• Alle Fachministerien warnen davor, das Kanzleramt will es laut Medienberichten aber durchsetzen: Es geht um einen chinesischen Einstieg bei einem Containerterminal im Hamburger Hafen.
  • Da es sich um kritische Infrastruktur handele, befürchte man "Erpressungspotenzial" im Fall des Einstiegs eines chinesischen Staatskonzerns.
  • Nun drängt die Zeit: Handelt das Bundeskabinett nicht, komme das Geschäft automatisch zustande.

Mehr aktuelle News finden Sie hier

Zwischen dem Bundeskanzleramt und mehreren Ministerien gibt es nach Medieninformationen Streit um die Genehmigung eines bereits vereinbarten chinesischen Einstiegs bei einem Containerterminal im Hamburger Hafen. "Nach Informationen von NDR und WDR haben alle sechs Ministerien, die an der Investitionsprüfung fachlich beteiligt sind, das Geschäft abgelehnt", berichteten die Sender am Donnerstag. Der zuständige Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) habe die Genehmigung verweigert, weil ein autoritärer Staat so Einfluss auf die "kritische Infrastruktur" in Deutschland gewinnen könnte. "Das Kanzleramt drängt der Recherche zufolge jedoch darauf, dass der Einstieg zustande kommen soll", so die Sender.

Hintergrund des Streits ist eine im September 2021 geschlossene Vereinbarung zwischen dem Hamburger Hafenlogistiker HHLA und dem chinesischen Terminalbetreiber Cosco über eine 35-Prozent-Beteiligung der Chinesen am Hamburger HHLA-Terminal Tollerort (CTT). Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums wollte den Bericht nicht kommentieren. Auch ein HHLA-Sprecher sagte der dpa zu dem Bericht: "Kein Kommentar".

Sorge: "Erpressungspotenzial" durch chinesische Beteiligung

Den Informationen von NDR und WDR zufolge soll das federführende Wirtschaftsministerium das Thema bereits zur endgültigen Ablehnung im Bundeskabinett angemeldet haben, weil es sich um kritische Infrastruktur handele. Für Besorgnis sorgt demnach, dass durch die geplante Beteiligung ein "Erpressungspotenzial" entstehen könne.

China ist der mit Abstand wichtigste Handelspartner im drittgrößten europäischen Seehafen. Der Cosco-Konzern, der auch eine der weltweit größten Containerreedereien betreibt, lässt seine Schiffe seit Jahrzehnten am CTT festmachen. CTT mit vier Liegeplätzen und 14 Containerbrücken ist eines von drei Containerterminals, die die HHLA im Hamburger Hafen betreibt. Cosco will im Gegenzug zum Einstieg dort seine Ladungsströme in der Hansestadt konzentrieren, CTT soll zu einem bevorzugten Umschlagpunkt in Europa werden.

FDP-Generalsekretär Djir-Sarai warnt vor Hafen-Deal

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai kritisierte den geplanten chinesischen Einstieg bei einem Containerterminal im Hamburger Hafen scharf. "Die KP Chinas darf keinen Zugang zur kritischen Infrastruktur unseres Landes haben. Das wäre ein großer Fehler und auch ein Risiko", sagte Djir-Sarai am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Er warnte davor, naiv gegenüber den chinesischen Machthabern zu sein. Djir-Sarai: "Die knallharten Machtinteressen, die sie verfolgen, sind nicht in unserem Interesse. Es bleibt dabei: China ist ein wichtiger Handelspartner, aber auch systemischer Rivale. Danach sollten wir handeln."

Zeit drängt: Geschäft könnte automatisch zustandekommen

Den Berichten zufolge drängt die Zeit: "Wenn das Bundeskabinett keinen Beschluss fasst und keine Fristverlängerung mehr vereinbart wird, würde das Geschäft laut Gesetz automatisch zustande kommen", schreiben NDR und WDR. "Das wäre nach aktuellem Stand Ende Oktober der Fall - kurz vor einem geplanten China-Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)". (dpa/af)

JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.