• Die Bundesregierung will Verbraucher und Unternehmen mit einem Maßnahmenpaket von bis zu 200 Milliarden Euro vor hohen Energiepreisen wegen des Ukraine-Kriegs schützen.
  • Nach der Bund-Länder-Runde gibt es jedoch noch keine Einigung darüber, wer die Kosten dafür trägt.
  • Bundeskanzler Olaf Scholz zeigte sich aber optimistisch: "Sind auf einem sehr konstruktiven Pfad".

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Bund und Länder haben noch keinen Konsens über die Verteilung der Kosten für die Entlastung von Bürgern und Unternehmen angesichts der hohen Energiepreise erzielt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) rechnet aber bald mit einem Modell zur konkreten Ausgestaltung der geplanten Gaspreisbremse. Scholz verwies am Dienstag nach Beratungen mit den Ländern auf eine von der Regierung eingesetzte Expertenkommission. Er gehe davon aus, dass es nächste Woche Ergebnisse gebe, zu denen sich die Bundesregierung dann "sofort" verhalten könne, sagte er. Es solle jedem klar werden, wie seine Entlastung ganz konkret aussehen werde. "Das ist schon etwas, das sehr gut gemacht werden muss."

Es gäbe zwar noch Diskussionen, wie das im Einzelnen geschultert werden könne, erklärte Scholz. "Aber ich habe den Eindruck, dass wir da auf einem sehr konstruktiven Pfad unterwegs sind und uns auch miteinander über diese Aufgabe verständigen werden."

Die Vorsitzenden der Kommission hatten erklärt, bei einer Klausur am kommenden Wochenende einen "belastbaren Vorschlag" zu erarbeiten und der Politik vorzulegen.

Gas- und Strompreise sollen gedeckelt werden

Scholz rechnete vor, dass die bisherigen Entlastungspakete und das nun geplante Sondervermögen zusammen ein Volumen von 295 Milliarden Euro haben werden. "Der Bund wird davon knapp 240, 250 Milliarden Euro auf seine Kappe nehmen und finanzieren", sagte der Kanzler. Auch über die konkrete Ausgestaltung der geplanten Strom- und Gaspreisbremse wird nach seinen Angaben noch gesprochen.

Die Bundesregierung will Verbraucher und Unternehmen mit einem Maßnahmenpaket von bis zu 200 Milliarden Euro vor hohen Energiepreisen wegen des Ukraine-Kriegs schützen. Die Preise für Gas und Strom sollen gedeckelt werden. Für Firmen soll es Liquiditäts- und Eigenkapitalhilfen geben. Details sind aber noch offen. Die Hilfen sollen über Kredite finanziert werden. Bei den Beratungen ging es auch um eine Nachfolgelösung des Ende August ausgelaufenen 9-Euro-Tickets für den Nah- und Regionalverkehr.

Wüst moniert fehlende Kompromissbereitschaft

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) übte nach den Gesprächen scharfe Kritik an der Bundesregierung. "Die Bundesregierung hat heute trotz der konstruktiven Einstellung der Länder kaum Kompromissbereitschaft in ganz wesentlichen Fragen erkennen lassen", sagte Wüst nach den Beratungen mit dem Kanzler und den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder am Dienstag in Berlin.

"Wir sind heute nur ganz wenige Schritte vorangekommen und noch längst nicht am Ziel." Aus Sicht vieler Länder sei das im Ergebnis einfach zu wenig. Die Länder seien nach Ansicht von Wüst "konstruktiv und mit ausgestreckter Han"» in diese Gespräche gegangen.

Woidke: "Wichtiger Zwischenschritt"

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) dringt derweil auf schnelle Hilfen für Bürger und Unternehmen. Trotz offener Fragen bei der Verteilung der Kosten für die geplanten Entlastungen sprach er von einem "wichtigen Zwischenschritt". "Entscheidend ist, dass jetzt schnell konkret gehandelt wird", sagte Woidke laut Mitteilung.

Die vereinbarte Strom- und Gaspreisbremse werde Bürgerinnen und Bürger sowie Industrie und Handwerk deutlich entlasten. "Das muss schnell kommen." Bund und Länder hatten noch keinen Konsens über die Verteilung der Kosten für die Entlastung von Bürgern und Unternehmen erzielt. Woidke sprach jedoch davon, dass es gelungen sei, eine nationale Einheit zu schaffen.

Kretschmann sehr enttäuscht

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann zeigte sich sehr enttäuscht gezeigt von den Ergebnissen. "Ich hätte gehofft, dass wir einen Knopf dran machen, das ist leider nicht erfolgt", sagte der Grünen-Politiker in der US-Stadt Pittsburgh. Die Länder lägen mit dem Bund in einzelnen Fragen zu weit auseinander.

So habe man sich nicht einigen können bei der Frage eines "Billigtickets" für den Nahverkehr, sagte Kretschmann. Es mache keinen Sinn, ein billiges Ticket einführen, wenn die Länder gleichzeitig Züge abbestellen müssten, weil sie keine sogenannten Regionalisierungsmittel vom Bund bekämen. Nächste Woche werde geklärt, ob da eine Einigung komme. Bis Ende des Monats soll zudem geklärt werden, wie sich der Bund an den Flüchtlingskosten beteilige.

Kretschmann sagte, man habe sich geeinigt, dass es zu einer spürbaren Senkung des Gaspreises kommen werde. Die Strompreise würden dem nachfolgen. Einigkeit sei da gewesen, dass Unternehmen, Institutionen und Bürger spürbar entlastet würden. Über andere Dinge habe man sich aber noch nicht einigen können, weil die Ausgestaltung der Gaspreisbremse davon abhänge, ob weitergehende Hilfen etwa für Unternehmen oder Krankenhäuser nötig seien. Das müsse danach zügig geklärt werden. Kretschmann nannte als zentrale Konfliktpunkte Geld für Krankenhäuser, Wohngeld und die Übernahme von Flüchtlingskosten.

Der Grünen-Politiker befindet sich derzeit auf einer Delegationsreise in den USA und hat sich digital an der Bund-Länder-Runde aus Pittsburgh im US-Bundesstaat Pennsylvania zuschalten lassen. Er hatte in den vergangenen Wochen immer wieder auf mehr Geld vom Bund gepocht - unter anderem für den Schienen-Nahverkehr der Länder.

Merz: "Abend der verpassten Chancen"

CDU-Chef Friedrich Merz hat Bundeskanzler Olaf Scholz nach der ergebnislosen Bund-Länder-Runde zur Entlastung von den hohen Energiepreisen kritisiert. Der Unionsfraktionsvorsitzende sprach in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Mittwoch) von einem "Abend der verpassten Chancen, der die Bürgerinnen und Bürger verunsichert zurücklässt".

"Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Stephan Weil, und Bundeskanzler Olaf Scholz sind alleine verantwortlich, dass es keine Ergebnisse gibt", fügte Merz mit Blick auf die beiden SPD-Politiker hinzu. (dpa/cgo)

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