespartei ins Gericht.
Doppelte Spannung in Berlin: Gut zwei Wochen nach der Wiederholungswahl am 12. Februar in der Hauptstadt stehen nun zwei wichtige Entscheidungen an. An diesem Montag will der Landeswahlausschuss das amtliche Ergebnis veröffentlichen. Mitte oder Ende der Woche dürfte nach längeren Sondierungen zwischen den Parteien dann feststehen, wer mit wem in Koalitionsverhandlungen tritt.
Der klare Wahlsieger CDU will eine Zweier-Koalition schmieden - entweder mit der SPD oder mit den Grünen schmieden. Doch auch das seit 2016 regierende Bündnis aus SPD, Grünen und Linken hat zusammen eine Mehrheit und könnte weitermachen. Für die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) wäre das die einzige Chance, im Rathaus zu bleiben.
Entscheidung könnte Mitte der Woche fallen
Stehen die Zeichen also auf ein "Weiter so" mit Rot-Grün-Rot? Keinesfalls, noch ist alles möglich. Am Montag sondieren SPD, Grüne und Linke zum dritten Mal, ob es eine Basis für Koalitionsverhandlungen und eine gemeinsame Regierung gibt. CDU-Vertreter sprechen dann am Dienstag zum dritten Mal mit den Grünen. Danach, also ab Mitte der Woche, sollen Entscheidungen fallen, hatten Wegner und
Wie der Machtpoker dann endet, dazu ließen sich die Beteiligten bisher nicht in die Karten schauen. Vielmehr flüchteten sie sich in den Statements nach ihren Treffen oft in sondierungstypische, inhaltlich wenig konkrete Floskeln. Demnach waren die bisherigen Gespräche "offen", "ernst", "konstruktiv" oder "lösungsorientiert". Die Parteien entdeckten dabei "Schnittmengen", räumten aber auch "unterschiedliche Auffassungen" bei bestimmten Themen ein.
Die Grünen könnten in einer Zweier-Koalition mit der CDU auf mehr Senatorenposten hoffen. Entgegenstehen könnten einem solchen Bündnis große Unterschiede in der Verkehrspolitik. Giffey wiederum hat viele inhaltliche Schnittmengen mit der CDU. Zum Beispiel eint beide eine Ablehnung der Enteignung von Wohnungskonzernen - der bisherige Koalitionspartner Linke ist dafür - wie auch Teile der Grünen. Allerdings könnte die seit Jahrzehnten regierende SPD, die jüngst ihr schlechtestes Ergebnis bei einer Abgeordnetenhauswahl einfuhr, nur im Bündnis mit eben jenen Grünen und Linken die Rathauschefin stellen.
SPD-Mitglied: Partei ist "intellektuell ausgebrannt"
Giffey betonte zuletzt stets, sie klebe nicht an ihrem Amt. Entscheidend sei, was das beste für die Stadt sei - und die SPD. Sollte die Sozialdemokraten mit der CDU koalieren, könnte die steile politische Karriere der 44-jährigen Ex-Bundesfamilienministerin vorerst beendet sein. Dass sie in einer möglichen Koalition, in der die SPD Juniorpartner ist, noch ein Amt bekleiden wird, gilt als unwahrscheinlich. Ganz auszuschließen ist das aber nicht.
In der SPD ist die Diskussion über die Gründe der Wahlschlappe jedenfalls entbrannt. Der "Spiegel" (Bezahlinhalt) zitierte aus einem "Thesenpapier" des Berliner Anwalts und SPD-Mitglieds Andreas Köhler: Er schreibt demnach, die SPD in der Hauptstadt sei "intellektuell ausgebrannt" und habe den Menschen nicht mehr vermitteln können, dass sie die Probleme etwa in der Schul- und Verkehrspolitik lösen könne. Köhler kritisierte vor allem, dass nach der Pannenwahl vom 26. September 2021 niemand die Verantwortung übernommen habe. Er nahm Franziska Giffey allerdings von der Kritik aus: Sie war damals noch nicht im Amt. Köhler schlägt vor, dass Giffey als Regierende "weitermacht" - die Parteien die meisten Senatorenposten aber neu verteilen und besetzen.
Wahlausschuss verkündet amtliches Ergebnis am Montag
Nach dem vorläufigen Ergebnis, das unmittelbar nach der Wahl vom 12. Februar verkündet wurde, lagen SPD und Grüne mit je 18,4 Prozent gleichauf hinter dem Wahlsieger CDU (28,2 Prozent). Nur ein kleiner Vorsprung von zunächst 105 Stimmen - bei insgesamt gut 1,5 Millionen gültigen Stimmen - nährte die Hoffnung der SPD, Giffey im Rathaus zu halten.
Vor der Bekanntgabe des amtlichen Wahlergebnisses wurde spekuliert, ob sich die Grünen nach den Überprüfungen aller Resultate und teilweisen Nachzählungen noch an der SPD vorbeischieben könnten. Das scheint nun vom Tisch zu sein: Laut dem Entwurf für das amtliche Endergebnis, der am Wochenende durch einen Bericht der "Bild am Sonntag" vorab bekanntwurde und auch dem RBB und der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, schmolz der Vorsprung der SPD zwar auf 53 Stimmen. Aber an der Reihenfolge, die wiederum für die Frage wichtig ist, wer einen Regierungschef stellen kann, ändert sich demnach nichts.
In den letzten Tagen wurden die vorläufigen Wahlergebnisse in allen zwölf Berliner Bezirken überprüft, Unstimmigkeiten ausgeräumt, teils wurde neu gezählt. Der bekannteste Fall spielte sich in Lichtenberg ab, wo 466 Wahlbriefe von Briefwählern liegen blieben, in der Woche nach der Wahl dann aber nachträglich noch ausgezählt wurden.
Noch ist das bekanntgewordene amtliche Wahlergebnis nicht offiziell, wie Landeswahlleiter Stephan Bröchler am Sonntag betonte. Denn darüber hat der Wahlausschuss, ein neunköpfiges Gremium, am Montag zu befinden. Und es könnte auch sein, dass in einem zwischen zwei Direktkandidaten von CDU und Linken besonders knappen Wahlkreis in Lichtenberg noch einmal nachgezählt werden muss. (dpa/fab)
Verwendete Quellen:
- dpa
- Spiegel.de: Giffey-Anwalt rechnet mit Berliner SPD ab

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