- Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist in der Ukraine derzeit nicht willkommen.
- Bundeskanzler Olaf Scholz hat am Mittwoch dagegen erneut eine Einladung zu einem Besuch in Kiew erhalten.
- Während Scholz sich diesbezüglich noch bedeckt hält, sorgt das ukrainische Vorgehen für viel Kritik.
Die Absage der Ukraine an einen Besuch von Bundespräsident
Steinmeier wollte zusammen mit den Staatspräsidenten Polens, Lettlands, Litauens und Estlands nach Kiew fahren. Die Initiative hierfür war von Polens Präsident Andrzej Duda ausgegangen. "Ich war dazu bereit. Aber offenbar - und ich muss zur Kenntnis nehmen - war das in Kiew nicht gewünscht", sagte Steinmeier am Dienstagabend in Warschau. Die vier anderen Staatsoberhäupter fuhren schließlich mit dem Zug allein nach Kiew, wo sie am Mittwoch eintrafen.
Kritik in Deutschland an Ausladung Steinmeiers
Die Ausladung Steinmeiers stieß in Deutschland auf teils scharfe Kritik. FDP-Vizechef
Der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid sagte im Deutschlandfunk: "Kanzler gegen Bundespräsidenten auszuspielen, das geht überhaupt nicht." SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich nannte das Vorgehen der ukrainischen Seite "bedauerlich". Es werde den engen beiderseitigen Beziehungen nicht gerecht. "Gleichwohl werden wir darauf achten, dass dieser Vorgang unsere Zusammenarbeit nicht gefährden wird."
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz zeigte in der "Rheinischen Post" Verständnis für den emotionalen Ausnahmezustand Selenskyis. "Aber Frank-Walter Steinmeier ist gewähltes Staatsoberhaupt eines demokratischen Landes, seine Ausladung ist ein diplomatischer Affront." Linksfraktionschef Dietmar Bartsch sagte dem Blatt: "Bundeskanzler Scholz darf diesen Affront nicht durch einen Besuch faktisch akzeptieren und sollte die Reise nach Kiew aufschieben."
Der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff nannte im Sender "Welt" die Entscheidung der Ukraine einen Fehler. Auch er erklärte, Scholz könne im Moment nicht nach Kiew fahren.
Einladung an Kanzler Scholz
Botschafter Melnyk bekräftigte, dass Scholz anders als Steinmeier gern gesehen sei. "Das haben wir auch so kommuniziert, dass mein Präsident und die Regierung sich darauf sehr freuen würden, wenn der Bundeskanzler Olaf Scholz Kiew besucht", sagte er am Dienstagabend auf ProSieben und SAT.1.
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Besuch zu späterem Zeitpunkt?
Der frühere Box-Weltmeister Wladimir Klitschko bedauerte die Absage und setzt auf eine spätere Reise des Bundespräsidenten. "Ich hoffe, dass der Besuch des Bundespräsidenten in Kiew nur aufgeschoben ist und in den kommenden Wochen nachgeholt werden kann", sagte der Bruder des Kiewer Bürgermeisters Vitali Klitschko der "Bild"-Zeitung. "Ich halte es für dringend erforderlich, dass wir als Ukraine weiterhin Brücken nach Deutschland bauen."
Melnyk : Bundesregierung sollte "Blockadehaltung" aufgeben
Die Ukraine fordert zum Beispiel Kampfpanzer, Artilleriegeschütze und Luftabwehrsysteme von Deutschland. Viele andere Staaten innerhalb der Nato wie Tschechien hätten sich dafür schon entschieden, betonte Botschafter Melnyk. Scholz blieb weiter zurückhaltend. Im rbb warnte er am Mittwoch auch davor, "irgendwelchen Lobbyinteressen" Folge zu leisten - "wo der eine oder andere auch Sachen, die seit vielen Jahren von niemandem gekauft werden, jetzt mal loswerden will".
CDU fordert Tempo - Skeptische Stimmen aus der SPD
Auch der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter forderte schnelle Waffenlieferungen. "Konkret gibt es das Angebot aus der Industrie, kurzfristig Kampfpanzer des Typs Leopard 1 oder Schützenpanzer Marder liefern zu können, auch in einem Rotationsverfahren mit Bundeswehrbeständen", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte der dpa: "Es braucht eine weitere Stärkung der Verteidigungsfähigkeit der Ukraine auch mit schweren Waffen, geschützten Fahrzeugen und Aufklärungstechnik mit Drohnen."
Aus der SPD kommen auch skeptische Stimmen. Der Bundestagsabgeordnete Joe Weingarten, Mitglied im Verteidigungsausschuss, sagte der "Welt": "Wir dürfen uns nicht schrittweise in einen Krieg mit Russland treiben lassen. Wenn wir schwere Waffen liefern, stellt sich schnell die Frage, ob dann auch deutsche Ausbilder nötig sind oder Freiwillige aus Deutschland, die die Systeme bedienen." (br/dpa)